Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstkleidung. Fluggastkontrolle. Mitbestimmung. Persönlichkeitsrecht. Trageordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat hat grundsätzlich bei der Regelung einer einheitlichen Dienstkleidung der Mitarbeiter ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gilt nur für Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Mitarbeiter betreffen. Das sog. Arbeitsverhalten bleibt nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungsfrei.
3. Eine Betriebsvereinbarung, die das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter verletzt, ist unwirksam und darf nicht angewandt werden.
4. Das zulässige Ausmaß einer Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Mitarbeiter bestimmt sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die jeweilige Regelung muss geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 75
Verfahrensgang
ArbG Köln (Beschluss vom 23.12.2009; Aktenzeichen 2 BV 104/09) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 23.12.2009 – 2 BV 104/09 – teilweise abgeändert.
Der Beteiligten zu 2) wird ferner untersagt, die folgende Anweisung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ihres Betriebs am Flughafen K/B einseitig, ohne Zustimmung des Beteiligten zu 1) und ohne einen die Einigung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle generell zu erteilen:
„Die Mitnahme und Benutzung von privaten Kommunikationseinrichtungen, wie z.B. Mobiltelefon, MP3-Player etc. an den Kontrollstrecken ist untersagt.”
- Es wird weiter festgestellt, dass auch§ 2 Ziff. 9 h) soweit die Einfarbigkeit der Fingernägel vorgeschrieben ist, § 3 Ziff. 9 e) sowie § 3 Ziff. 9 f) der Anlage 2 der zwischen der Unternehmensleitung der Beteiligten zu 2) und dem Gesamtbetriebsrat geschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung „Dienst- und Schutzkleidung (Kleiderordnung)” aus dem Jahr 2004 unwirksam sind und im Betrieb Flughafen K/B nicht angewendet werden dürfen.
II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) am Flughafen K /B gebildete Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2) betreibt dort im Auftrag der Bundespolizei die Fluggastkontrollen. Sie hat den Betrieb zum 01.01.2009 von der früheren Auftragnehmerin D übernommen. Mit der am 26.05.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift macht der Beteiligte zu 1) Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG geltend.
Vor 2009 galt mit Duldung des damaligen Betriebsrats im übernommenen Betrieb eine sog. Dienstanweisung der D die unter anderem das „äußere Erscheinungsbild und die Dienstkleidung” der Mitarbeiter regelte. Im Unternehmen der Beteiligten zu 2) existiert eine Gesamtbetriebsvereinbarung aus dem Jahr 2004, die in ihrer Anlage 2 eine Trageordnung für Dienstkleidung mit umfangreichen Tragevorschriften für Dienstkleidungsträgerinnen und -träger enthält. Im Dezember 2008 erließ die Beteiligte zu 2) eine „Betriebsanweisung für die Station K/B „. Hierüber informierte sie nach dem Betriebsübergang Anfang 2009 den Beteiligten zu 1). Dieser macht wegen mehrerer Regelungen dieser Betriebsanweisung ein Mitbestimmungsrecht geltend und hält im Übrigen mehrere Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung für unzulässig, da sie gegen das Persönlichkeitsrecht der einzelnen Mitarbeiter verstießen.
Der Beteiligte zu 1) hat beantragt,
der Antragsgegnerin zu untersagen, die im Folgenden zitierten Anweisungen gegenüber den Mitarbeiter/innen einseitig, ohne Zustimmung des Antragstellers ohne einen die Einigung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle zu erteilen:
- „Alle Mitarbeiter müssen in Dienstkleidung zum Dienst erscheinen und das Objekt in der gleichen Form wieder verlassen.”
- „Es ist darauf zu achten, dass der Sicherheitsausweis und das Zusatzkennzeichen „Fluggastkontrolle” lesbar in Brusthöhe getragen werden.”
- „Insbesondere ist folgendes untersagt:
- Die Mitnahme und Benutzung von privaten Kommunikationseinrichtungen, wie z. B. Mobiltelefon, MP3-Player etc. an den Kontrollstrecken
- An der Kontrollstelle lautstarke Privatgespräche oder gar Diskussionen zu führen
Gespräche an der Kontrollstelle, die nicht in deutscher Sprache geführt werden.”
- „Im Krankheitsfalle müssen die Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung umgehend einreichen. AU's (Krankenscheine) müssen spätestens am dritten Krankheitstag bei der Stationsleitung eingegangen sein.”
- „Aufgrund von kurzfristigen Änderungen der vom Kunden (Bundespolizei) gestellten Anforderungen kann es zu erforderlichen Änderungen im Dienstplan kommen. Im Hinblick auf diese oftmals sehr kurzfristigen Änderungen ist jeder Mitarbeiter dazu verpflichtet, sich rechtzeitig über aktuelle Änderungen im Dienstplan zu informieren.”
festzustellen, dass die im Folgenden zitierten Regelu...