Kündigung wegen schlechten Englischkenntnissen unwirksam
Eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer nicht über die erforderliche Eignung oder Fähigkeit verfügt, um seine berufliche Tätigkeit angemessen auszuüben. Auch fehlende Sprachkenntnisse des Arbeitnehmers können ein Kündigungsgrund sein. Die Anforderungen an eine Stelle können sich dabei auch im Laufe eines Arbeitsverhältnisses ändern. Im vorliegenden Fall führte die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers zu einer internationaleren Ausrichtung des Arbeitsplatzes einer Buchhalterin. Die Kündigung wegen schlechter Englischkenntnisse war dennoch unwirksam.
Kündigungsgrund: Englisch mangelhaft
Eine 58-jährige Arbeitnehmerin, die sechs Jahre als Anlagenbuchhalterin in der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig war, wehrte sich gerichtlich gegen ihre Kündigung. Diese erfolgte im Rahmen einer Umstrukturierung. Der Bereich, indem sie tätig war, wurde dabei in eine Organisationseinheit mit internationaler Ausrichtung umorganisiert. Da sie den Anforderungen an die Position nicht mehr entspreche, kündigte der Arbeitgeber ihr. Unstreitig verfügt die Mitarbeiterin nur über wenige Englischgrundkenntnisse. Der Arbeitgeber berief sich vor Gericht darauf, dass eine Stelle für eine Anlagenbuchhalterin, die die Fremdsprache Englisch nicht in Wort und Schrift sehr gut beherrsche, nicht mehr existiere. An alle Stellen sei nunmehr ein „gehobener Anspruch an die notwendigen Sprachkenntnisse“ zu legen.
Neuausrichtung kein dringendes betriebliches Erfordernis
Die Kündigungsschutzklage der Anlagebuchhalterin war erfolgreich. Das LAG Köln entschied, dass die Kündigung unwirksam war. In der Begründung führten die Richter aus, dass weder die Umstrukturierung des Bereiches noch die Neuausrichtung des konkreten Arbeitsplatzes der Arbeitnehmerin ein dringendes betriebliches Erfordernis war, welches eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen könne. In dem umstrukturierten Bereich sei nach Neueinstellungen weiter die gleiche Anzahl an Personen tätig, auch die Aufgaben, die die Anlagenbuchhalterin zuvor erledigte, seien nicht weggefallen. Das Gericht stellte klar, dass somit das Beschäftigungsbedürfnis nicht entfallen sei. Auch sei die Neuprofilierung des Arbeitsplatzes keine echte Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit gewesen.
Personenbedingte Kündigung bei zwingend erforderlichen Sprachkenntnissen
Die fehlenden Sprachkenntnisse der Arbeitnehmerin waren aus Sicht des Gerichts kein ausreichender Grund für eine personenbedingte Kündigung. Eine Änderung der Anforderungen an eine Stelle sei zwar ausnahmsweise auch im laufenden Arbeitsverhältnis möglich, stellten die Richter klar. Daher könne eine mangelnde Eignung prinzipiell auch eine Kündigung rechtfertigen. Voraussetzung sei jedoch, dass es sich bei einer geänderten Anforderung an die Qualifikation der Stelleninhaberin nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung” für die Ausführung der Tätigkeit handele. Vielmehr müsse ein nachvollziehbares, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für die Stellenprofilierung vorliegen. Die Anforderung – im konkreten Fall also fließende Englischkenntnisse – hätte somit für die Stelle zwingend sein müssen.
Diese Notwendigkeit war für das Gericht im konkreten Fall nicht ersichtlich. Weder sei Englisch die Geschäftssprache im Unternehmen noch sei es zwingende Voraussetzung für eine Tätigkeit der Arbeitnehmerin, stellten die Richter fest. Vielmehr gebe es nach wie vor gebe es Buchhaltungsaufgaben, die ausschließlich die deutschen Tochtergesellschaften betreffen. Mit diesen hätte die Buchhalterin weiter betraut werden können, so dass die Kündigung schon deshalb unverhältnismäßig gewesen sei.
Hinweis: LAG Köln Urteil vom 14.03.2019, Az. 6 Sa 489/18
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