Rz. 32a
Die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 für eine gutachtliche Stellungnahme des MD aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit werden von den Krankenkassen anhand der bereits nach § 284 Abs. 1 Satz 1 vorliegenden Sozialdaten beurteilt (Satz 1; dazu gehören z. B. die Angaben auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung). Die Krankenkasse ist bei einer Arbeitsunfähigkeit verpflichtet, eine gutachtliche Stellungnahme des MD einzuholen, um Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen oder den Behandlungserfolg zu sichern. Bei jährlich rund 42 Mio. Arbeitsunfähigkeitsfällen und rund 1,1 Mio. Begutachtungen des MD im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeit bedarf es einer effizienten Vorauswahl der dem MD vorzulegenden Fälle durch die Krankenkasse. Für diese Vorauswahl dürfen die jeweils erforderlichen Sozialdaten verarbeitet werden. Die Regelung konkretisiert, welche Sozialdaten die Krankenkasse bei einer Arbeitsunfähigkeit verarbeiten dürfen, um eine gutachtliche Stellungnahme des MD zu beauftragen (BT-Drs. 19/30560 S. 52).
Rz. 32b
Sollten die bei der Krankenkasse vorhandenen Daten für den Zweck nach Satz 1 nicht ausreichen, dürfen weitere Daten erhoben und verarbeitet werden (Satz 2):
Rz. 32c
Weitere Daten dürfen durch die Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen erhoben und verarbeitet werden, wenn die der Krankenkasse vorliegenden Daten für eine Entscheidung nach Satz 1 nicht ausreichen (Satz 2):
- Angaben dazu, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt eine Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgt, und
- Angaben zu konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen.
Diese Befugnis gilt ausdrücklich nur für den Zweck der Klärung, ob bei Arbeitsunfähigkeit nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 eine gutachtliche Stellungnahme des MD einzuholen ist, und umfasst ausschließlich Angaben zu 2 Sachverhalten. Weitere Daten dürfen nicht erhoben werden.
- Die Krankenkasse darf abfragen, ob eine Wiederaufnahme der Arbeit absehbar ist. Wird dies bejaht, darf auch das Datum oder der Zeitraum erhoben werden, an dem die Wiederaufnahme der Arbeit voraussichtlich erfolgen wird. Diese Angaben sind erforderlich, um bei einer voraussichtlich nur noch kurz bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine nicht notwendige Beauftragung des MD zu vermeiden.
- Den Krankenkassen wird ermöglicht, beim Versicherten Angaben zu ggf. konkret bevorstehenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu erheben, die einer Wiederaufnahme der Arbeit entgegenstehen. Diese Angaben dienen dazu, ggf. von einer Beauftragung des MD abzusehen.
Rz. 32d
Die Krankenkasse darf die Angaben nach Satz 2 beim Versicherten grundsätzlich nur schriftlich oder elektronisch erheben (Satz 3). Damit wird vermieden, den Versicherten durch den mit der telefonischen Anfrage verbundenen Überraschungseffekt unter Druck zu setzen. Eine telefonische Erhebung ist abweichend von Satz 2 zulässig, wenn die Versicherten in die telefonische Erhebung zuvor schriftlich oder elektronisch eingewilligt haben (Satz 4). Eine telefonische Datenerhebung ist durch die Krankenkasse zu protokollieren (Satz 5). Der Versicherte ist darauf sowie insbesondere auf das Auskunftsrecht nach Art. 15 der Verordnung (EU) 679/2016 hinzuweisen. Die Protokollierung des Gespräches dient insbesondere der Nachweisbarkeit der Gesprächsinhalte. Dabei ist davon auszugehen, dass die Krankenkassen auch schon bisher Telefonvermerke erstellt haben. Die Information der Versicherten dient der Transparenz des Vorgehens. Im Hinblick auf die Transparenz des Verfahrens haben die Krankenkassen die Versicherten insbesondere auch über das ihnen nach Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung zustehende Auskunftsrecht zu informieren. Die übrigen Informationspflichten der Datenschutz-Grundverordnung sind von den Krankenkassen ebenfalls zu beachten, wie z. B. die Informationspflichten nach Art. 13 und 14 der Datenschutz-Grundverordnung (BT-Drs. 19/30560 S. 53).
Rz. 32e
Versichertenanfragen der Krankenkassen im Rahmen der Durchführung der individuellen Beratung und Hilfestellung nach § 44 Abs. 4 fallen nicht unter die Beschränkungen nach Satz 2 bis 5 (Satz 6). Datenerhebungen der Krankenkassen bei ihren Versicherten mit der Zielsetzung einer individuellen Beratung und Unterstützung bedürfen einer Einwilligung des jeweiligen Versicherten. Die Datenverarbeitung der Krankenkassen bei Versicherten, die diese individuelle Beratung und Hilfestellung in Anspruch nehmen, bleibt von den Einschränkungen des Abs. 1b unberührt. Im Rahmen der von den Versicherten erteilten Einwilligung können die Krankenkassen in diesen Fällen die für die individuelle Beratung und Hilfestellung erforderlichen Angaben Versicherten erheben und verarbeiten.
Rz. 32f
Weitere erforderliche Daten können bei dem Arzt angefragt werden, der die Arbeitsunfähigkeit festgestellt und bescheinigt hat (Satz 7). Die Arztanfrage kann ergänzt zu den nach Satz 1, 2 erhobenen Daten geste...