Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsvorgang als Bezugspunkt der tariflichen Bewertung im TVöD (VKA). Selbstständige Leistung als selbstständiges Erarbeiten eines eigenen Ergebnisses. Überleitungssystematik des TVÜ-VKA
Leitsatz (redaktionell)
Die Überleitung aus dem Tarifvertragssystem des BAT-O in die neue Entgeltordnung des TVöD (VKA) erfolgt gem. § 29a Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA unter Beibehaltung der Eingruppierungen, die sich aus dem von der Entgeltordnung abgelösten Vergütungssystem nach dem Grundsatz der Tarifautomatik ergeben. Sie bleiben grundsätzlich auch dann maßgeblich, wenn die unverändert ausgeübte Tätigkeit in der neuen Entgeltordnung anders bewertet wird.
Orientierungssatz
Orientierungssatz:
1) Tätigkeiten eines Vollstreckungsbeamten im Innen- und Außendienst als ein Arbeitsvorgang
2) bejahend: selbständige Leistungen in dem tariflich geforderten Umfang
Normenkette
TVÜ-VKA § 29a; BAT-O VergGr. Va Fallgruppe 1b; TVÜ-VKA § 17 Abs. 1; TVöD (VKA) § 12
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 22.11.2018; Aktenzeichen 9 Ca 725/18 E HBS) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 22.11.2018 (Az.: 9 Ca 725/18 E HBS) abgeändert.
1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab Juni 2017 Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 a TVöD zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Umsetzung des Klägers zum Sachbearbeiter Ratenzahlungsvereinbarungen unwirksam ist.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers und in diesem Zusammenhang über die Wirksamkeit einer Umsetzung.
Der am ... geborene Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 01.01.2008 als Sachbearbeiter Vollstreckung beschäftigt. Er ist schwerbehindert mit einem Grad von 70 von Hundert. Am 11.02.2008 wurde der Kläger vom Beklagten zum Verwaltungsvollstreckungsbeamten bestellt (Bestellungsschreiben vom 11.02.2008 = Bl. 26 d. A.). Am 28.11.2008 fertigte der Beklagte eine Stellenbeschreibung für die vom Kläger nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit. Der Kläger hat diese Stellenbeschreibung am 22.12.2008 unterzeichnet. Die Stellenbeschreibung hat folgenden Wortlaut:
Lfd. Nr. |
a) Beschreibung der innerhalb der gesamten auszuübenden Tätigkeit anfallenden Arbeitsvorgänge (Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen einschließlich Zusammenhangstätigkeiten, die bezogen auf den Aufgabenkreis des Beschäftigten zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Sie sind so darzustellen, dass sie ein anschauliches Bild der Tätigkeit des Beschäftigten vermitteln) |
b) zeitliche Anteile an der Gesamttätigkeit in % (Gesamt 100 %) |
1 |
Innendienst: Sortierung der vorliegenden Vollstreckungsaufträge innerhalb des Vollstreckungsbezirks, soweit erforderliche Berechnung von Säumniszuschlägen (wegen der schnelleren Auftragsabwicklung beim Schuldner) persönliche Zahlungsaufforderungen an die Schuldner aufgrund des vorliegenden Vollstreckungsauftrages ausdrucken (bei Nichtantreffen) Fertigen einer schriftlichen Zahlungsaufforderung mit gleichzeitiger Pfändungsankündigung, Abrechnung der Bareinnahmen mit Buchungsaufstellung Schuldnerermittlungen, die in der gesamten Verwaltung eingesetzt werden |
10 |
2 |
Außendienst: eigenverantwortliche Abarbeitung der Vollstreckungsaufträge Aufsuchen der Schuldner und Gesprächsführung Annahme von Bargeld und Ausstellung der Quittung zur Abwendung von Pfändungsmaßnahmen eigenverantwortliche Entscheidung vor Ort über fruchtlose Pfändung und Ratenverträge eigenverantwortliche Entscheidung bei Wohnungsdurchsuchungen nach pfändbaren Gegenständen eigenverantwortliche Entscheidung bei der Bewertung von Pfandsachen Ermittlungen vor Ort (wegen Wohnort, Arbeitgeber und Arbeitszeit) |
85 |
3 |
Durchführungen von Zwangsmaßnahmen: Übernahme der Türöffnungsbeschlüsse und deren Vollziehung eigenverantwortliche Entscheidung bei der Durchführung und Durchsetzung von angemessenen Zwangsmaßnahmen |
5 |
Summe |
|
100 |
Der Beklagte erstellte am 12.11.2009 eine "Arbeitsanweisung für Vollstreckungsbeamte". (Wegen des Inhalts der Arbeitsanweisung wird auf Blatt 107 - 116 der Akte verwiesen).
Der Kläger erhielt zuletzt Vergütung nach der Entgeltgruppe 6 TVöD (VKA).
Mit Schreiben vom 29.12.2017 und vom 31.12.2017 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf ein Urteil des Landesarbeitsgerichts H... vom 07.07.2016 eine Eingruppierung "spätestens mit Wirkung ab 01.01.2018" in die Entgeltgruppe 9 a TVD (VKA).
Mit Schreiben vom 13.03.2018 lehnte der Beklagte die vom Kläger begehrte Eingruppierung ab (Wegen des Inhalts des Schreibens des Beklagten vom 13.03.2018 wird auf Blatt 11 der Akte Bezug genommen).
Es zeichnete sich im August 2017 ab, dass nicht mehr genug Aufgaben vorhanden waren, um eine wöchentliche Tour für Vollstreckungsbeamte im Außendienst zusammenstellen zu können. Am 30.08.2017 informierte die Sachgebietsleiterin, Frau C..., mündlich über die vorübergehende Einstellung des Außendienst...