Beiträge zur Berufshaftpflicht von Rechtsanwälten teilweise lohnsteuerpflichtig
Rechtsanwälte sind verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus der Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer der Zulassung aufrechtzuerhalten (§ 51 BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung). Die Versicherungspflicht trifft auch den angestellten Rechtsanwalt, obwohl für diesen eigentlich der Arbeitgeber haftet. Fraglich ist immer wieder, ob die Übernahme der Beiträge durch den Arbeitgeber steuerpflichtigen Arbeitslohn auslöst.
Versicherungsbeiträge als steuerlicher Arbeitslohn?
Der Arbeitgeber und Kläger im Urteilsfall beim FG Nürnberg ( Urteil vom 27.02.2019 - 5 K 1199/17) war Rechtsanwalt mit einer eigenen Kanzlei. Er hatte eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Versicherte Personen waren u.a. mehrere zur Rechtsanwaltschaft zugelassene Mitarbeiter des Klägers.
Die Versicherungsbeiträge trug der Kläger in voller Höhe. Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung unterwarf das Finanzamt die Versicherungsbeiträge der Lohnsteuer. Nach dessen Auffassung liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, da die Rechtsanwälte verpflichtet sind, eine solche Versicherung abzuschließen. Die Versicherungssumme lag über der Mindestdeckungssumme. Der Kläger war der Auffassung, dass - wenn überhaupt - nur die Versicherungsbeiträge bis zur Deckungssumme Arbeitslohn darstellen.
Überwiegend eigenbetriebliches Interesse oder Interesse des Mitarbeiters?
Vorteile besitzen nur dann keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden. Liegt allerdings - wie hier - auch ein nicht unerhebliches Interesse der Mitarbeiter vor, so führt die Vorteilsgewährung zur Lohnzuwendung.
Nach Auffassung des Gerichts war auch die Höherversicherung im Eigeninteresse der Angestellten, weil nach Aussage des Arbeitgebers für eine Anstellung in seiner Kanzlei eine Versicherung mit der Mindestdeckungssumme nicht ausreichend, sondern eine Höherversicherung vorausgesetzt war.
Nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde ist gegen das Urteil inzwischen eine Revision beim BFH anhängig (Az. VI R 32/19). Und zumindest was die Beiträge oberhalb der Mindestdeckungssumme betrifft, sind die Erfolgsaussichten gut.
BFH lässt Aufteilung der Versicherungsprämien zu
Nach bisheriger Verwaltungsauffassung war eine Aufteilung der Versicherungssumme nach Mindestdeckungssumme und überschießender Summe nicht vorzunehmen (SenFin Berlin, Erlass v. 22.7.2010, III B – S 2332 – 3/2008).
Gerade diese Rechtsfrage hat der BFH jedoch aktuell anders gesehen (BFH Urteile vom 01.10.2020 - VI R 11/18 und VI R 12/18): In beiden Fällen hat der BFH entschieden, dass die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung durch die Arbeitgeber nicht ohne weiteres in vollem Umfang zu Arbeitslohn führt. Vielmehr gilt dies uneingeschränkt nur für Prämienanteile, die der nach § 51 BRAO erforderlichen gesetzlichen Mindestdeckung dienen.
Prämienanteil für Mindestversicherungssumme: Arbeitslohn
In den Streitfällen erfüllten die von den Arbeitgebern abgeschlossenen Versicherungen im Hinblick auf die mitversicherten angestellten Rechtsanwälte deren Versicherungspflicht, weil personenbezogen auch Tätigkeiten außerhalb der Sozietät abgedeckt waren. Soweit die angestellten Rechtsanwälte nicht über eine eigene Berufshaftpflichtversicherung verfügten und sich somit eine - für die Berufsausübung erforderliche - Versicherung durch ihre Einbeziehung in die Sozietätsversicherung ersparten, stellt der Prämienanteil, soweit er auf die in § 51 Abs. 4 BRAO vorgeschriebene Mindestversicherungssumme entfällt, Arbeitslohn dar.
Freiwillige Höherversicherung: kein Arbeitslohn
Hinsichtlich der freiwilligen Höherversicherung hat der BFH hingegen ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Arbeitgeber bejaht. Insoweit führt die Übernahme nicht zu einem lohnsteuerpflichtigen Vorteil. Haftet der angestellte "Briefkopfanwalt" im Außenverhältnis nicht für eine anwaltliche Pflichtverletzung, ist seine Einbeziehung in den über die Mindestversicherungssumme hinausgehenden Versicherungsschutz der Sozietät allein dieser aus versicherungsrechtlichen Gründen geschuldet. Der hierauf entfallene Prämienanteil führt daher nicht zu Arbeitslohn.
Die von den Arbeitgebern geschuldeten Prämien sind deshalb aufzuteilen. Betroffene Fälle sollten sich auf die neuen Urteile berufen bzw. offen gehalten werden, bis die Finanzverwaltung ihre Auffassung an die Rechtsprechung angepasst hat.
Anwaltspostfach sowie Beiträge für Kammer und Anwaltsverein sind Arbeitslohn
In einem der Fälle (BFH Urteil vom 01.10.2020 - VI R 11/18) hatte der Arbeitgeber für eine angestellte Rechtsanwältin die Umlage der Rechtsanwaltskammer für das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) übernommen. Der BFH vertritt hierzu die Auffassung, die Einrichtung des beA sei unabhängig von dem Anstellungsverhältnis im eigenen beruflichen Interesse der Arbeitnehmerin erfolgt und damit Arbeitslohn. Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers sei dagegen nicht erkennbar.
Daneben hat der BFH auch die Übernahme der Kammerbeiträge sowie die Übernahme der Beiträge zum örtlichen Anwaltsverein als Arbeitslohn beurteilt. Die Übernahme erfolge nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern in besonderer Weise im eigenen Interesse der Arbeitnehmer.
Weitere Urteile zum Thema Berufshaftpflichtversicherung
Bereits früher hatte der BFH entschieden, dass eine Rechtsanwalts-GmbH mit der Versicherung ihrer eigenen Berufstätigkeit durch Abschluss einer gesetzlich vorgeschriebenen Berufshaftpflichtversicherung ihren angestellten Rechtsanwälten keinen Arbeitslohn zuwendet (BFH Urteil vom 19.11.2015 - VI R 74/14). Ebenso führt die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Rechtsanwälten (BFH Urteil vom 10.03.2016 - VI R 58/14).
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