Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherungsinteresse im einstweiligen Verfügungsverfahren bei Stellenbesetzung. Unzulässige Verkürzung der Bestenauswahl durch Ausschreibungstext
Leitsatz (redaktionell)
Es besteht ein Schutz vor endgültiger Stellenbesetzung durch einstweiligen Rechtsschutz, da keine Gleichwertigkeit zwischen Besetzungsanspruch und Schadensersatzanspruch herrscht.
Normenkette
GG Art. 33, 33 Abs. 2; ZPO § 935
Verfahrensgang
ArbG Köln (Entscheidung vom 22.05.2020; Aktenzeichen 1 Ga 343/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.05.2020 - 1 Ga 343/20 - abgeändert:
Der Beklagten wird aufgegeben es zu unterlassen, die Stelle der Leitung des Rechnungsprüfungsamtes endgültig zu besetzen, bis in einem unverzüglich einzuleitenden Hauptsacheverfahren rechtskräftig entschieden ist, ob der Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch verletzt wurde, dass die Ausschreibung der Stelle fehlerhaft ist.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Ein Rechtsmittel ist nicht gegeben.
Tatbestand
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Klägerin hinsichtlich ihrer Bewerbung auf die Stelle der Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes der beklagten Kommune.
Die Klägerin hat an der RWTH A Betriebswirtschaftslehre studiert und dieses Studium mit dem Diplom abgeschlossen. Sie ist seit 01.02.2008 bei der Beklagten beschäftigt. Seit 2013 ist sie stellvertretende Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes der Beklagten. Bei der Ausschreibung für die Stelle der stellvertretenden Leitung des Rechnungsprüfungsamtes hatte die Beklagte als Anforderungsprofil wahlweise die abgeschlossene Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst oder ein abgeschlossenes Studium (Hochschule oder Fachhochschule) der Betriebswirtschaftslehre als ausreichend angesehen. Das Rechnungsprüfungsamt ist mit fünf Personen besetzt.
Anfang 2020 ging der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes in den Ruhestand. Die Beklagte schrieb die Stelle neu aus. Sie legte das Anforderungsprofil dahingehend fest, dass ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Verwaltungswissenschaften mit der Befähigung für die Laufbahngruppe des höheren Dienstes (Laufbahngruppe 2.2) oder alternativ ein abgeschlossener Diplom-/Bachelorstudiengang der FHöV mit der Befähigung für die Laufbahngruppe 2.1, verbunden mit der Bereitschaft zur Aufstiegsqualifizierung gegeben sein musste. Die Möglichkeit, mit einem BWL-Studium und entsprechender Verwaltungserfahrung im Rechnungsprüfungsamt sich auf die Stelle zu bewerben war nicht gegeben.
Die Klägerin bewarb sich gleichwohl. Ihre Bewerbung wurde zurückgewiesen, da sie nicht das Anforderungsprofil erfülle.
Sowohl in erster als auch in zweiter Instanz macht die Klägerin mit ihrem Sachvortrag deutlich, dass sie ihren Bewerbungsverfahrensanspruch gesichert wissen will, da sie die Ausschreibung der Stelle der Leitung des Rechnungsprüfungsamtes für fehlerhaft hält. Durch die Einschränkung auf ausschließlich Verwaltungsstudiengänge werde ihr Anspruch, bei der Bestenauswahl berücksichtigt zu werden, von vornherein behindert.
Die Beklagte vertritt die Ansicht, sie habe ein Ermessen, wie sie die Stelle ausschreiben wolle. Sie habe sich dafür entschieden, dass ein BWL Studium und langjährige Verwaltungserfahrung im Rechnungsprüfungsamt nicht ausreichend sei. Dem ist das Arbeitsgericht gefolgt und hat den Antrag der Klägerin durch Urteil zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Nach Hinweis der erkennenden Kammer, dass eine sachdienliche Antragstellung im einstweiligen Verfügungsverfahren lediglich die Sicherung des Hauptsacheanspruchs zum Inhalt haben könne, bis in einem Hauptsacheverfahren rechtskräftig geklärt ist, ob die Ausschreibung sachgerecht ist, beantragt die Klägerin,
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.05.2020, - Az. 1 Ga 343/20 - abzuändern und der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, die Stelle der Leitung des Rechnungsprüfungsamtes endgültig zu besetzen, bis in einem unverzüglich einzuleitenden Hauptsacheverfahren rechtskräftig entschieden ist, ob der Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch verletzt wurde, dass die Ausschreibung der Stelle fehlerhaft ist.
Die Beklagte beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist mit dem zuletzt gestellten Antrag zulässig und begründet. Der Anspruch der Klägerin, die Leitung des Rechnungsprüfungsamtes nicht endgültig zu besetzen, bevor in einem Hauptsacheverfahren geklärt ist, ob die Klägerin in ihrem Anspruch, bei der Bestenauswahl nach Art. 33 Abs. 2 GG berücksichtigt zu werden, verletzt ist, ist gemäß § 935 i. V. m. §§ 938, 940 ZPO begründet. Da das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen kann, welche Anordnung zur Erreichung des Sicherungszweckes erforderlich ist, war die geänderte Antrags...