Was gilt bei Außendienstlern als "erste Tätigkeitsstätte"?
Eine zu Reisekosten führende beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Mitarbeiter außerhalb seiner Wohnung und nicht an seiner ersten Tätigkeitsstätte (früher regelmäßige Arbeitsstätte) beruflich tätig wird. Die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte seit 2014 erfolgt vorrangig anhand der Festlegungen durch den Arbeitgeber, hilfsweise werden zeitliche (quantitative) Kriterien herangezogen. Insbesondere bei Außendienstlern ergibt sich jedoch in vielen Fällen gar keine erste Tätigkeitsstätte.
Die Tätigkeitsstätte steht derzeit wieder im Fokus der Rechtsprechung. So hat der BFH aktuell entschieden, dass sogar ein Vermietungsobjekt als Tätigkeitsstätte in Betracht kommen kann (BFH-Urteil vom 1.12.2015 - IX R 18/15).
Wichtiger für den Lohnsteuerbereich ist allerdings die aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Münster. Sucht ein Außendienstmonteur arbeitstäglich den Betriebssitz seines Arbeitgebers auf und fährt von dort aus mit einem Firmenfahrzeug die Einsatzorte an, stellt der Betriebssitz nach Auffassung des Gerichts seine regelmäßige Arbeitsstätte dar mit der Folge, dass die Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale abzugsfähig sind.
Erste Tätigkeitsstätte eines Außendienstmitarbeiters
Der Kläger war als Außendienstmonteur beschäftigt. Im Streitjahr 2013 fuhr er arbeitstäglich zunächst mit seinem privaten Pkw zum Betrieb seines Arbeitgebers. Von dort aus steuerte er mit einem dienstlichen Pkw die einzelnen Einsatzorte an und brachte das Fahrzeug erst kurz vor Feierabend wieder zum Betriebsgelände zurück. Das Finanzamt wollte nur die Entfernungspauschale berücksichtigen. Der Kläger trug zur Begründung seiner Klage vor, keine regelmäßige Arbeitsstätte zu haben. Insbesondere könne der Betriebssitz seines Arbeitgebers nicht als regelmäßige Arbeitsstätte angesehen werden, weil er nur einen geringen Teil seiner täglichen Arbeitszeit dort verbringe.
Die Klage blieb erfolglos. Beim Kläger liege der qualitative Mittelpunkt seiner Arbeitstätigkeit zwar nicht am Betriebssitz seines Arbeitgebers, sondern in den einzelnen Einsatzorten. Allerdings könne er sich - genauso wie seine Arbeitskollegen, die Bürotätigkeiten am Betriebssitz errichten -, auf die täglichen Fahrten zur Betriebsstätte einrichten und so seine Wegekosten minimieren. Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Rechtslage bis 2013
Das Urteil betrifft die Rechtslage bis einschließlich 2013. Das Ergebnis dürfte jedoch auch für die derzeitige Rechtslage gelten. Fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung durch den Arbeitgeber, ist nach § 9 Absatz 4 Satz 4 EStG von einer ersten Tätigkeitsstätte an der betrieblichen Einrichtung auszugehen, an der der Mitarbeiter typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll. Dabei müssen er oder sie an der betrieblichen Einrichtung aber die eigentliche berufliche Tätigkeit ausüben. Das könnte in dem Urteilsfall und ähnlichen Fällen zu verneinen sein.
Dann dürfte es sich aber regelmäßig um einen Sammelpunkt handeln (§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a Satz 3 EStG). Wenn Mitarbeiter sich typischerweise arbeitstäglich an einem festgelegten Ort, einfinden sollen, um von dort die berufliche Tätigkeit aufzunehmen, werden die Fahrten zu diesem vom Arbeitgeber festgelegten Ort wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt.
Entfernungspauschale ansetzen
Im Ergebnis darf also bei beiden in Betracht kommenden Alternativlösungen auch nach heutiger Rechtslage nur die Entfernungspauschale angesetzt werden und steuerfreie Arbeitgebererstattungen sind nicht möglich.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf das BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts vom 24.10.2014 (BStBl 2014 I S. 1412) verwiesen, dort insbesondere Rz. 25 ff. und Rz. 37 ff.
Hinweis: FG Münster, Urteil vom 17.02.2016, 11 K 3235/14 E
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