Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeitverringerungsanspruch. entgegenstehende „betriebliche Gründe”

 

Leitsatz (amtlich)

Der Teilzeitbeschäftigung einer Erzieherin/Gruppenleiterin in einer Kindertagesstätte kann als „betrieblicher Grund” entgegen stehen, dass (a) aufgrund des pädagogischen Konzepts des Arbeitgebers die Gruppenleiterin an allen Tagen ihrer Gruppe zur Verfügung stehen soll und/oder (b) aufgrund der notwendigen Refinanzierung der Personalkosten die bei einem Stellensplitting zusätzliche anfallende und zu vergütende Arbeitszeit z. B. (für sog. Übergabe-, Austauschzeiten usw.) durch den Kostenträger nicht übernommen werden.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 18.05.2004; Aktenzeichen 2 (1) Ca 5097/03)

 

Tenor

Unter teilweiser Abänderung desUrteils des Arbeitsgerichts Essen vom18.05.2004 wird die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte verpflichtet ist, der von der Klägerin verlangten Verringerung der Arbeitszeit (von 38,5 auf 19,25 Wochenstunden) zuzustimmen.

Die Klägerin, am 13.05.1971 geboren, verheiratet, zwei Kinder im Alter von 3 und 6 Jahren, ist seit dem 01.09.1994 als Erzieherin (Gruppenleiterin) in Vollzeit bei der beklagten Kirchengemeinde in deren Kindergarten/Kindertagesstätte angestellt.

Die Beklagte beschäftigt in der Einrichtung neben der Leiterin vier Gruppenleiterinnen (Fachkräfte) sowie vier Ergänzungskräfte. Drei Gruppenleiterinnen arbeiten in Vollzeit, die vierte Gruppenleiterin in einer Wochenarbeitszeit von 37,5 Wochenstunden. Von den vier Ergänzungskräften arbeiten zwei in Vollzeit und zwei in Teilzeit (34,75 bzw. 22,75 Wochenstunden). Die Beklagte hat durch die Beschäftigung der Gruppenleiterinnen und Zweitkräfte im Gesamtumfang ihrer Arbeitszeit (Vollzeit bzw. Teilzeit) die nach dem Beschäftigungsschlüssel refinanzierten Fachkraft- und Ergänzungskraftstunden voll ausgeschöpft. Die nach der BKVO und deren Beschäftigungsschlüssel abrechnungsfähigen Kosten werden vom Landschaftsverband Rheinland zu 80 %, die übrigen Kosten vom Bistum Essen getragen. Entsprechend der Vorgabe des Bistums Essen stellt die Beklagte in der Einrichtung nur Arbeitnehmer ein, soweit dies von der Betriebserlaubnis des Landschaftsverbands Rheinland gedeckt ist und somit die Personalkosten refinanziert sind.

In dem Kindergarten können die Kinder von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr, in der Kindertagesstätte von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr untergebracht werden. Lediglich 1 Kind wird an drei Wochentagen bereits um 7.00 Uhr in die Einrichtung gebracht. Dann beginnt eine Mitarbeiterin ihren Dienst um 7.00 Uhr und beendet ihn an diesen Tagen eine halbe Stunde früher. Ansonsten ist durch den Dienstplan festgelegt, dass die Gruppenleiterinnen und Zweitkräfte den Dienst um 7.30 Uhr, 8.00 Uhr und 8.30 Uhr antreten und – bei Vollzeitbeschäftigung – nach 7,7 Arbeitsstunden und einer halbstündigen Mittagspause beenden.

Kindergarten/Kindertagesstätte werden dergestalt als gruppenübergreifende Einrichtung geführt, dass vormittags die ca. 90 Kinder 4 Gruppen à 20 bzw. 25 Kinder zugeordnet sind. Jede Gruppe verfügt über eine „feste” Gruppenleiterin und Zweitkraft. Einen Personalwechsel zwischen den Gruppen gibt es nicht. Die Kinder können vormittags, wenn gruppenbezogene Arbeit stattfindet, ihre Gruppe verlassen, um den Frühstücksraum oder eine andere Gruppe aufzusuchen. Praktisch suchen sie in den ersten beiden Kindergartenjahren wegen ihres starken Gruppenbezugs nur den Frühstücksraum alleine auf; ansonsten verlassen sie die Gruppe lediglich in Begleitung der Gruppenleiterin bzw. der Ergänzungskraft. In der Mittagspause werden die in der Einrichtung verbleibenden „Tageskinder” beköstigt. Danach werden die Tageskinder, soweit sie nicht vorzeitig abgeholt werden, und die Kindergartenkinder, soweit sie um 14.00 Uhr in die Einrichtung zurückkehren (durchschnittlich 23 bis 26 von 60 Kindergartenkindern), in zwei offenen Gruppen oder, wenn z.B. Turnen veranstaltet wird, in einer Gruppe betreut; am Freitagnachmittag genügt wegen geringerer Kinderzahl eine offene Gruppe.

Unter dem 08.06.2003 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung nach ihrer zum 15.09.2003 endenden Elternzeit. Mit Schreiben vom 08.08.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Ende Oktober 2003 hat die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Essen Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 Stunden auf künftig 19,25 Stunden sowie einer Verteilung der Wochenarbeitszeit auf fünf Tage, und zwar von Montag bis Freitag, beginnend ab 8.00 Uhr, zuzustimmen,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 Stunden auf künftig 25 Stunden sowie einer Verteilung der Wochenarbeitszeit auf fünf Tage, und zwar von Montag bis Freitag, beginn...

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