Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Betriebsrat. Anhörung. Arbeitgeber. Mitteilungspflicht. Kündigungsgründe. Kündigungsschutz. Dauer des Arbeitsverhältnisses. Probezeit
Leitsatz (amtlich)
1. Durch die pauschale Angabe von Kündigungsgründen – z. B. „Arbeitsverweigerung”, „hohe Krankheitszeiten” – oder die Angabe eines Werturteils – z. B. „ungenügende Arbeitsleistung”, „fehlende Führungsqualitäten” – erfüllt der Arbeitgeber grundsätzlich seine Mitteilungspflichten gemäß § 102 BetrVG nicht.
2. Die subjektive Determination der Mitteilungspflichten bedingt indessen, dass die pauschale Umschreibung des Kündigungsgrundes durch ein Werturteil oder durch subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers ausnahmsweise dann genügt, wenn der Arbeitgeber seine Kündigungsabsicht nicht mit konkreten Tatsachen begründen kann. Die Kündigung ist dann möglicherweise sozialwidrig, aber nicht gemäß § 102 BetrVG unwirksam.
3. Sofern der Kündigungsschutz noch keine Anwendung findet, genügt im Rahmen der Betriebsratsanhörung die Mitteilung eines bloßen, durch Tatsachen nicht belegbaren Werturteils.
4. Aufgrund der generellen Kündigungsfreiheit während der ersten 6 Beschäftigungsmonate ist der Arbeitgeber im Rahmen der Mitteilungspflichten gemäß § 102 BetrVG nicht verpflichtet, den Wahrheitsgehalt der an ihn von Dritten herangetragenen Beschwerden über den Arbeitnehmer zu überprüfen. Vielmehr genügt er seiner Mitteilungspflicht, wenn er dem Betriebsrat das sich hieraus für ihn ergebende Werturteil über den Arbeitnehmer mitteilt.
Normenkette
BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Urteil vom 27.06.2002; Aktenzeichen 5 Ca 77 d/02) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn – Kammer Meldorf – vom 27.06.2002 – Az.: 5 Ca 77 d/02 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien führen einen Kündigungsrechtsstreit. Zwischen den Parteien ist ausschließlich streitig, ob die streitgegenständliche Kündigung wegen mangelhafter Betriebsratsanhörung unwirksam ist.
Wegen des Sach- und Streitstands, wie er in der ersten Instanz vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27.06.2002 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Kündigung vom 23.11.2001 zum 31.12.2001 nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam sei. Der Betriebsrat sei entgegen der Auffassung des Klägers durch Anhörungsschreiben vom 16.11.2001 (Anlage B 1, Bl. 24 d. GA.) ordnungsgemäß angehört worden, und der Betriebsrat habe der Beklagten am 28.11.2001 mitgeteilt, dass er die Kündigungsabsicht zur Kenntnis genommen habe.
Gegen dieses dem Kläger am 18.07.2002 zugestellte Urteil hat er am 16.08.2002 Berufung eingelegt und die Berufung am 17.09.2002 begründet.
Der Kläger trägt vor,
durch das Anhörungsschreiben vom 16.11.2001 sei der Betriebsrat nur unzureichend informiert worden. Das Anhörungsschreiben enthalte lediglich eine pauschale, schlagwortartige Bezeichnung des Kündigungsgrundes, die lediglich ein bloßes Werturteil enthalte. Der Kläger bestreitet, dass seine Vorgesetzten, die Schichtleiter P… und P…, sich am 08.11.2001 an den Produktionsleiter W… wandten und ihm berichteten, dass sie mit den Leistungen des Klägers unzufrieden seien, dass der Kläger nicht einmal wisse, ob er einen Schieber zum Schließen links oder rechts herum drehen müsse, einfachste Arbeiten nicht ausführen könne und einen theoretischen Test nicht bestanden habe und zudem sich nicht in das Team integriere. Diese Vorwürfe seien nicht gerechtfertigt und falsch. Er wisse, dass im Normalfall ein Schieber aufgrund des Rechtsgewindes rechtsherum gedreht werden müsse, bei speziellen Gasflaschen gebe es aber auch Linksgewinde. Einen theoretischen Test habe er nicht absolvieren müssen. In der Berufungsverhandlung hat sich der Kläger zudem darauf berufen, dass dem Betriebsrat in der Sitzung vom 22.11.2001 durch die Schilderungen der Schichtleiter und des Personalleiters gerade nicht nur Werturteile mitgeteilt worden seien, sondern auch Tatsachen. Wenn dem Betriebsrat indessen neben reinen Werturteilen auch Tatsachen mitgeteilt werden würden, müssten diese auch wahr sein.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 27.06.2002 – 5 Ca 77 d/02 – abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.11.2001 nicht beendet worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor,
dass der Arbeitgeber bei einer ordentlichen Kündigung vor Ablauf der Wartezeit nach dem KSchG seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 BetrVG genüge, wenn er dem Betriebsrat die aus seiner Sicht maßgebliche Motivation oder das zugrundeliegende Werturteil mitteile. Sie habe dem Betriebsrat mit dem Schreiben vom 16.11.2001 ihre subjektive Wertung fehlender Einsetzbarkeit und Teamfähigkeit mitgeteilt. Sie sei nicht verpfli...