Bei manchen Arbeitnehmenden kann die Fußballbegeisterung bei einer Welt- oder Europameisterschaft überhand nehmen. Das Arbeitsrecht setzt hier klare Grenzen: Für den Fall, dass Arbeitnehmende krank feiern, etwa weil der beantragte Urlaub wegen entgegenstehender dringender betrieblicher Belange nicht gewährt wurde, und stattdessen das Spiel der Nationalmannschaft verfolgen, können Arbeitgeber arbeitsrechtliche Konsequenzen treffen.
Fußball-EM: Abmahnung für Blaumacher
Der kurzfristige Ausfall von Arbeitskräften bedeutet für Personalverantwortliche, dass sie den Personaleinsatz neu planen müssen und anwesende Arbeitnehmende für ihre vermeintlich kranken Kollegen zusätzliche Arbeit leisten müssen. Wie können Arbeitgeber in solchen Fällen reagieren?
Arbeitsrechtlich handelt es sich um eine klare Form von Arbeitsverweigerung. Ist sich der Arbeitgeber also sicher, dass der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin "blau gemacht" hat, weil er oder sie beispielsweise keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen kann, darf er hierauf mit einer Abmahnung und im Wiederholungsfall der Kündigung reagieren.
Arbeitnehmende müssen Krankheit nachweisen
Hat der Arbeitgeber Zweifel an einer behaupteten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin, gilt: Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit trägt der Arbeitnehmer. Diesen Anforderungen kommt er oder sie regelmäßig mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vollständig nach.
Legt der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, so hat der Arbeitgeber folglich seinerseits aktiv zu werden, wenn er die Arbeitsunfähigkeit bestreitet. Er hat dann Gründe zu ermitteln, die die Richtigkeit der Bescheinigung infrage stellen. Begleitumstände, die den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit erschüttern können, sind etwa die Ankündigung der Krankheit durch den Arbeitnehmer oder wenn jemand den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin beim Public Viewing oder im Stadion gesehen hat.
Arbeitgeber kann den medizinischen Dienst der Krankenversicherung einschalten
Ferner kommt eine Begutachtung beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MKD) in Betracht - auf Bitten des Arbeitgebers. Werden vom Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines oder einer Arbeitnehmenden erhoben, hat die zuständige Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme durch den MDK einzuholen. Dieser hat für diese Fälle Kapazitäten freizuhalten und eine möglichst zeitnahe Begutachtung innerhalb von wenigen Arbeitstagen sicherzustellen.
Die Krankenkasse kann sich über die Zweifel des Arbeitgebers an der Arbeitsunfähigkeit eines oder einer Arbeitnehmenden nicht hinwegsetzen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben. Dies dürfte insbesondere bei Arbeitnehmenden zutreffen, die im Krankenhaus stationär behandelt werden.
Praxistipp: Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, der Krankenkasse die Zweifel durch schlüssige Tatsachen zu dokumentieren oder zu beweisen (vgl. § 275 Abs. 1a SGB V). Dennoch empfiehlt es sich für Arbeitgeber, nähere Angaben zu machen, um eine Konkretisierung der Begutachtung zu erleichtern.