Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung. Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Zulässigkeit eines Antrags auf Erzwingung von Diensten durch den Arbeitgeber. Mündliche Verhandlung. Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung. Verfahrensfehler
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Arbeitsgericht besteht grundsätzlich das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung auch nach Neufassung des § 62 Abs. 2 S. 2 ArbGG. Ansonsten liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor.
2. Ein Antrag des Arbeitgebers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Erzwingung von Dienstleistungen, unabhängig davon, ob es sich um vertretbare oder unvertretbare Dienste handelt, ist unzulässig.
Normenkette
ArbGG § 62 Abs. 2 S. 2, § 61 Abs. 2; ZPO §§ 937, 940, 888 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 25.06.2002; Aktenzeichen 21 Ga 6/02) |
Tatbestand
I.
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird in entsprechender Anwendung von § 69 Abs. 2 ArbGG n.F. abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und damit zulässig (§§ 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 ZPO n.F., 793 ZPO, §§ 62 Abs. 2 Satz 1, 78 ArbGG n.F.).
2. In der Sache selbst musste der Beschwerde gegen den in der Beschlussformel näher bezeichneten Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg der Erfolg versagt bleiben.
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
a) Die Beschwerde ist nicht deshalb begründet, weil der angefochtene Beschluss an einem wesentlichen Verfahrensmangel leiden könnte, denn das Arbeitsgericht hat im vorliegenden Verfahren den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung vor der Kammer zurückgewiesen.
Regelmäßig ist bei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nur in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wobei der dringende Fall im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG sowie § 937 Abs. 2 ZPO eine über die ohnehin im Rahmen des Verfügungsgrundes erforderliche Dringlichkeit hinausgehende zusätzliche Eilbedürftigkeit erfordert. Ist die zusätzliche Dringlichkeit nicht gegeben, muss mündliche Verhandlung anberaumt werden (vgl. nur Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl., § 62 Rn. 70).
Nach der Neufassung von § 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, der der Regelung in § 937 Abs. 2 ZPO nur teilweise entspricht, kann nunmehr allerdings auch die Zurückweisung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung erfolgen, wobei aber immer noch eine besondere Dringlichkeit im Gegensatz zu § 937 Abs. 2 ZPO erforderlich ist. Mit der möglichst schnellen Entscheidung soll dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt werden, entweder einen neuen, verbesserten Antrag zu stellen oder aber die Rechtsmittelinstanz anzurufen. Im Übrigen wird bei Zurückweisung des Antrages im Regelfall keine besondere Dringlichkeit an einer Entscheidung bestehen (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., 4. Aufl. 2002, § 62 Rn. 70 a).
Grundsätzlich kann damit nach wie vor ein Beschluss des Arbeitsgerichts bei nicht gerechtfertigter Entscheidung ohne mündliche Verhandlung an einem wesentlichen Verfahrensmangel leiden (vgl. nur Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 10.6.1999 – 7 Ta 10/99 – n.v. mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung).
In Ansehung der vorstehenden Rechtsausführungen erscheint es dennoch im Hinblick auf den nunmehr festzustellenden Zeitablauf und im Hinblick auf die von der Antragstellerin behauptete Eilbedürftigkeit im Ausnahmefall angemessen, den angefochtenen Beschluss des Arbeitsgerichts nicht wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels aufzuheben und die Sache ggf. zurückzuverweisen. Auch wenn die Einschätzung der Antragstellerin zum Verfügungsgrund vorliegend nicht geteilt wird, wie nachfolgend noch ausgeführt wird, sollte nunmehr eine endgültige Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz ermöglicht werden.
b) Die sofortige Beschwerde erweist sich dennoch als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Mit dem Antrag zu 1. will die Antragstellerin dem Antragsgegner, der bei ihr langjährig beschäftigt ist und in den letzten Jahren überwiegend im Rhein-Main-Gebiet eingesetzt wurde, gebieten lassen, seine Arbeitsleistung im Rahmen des mit ihr bestehenden Dienstvertrages als Verkaufsleiter der Abteilung „Betriebshygiene” in der Niederlassung der Antragstellerin in Hamburg zu erbringen. Der Antrag zu 2. ist für den Fall, dass der Antragsgegner seine Tätigkeit nicht binnen einer Frist von drei Tagen nach Zustellung der mit dem Antrag zu 1. begehrten einstweiligen Verfügung aufnimmt, auf die Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung gemäß § 61 Abs. 2 ArbGG gerichtet. Nach Zurückweisung der Anträge durch das Arbeitsgericht und Nichtabhilfe nach Einlegung der sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin diese Anträge weiter.
A...