Entscheidungsstichwort (Thema)

Begründetheit eines Teilzeitverlangens einer Flugbegleiterin

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem Teilzeitverlangen stehen keine betrieblichen Gründe von ausreichendem Gewicht entgegen, wenn der Arbeitgeber nicht darlegt, dass bei Gewährung der begehrten Teilzeit die Organisation, der Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt wird oder unverhältnismäßige Kosten verursacht werden.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 1, 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 16.05.2019; Aktenzeichen 8 Ca 8425/18)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.05.2019 - 8 Ca 8425/18 - abgeändert:

    Die Beklagte wird verurteilt, dem Antrag der Klägerin auf Verringerung ihrer vertraglich geschuldeten jährlichen Arbeitszeit um einen Monat Blockteilzeit durch Freimonatsgewährung im Kalendermonat Juli zuzustimmen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Teilzeitarbeit als Blockteilzeit im Kalendermonat Juli.

Die Beklagte ist eine international operierende Fluggesellschaft, die regelmäßig mehr als 15 Mitarbeiter beschäftigt. Die Klägerin ist seit 2005 bei der Beklagten als Flugbegleiterin tätig und der Station D zugeordnet. Ihr letztes durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt betrug bei einer Teilzeit von 80,27 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft 3.706,97 Euro €. Die Teilzeit wurde aufgrund der Vereinbarung vom 29.08.2016 durch Freistellung in jedem Kalendermonat zusätzlich an 6 Kalendertagen gewährt.

Bei der Beklagten galt eine mittlerweile gekündigte Betriebsvereinbarung vom 01.08.2006 (BV Teilzeit) über die Teilzeitbeschäftigung von Kabinenpersonal. Danach wurden als Teilzeitmodelle u.a. Unterjahresmodelle mit Freistellungen vom einem bis sechs Monaten zu 1/3 in den Monaten April bis Oktober und zu 2/3 in den Monaten November bis März angeboten. Auf Grundlage dieser Betriebsvereinbarung hat die Beklagte dem Kabinenpersonal noch 2019 Blockteilzeiten mit Freistellungen von einem bis maximal sechs Monaten angeboten. Wegen der Einzelheiten wird auf die überreichte BV Teilzeit sowie "Teilzeit Kabine 2019" (Anlagen B 3 und B 4) verwiesen.

Zur Urlaubsgewährung für den Bereich Kabine besteht bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung vom 14.07.2017 (BV Urlaub). Diese regelt eine Privilegierung der Urlaubswünsche nach sozialen Kriterien, wie z.B. Pflege von Angehörigen oder Betreuung schulpflichtiger Kinder. Wegen der Einzelheiten wird auf die überreichte BV Urlaub (Anlage B 6) verwiesen.

Mit Schreiben vom 08.08.2018 beantragte die Klägerin ab dem 01.01.2019 eine Verringerung ihrer vertraglich geschuldeten jährlichen Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu der bestehenden 80, 27%igen untermonatigen Teilzeit durch eine "Teilzeit Blockmonat Juli ". Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 09.10.2018 mit der Begründung ab, der "Teilzeitwunsch sei aus betrieblichen Gründen leider nicht darstellbar ".

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Anspruch auf die begehrte Teilzeit nach dem TzBfG, insbesondere stünden ihrem Antrag keine betrieblichen Belange entgegen. Die Klägerin hat bestritten, dass es in den Sommermonaten zu verstärkten Urlaubswünschen käme und die Beklagte immer wieder Urlaubsanträge aus Kapazitätsgründen habe ablehnen müssen. Dazu fehle konkreter Vortrag der Beklagten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag der Klägerin auf Verringerung ihrer vertraglich geschuldeten jährlichen Arbeitszeit um einen Monat Blockteilzeit durch Freimonatsgewährung im Kalendermonat Juli zuzustimmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat das Teilzeitbegehren für rechtsmissbräuchlich gehalten. Der Klägerin gehe es letztlich darum, zu einem konkreten Zeitraum im Hochsommer freigestellt zu werden. Ein Urlaubswunsch der Klägerin für diesen Zeitraum würde nach der BV Urlaub wegen vorrangiger Urlaubswünsche von Kollege/innen aller Voraussicht keine Berücksichtigung finden können. Für das Jahr 2019 seien mindestens 2 Urlaubsanträge zurückgewiesen worden. Im Übrigen stünden dem Teilzeitbegehren mit der BV Urlaub auch betriebliche Belange entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Teilzeitantrag der Klägerin sei hinsichtlich des Verteilungswunsches rechtsmissbräuchlich, da die Klägerin damit im Kalendermonat Juli, der Hochphase potentieller Urlaubswünsche, Urlaub erhalten wolle, auf den sie unter Berücksichtigung der BV Urlaub ansonsten keinen Anspruch hätte. Auf das Urteil (Bl. 162 - 171 d.A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, die weiter der Auffassung ist, ihr Teilzeitantrag sei nach dem TzBfG mangels entgegenstehender betrieblicher Belange begründet. Insbes...

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