Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung von Ansprüchen auf Abfindung aus einem Sozialplan
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche auf Abfindungen aus einem Sozialplan unterliegen jedenfalls dann der regelmäßigen Verjährungsfrist von 30 Jahren gem. § 195 BGB, wenn die im Sozialplan selbst vorgenommene Zweckbestimmung dieser Abfindung ihre Einordnung als Gegenleistung für geleistete Dienste des Arbeitnehmers ausschließt.
Normenkette
BGB §§ 195, 196 Abs. 1 Nrn. 8, 15, § 1922 Abs. 1, § 2032 Abs. 1, § 2039; BetrVG § 112 Abs. 1 S. 3, § 77 Abs. 4 S. 1; ZPO §§ 521, 522 a
Verfahrensgang
ArbG Nordhausen (Aktenzeichen 1 Ca 54/97) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
2. Auf Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 20.10.1998 – 1 Ca 54/97 abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Erbengemeinschaft nach der verstorbenen H. T. bestehend aus dem Kläger und J. T. zur gesamten Hand 1.720,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 09.01.1996 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Die Kosten der Streithilfe trägt die Streithelferin.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.788,80 DM festgesetzt.
3. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte; die Kosten der Streithilfe im Berufungsrechtszug trägt die Streithelferin.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zum Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung noch über einen Anspruch der Erbengemeinschaft nach der verstorbenen ehemaligen Arbeitnehmerin der Beklagten, der ursprünglichen Klägerin H. T., gegen den Beklagten auf Zahlung eines Restbetrages aus einem ersten Teil eines Abfindungsbetrages aus dem Sozialplan vom 29. November 1991. In materieller Hinsicht ist zwischen den Parteien nur noch die Frage, ob der Anspruch bereits verjährt ist, umstritten.
Die am 08. Juli 1937 geborene H. T. (fortan: Erblasserin) war seit dem 01. September 1960 bei dem Beklagten beschäftigt. Zuletzt war sie Mitarbeiterin in der Regionalstelle S. und erhielt ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 2.000,00 DM.
Am 11. Juli 1990 schlossen der Parteivorstand der P., der Hauptvorstand der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen/DDR und die Betriebsgewerkschaftsleitung des Parteivorstandes der P. eine als „Vereinbarung zum Sozialplan der P.” überschriebene Vereinbarung. Wesentlicher Inhalt dieser Vereinbarung war, daß Mitarbeiter, die aufgrund grundlegender Änderungen der Betriebsorganisation gekündigt werden müssen, eine Abfindung erhalten sollten. Nach Ziff. 4 dieser Vereinbarung sollte sich die Höhe der Abfindung neben anderen Berechnungsparametern nach der Höhe der Monatsgehälter richten. Hinsichtlich des mit der Abfindungszahlung verfolgten Zweckes vereinbarten die Parteien dieser Vereinbarung in Ziff. 2.3 wörtlich folgendes:
„Mitarbeiter, denen fristgemäß gekündigt wird und die nicht in den Vorruhestand treten, erhalten von der P. eine einmalige Abfindung. Mit dieser sind alle Nachteile (materielle und immaterielle) des Mitarbeiters aus seinem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung gegenüber der P. abgegolten.”
Wegen des weiteren Inhaltes dieser Vereinbarung wird auf die als Anlage zur Klagschrift zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 8 – 11 d. A.) Bezug genommen.
Am 27. November 1990 schlossen das Präsidium des Parteivorstandes der P. und die Gewerkschaftsleitung des Parteivorstandes und der Gewerkschaftsvorstände der Länder (ehemals DDR) eine ebenfalls als „Vereinbarung zum Sozialplan der P.” überschriebene Vereinbarung. Gegenstand dieser Einigung war die Zahlung von Abfindungen wegen eines notwendigen weiteren Abbaus von Personal. Die Höhe der Abfindungen sollte sich neben anderen Berechnungsparametern nach Monatsgehältern errechnen. Unter Ziff. 2.3 dieser Vereinbarung formulierten die vertragsschließenden Parteien zum Zweck der zu zahlenden Abfindungen wörtlich:
„Mit dieser (Abfindung – Hinzufügung durch das Gericht) sind alle Nachteile (materielle und immaterielle) des Mitarbeiters aus seinem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung gegenüber der P. abgegolten.”
Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhaltes dieser Vereinbarung vom 27. November 1990 wird auf die als Anlage 1 a zur Klagschrift gereichte Kopie hiervon (Bl. 12 – 15 d. A.) Bezug genommen.
In der Folgezeit traten aufgrund von Rechtsstreitigkeiten auf dem Hintergrund dieser geschlossenen Vereinbarungen Zweifel auf, ob diese rechtswirksam seien.
Am 29. November 1991 schlossen u. a. das Präsidium des Parteivorstandes der P., der Betriebsrat beim Parteivorstand der P. sowie der Betriebsrat des Beklagten zwei Vereinbarungen. Eine von diesen ist überschrieben als „Sozialplan der P.” und hat Abfindungszahlungen für ab dem 01. Juli 1991 aus betriebsbedingten Gründen zu kündigende Mitarbeiter zum Gegenstand. Als einen Berechnungsparameter für die Abfindungshöhe vereinbarten die Parteien das Bruttomonatsentgelt. Zum Zweck der Abfindung formulierten diese, daß damit alle...