Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsschulung. Beschlussfassung. Erforderlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch vier Wochenschulungen mit den Themen „Einführung ins Betriebsverfassungsrecht”, „Mitbestimmungsrechte bei Kündigung”, „Mitbestimmungsrechte bei personellen Einzelmaßnahmen” und „Mitbestimmungsrechte nach § 87 BetrVG” können für neu gewählte Betriebsratsmitglieder erforderliche Grundschulungen im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG sein, für die ein besonderer Nachweis der Erforderlichkeit der Kenntniserlangung nicht geführt werden muss.

2. Der Besuch dieser vier Schulungen ist jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig, wenn während dieser Schulungen auch Grundkenntnisse des Arbeitsrechts vermittelt werden, die den Besuch eigener Grundschulungen zum Thema Arbeitsrecht überflüssig werden lassen.

3. Beschließt der Betriebsrat einen „Seminarplan”, der einzelne Schulungsmaßnahmen enthält, die nicht als erforderlich erscheinen, dann führt dies nicht zur automatischen Unwirksamkeit der Entsendung anderer Betriebsratsmitglieder zu für sich betrachtet erforderlichen anderen Schulungsmaßnahmen.

 

Normenkette

ArbGG § 37 Abs. 6; BetrVG § 29

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Beschluss vom 28.02.2001; Aktenzeichen 13 BV 170/00)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg – Az. 13 BV 170/00 – vom 28.02.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Pflicht des Arbeitgebers, Betriebsratsmitglieder nach diversen Schulungsbesuchen zur Fortbildung als Betriebsräte von Lehrgangs- und Verpflegungs- bzw. Übernachtungskosten freizustellen.

Antragsteller – Beteiligter zu 1.) – ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2.) bestehende Betriebsrat. Er besteht aus 11 Mitgliedern. Der Beteiligte zu 7.) ist Betriebsratsvorsitzender, ist schon längere Zeit Betriebsratsmitglied und war bereits auf mehreren Schulungsmaßnahmen zur Erlangung von Kenntnissen für die Betriebsratstätigkeit. Die Beteiligten zu 3.) bis 6.) und der Beteiligte zu 8.) sind im April 2000 neu in den Betriebsrat gewählte Mitglieder.

Der Betriebsrat beschloss in der Sitzung vom 08.05.2000 einen Seminarplan für das Jahr 2000, der über die streitgegenständlichen Schulungsmaßnahmen hinaus eine Vielzahl von weiteren Schulungsmaßnahmen für die Betriebsratsmitglieder vorsah, davon für 11 Betriebsrats- bzw. Ersatzbetriebsratsmitglieder den Besuch eines Grundseminars, für 8 Betriebsrats- bzw. Ersatzbetriebsratsmitglieder den Besuch des Seminars zum Thema Kündigungen, „etwaig” für 3 weitere, für 4 Betriebsrats- bzw. Ersatzbetriebsratsmitglieder den Besuch des Seminars zum Thema Personelle Einzelmaßnahmen, „etwaig” für 7 weitere, für 4 Betriebsratsmitglieder den Besuch des Seminars zum Thema „Soziale Angelegenheiten § 87”, zusätzlich als „Fresh up” für den Betriebsratsvorsitzenden, sowie für den Betriebsratsvorsitzenden, den Beteiligten zu 7.), den Besuch des Seminars Durchführung und Gestaltung von Betriebsversammlungen (Seminarplan vgl. Bl. 20 f. d.A.).

Die Beteiligte zu 2.) lehnte die Genehmigung der Seminarbesuche ab. Die Beteiligten zu 3.) und 4.) besuchten die genannten vier Seminare im Zeitraum bis Oktober 2000. Die Beteiligten zu 5.) und 6.) besuchten neben dem Grundseminar das Seminar zum Thema Kündigungen. Der Beteiligte zu 8.) besuchte nur das Grundseminar. Der Beteiligte zu 7.), der Betriebsratsvorsitzende, besuchte das Seminar zum Thema Betriebsversammlungen.

Sämtliche Schulungsmaßnahmen wurden von der „Gemeinnützigen H… mbH” veranstaltet. Die Maßnahmen sollten laut Themenplan jeweils von Montag, 10.00 Uhr bis Freitag, 16.00 Uhr dauern; das Seminar zur Betriebsversammlung dauerte von Montag, 10.00 Uhr bis Mittwoch, 16.00 Uhr. Der Seminarplan sah folgende Themenbereiche vor:

  1. Seminar Einführung in das Betriebsverfassungsrecht

    • • Begrüßung und Vorstellung der Teilnehmer, Information über technische und organisatorische Fragen
    • • Einführung in den Lehrgang, Information über Inhalte und Arbeitsweisen im Lehrgang
    • • Konkrete Probleme im Betrieb und in der Betriebsratsarbeit
    • • Systematisierung der Probleme
    • • Interessen und Erwartungen der Belegschaft an den Betriebsrat
    • • Interessen und Erwartungen der Unternehmer an den Betriebsrat
    • • Der Betriebsrat als Interessenvertreter der Beschäftigten

      • Funktion des Betriebsrats
      • Das Betriebsverfassungsgesetz im System der Rechtsordnung
      • Überblick und Systematik, Geschichte und Perspektive der Betriebsverfassung
    • • Einführung in die Grundsätze der Geschäftsführung des Betriebsrates und Organisation der Betriebsratsarbeit
    • • Behandlung von typischen betrieblichen Problemen an konkreten Beispielen. An diesen Beispielen werden wir die Handlungsmöglichkeiten der Betriebsräte erarbeiten:

      • Zusammenarbeiten der Interessenvertretung
      • Allgemeine Aufgaben des Betriebsrats (§ 80 BetrVG)
      • Nutzung von Beteiligungsrechten
      • Anforderungen an Geschäftsführung und Organisation der Betriebsratsarbeit
    • • Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
    • • Entwicklung von A...

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