Verfahrensgang
ArbG Bochum (Vorbehaltsurteil vom 25.02.1999; Aktenzeichen 3 Ca 2147/98) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 25.02.1999 (3 Ca 2147/98) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.965,00 DM = 15.832,15 [euro] festgesetzt
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und die Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Verkehrstechnik. Ihr Lieferprogramm umfaßt Lauf- und Triebradsätze und Radsatzkomponenten aller Art für den schienengebundenen Nah- und Fernverkehr. Sie beschäftigte im Jahre 1998 ca. 850 Arbeitnehmer und hat heute noch ca. 650 Arbeitnehmer.
Bei ihr war der am 07.09.1954 geborene Kläger, welcher verheiratet und einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet ist, seit dem 02.09.1972 als Sachbearbeiter beschäftigt. Sein monatliches Gehalt belief sich zuletzt 6.193,00 DM.
Am 20.08.1998 vereinbarte die Geschäftsleitung der Beklagten mit dem von der Belegschaft gewählten Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich und Sozialplan”, die von dem Geschäftsführer Dr. B. und dem Betriebsratsvorsitzenden auf jeder Seite paraphiert und am Ende von diesen beiden Personen sowie von dem Geschäftsführer Dr. H. und dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden M. und dem Vertrauensmann der Schwerbehinderten S. unterzeichnet ist. In dieser Vereinbarung ist unter anderem bestimmt:
Präambel
Am 18.05.1998 hat der Konkursverwalter, Herr Rechtsanwalt Dr. J. W. aus der Konkursmasse der V. Schmiedewerke GmbH i.K. die V. Verkehrstechnik GmbH an die G. H. GmbH veräußert.
Die neuen Gesellschafter sind die G. H. GmbH (98%) und die B. Grundstücksverwaltungs-Gesellschaft mbH (2%).
Das seit dem 31.03.1995 andauernde Anschlußkonkursverfahren der Muttergesellschaft und die seit dieser Zeit ungeklärte Situation bei der operativen Tochtergesellschaft V. Verkehrstechnik GmbH hatte zur Folge, daß das Unternehmen in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten kam.
Die überfällige wirtschaftliche Umstrukturierung des Unternehmens sowie die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem nationalen und dem internationalen Markt ist nur dadurch zu erreichen, daß Einsparungs- und Effizienzsteigerungen kurzfristig erzielt werden.
Dies stellt im Lichte der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.04.1997 (BAG NZA 1997, S. 1047) eine unternehmerische Entscheidung i. S. des Tatbestandsmerkmals „dringende betriebliche Gründe” dar, denn die Neukonzeption der Ablauforganisation, ihre Straffung, führt zum Wegfall von 157 Arbeitsverhältnissen mit der Firma.
Die entsprechende Umorganisation und Umstrukturierung bezüglich der verbleibenden Arbeitsplätze wird mit Betriebsrat und Gewerkschaft im Rahmen separater Vereinbarungen gemäß § 87 BetrVG bzw. per Tarifvertrag im Wege eines Sanierungstarifvertrages geregelt Dabei wird angestrebt, daß die verbleibende Belegschaft über das Instrument des § 102 Abs. 6 des BetrVG zum Zwecke der Beschäftigungssicherung einen erweiterten Kündigungsschutz erhält
Gegenstand der materiellen Regelungen dieser Vereinbarung ist der mit der Umstrukturierung verbundene Personalabbau.
Bereits Ende Mai 1998 wurden Betriebsrat und Belegschaft von der Geschäftsführung von der problematischen wirtschaftlichen Situation in Kenntnis gesetzt – soweit dies noch nicht bekannt gewesen ist. Die defizitäre Ergebnissituation soll im Zeitraum vom 01.09.1998 bis 30.06.1999 durch eine Verbesserung der Kostenstrukturen, eine Neukonzeption der Ablauforganisation und eine Straffung der Aufbauorganisation des Unternehmens in ein positives operatives Ergebnis münden. Ferner ist Zielsetzung, die Mehrarbeit um mindestens 50% des heutigen Standes abzubauen.
Weiter wird eine Integration von indirekten und dispositiven Tätigkeiten in direkte Bereiche durchgeführt, Rationalisierungsmaßnahmen in den Verwaltungsbereichen eingeleitet sowie in mehreren Bereichen die Funktionen auf externe Anbieter übertragen. Als weiterer Punkt wird das Vergütungssystem für gewerbliche Mitarbeiter wie Angestellte angepaßt sowie eine Flexibilisierung der Arbeitszeit in einzelnen Bereichen durchgeführt.
Die erforderlichen Rationalisierungsmaßnahmen führen insbesondere zu Personalanpassungsmaßnahmen in erheblichem Umfang, was eine Betriebseinschränkung i. S. des § 175 Absatz 1 Ziffer 1 des SGB III bedeutet
Die aufgrund der Betriebsänderung den zu entlassenden Arbeitnehmern entstehenden Nachteile sollen durch die nachfolgenden Regelungen sozial abgefedert werden und für die Betroffenen eine sozialverträgliche Lösung darstellen (unter Abkehr vom rein konsumtiven Sozialplan).
Für die Umsetzung der personellen Maßnahmen sind neben Versetzungen und Änderungskündigungen auch betriebsbedingte Beendigungskündigungen notwendig. Betroffen sind nach dem derzeitigen Stand in den einzelnen Bereichen hiervon 157 Mitarbeiter. Grundlage hierfür sind die mit dem Betriebsrat ...