Ein-Prozent-Regelung durch Nutzungsverbot vermeidbar?
Wird ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung überlassen, ist dieser geldwerte Vorteil nach der 1 %-Regelung anzusetzen, falls kein Fahrtenbuch geführt wird. In der Praxis gibt es immer wieder Streit um die Anerkennung eines vom Arbeitgeber ausgesprochenen privaten Nutzungsverbots.
Keine 1 %-Regelung bei Nutzung nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
In einem aktuellen Fall hatte ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter einen Dienstwagen nur zur Nutzung für die Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte überlassen - aber nicht zur sonstigen Privatnutzung. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs in dieser Sache begründet allein die arbeitsrechtliche Erlaubnis zur Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte noch keine Überlassung zur privaten Nutzung und damit auch keinen Ansatz der 1 %-Monatspauschale (BFH, Urteil v. 6.10.2011, VI R 56/10, BStBl 2012 II S. 362).
Gesellschafter-Geschäftsführer-Urteil
Zuletzt hat das Finanzgericht Niedersachsen mit Urteil vom 8.2.2012 (Az. 3 K 406/10, EFG 2012 S. 1919) entschieden, dass auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH der Anscheinsbeweis nur dann für die Privatnutzung eines Dienstwagens streitet, wenn der Wagen auch zur privaten Nutzung überlassen wurde. Das Finanzgericht räumt ein, dass in Fallgestaltungen wie diesen eine ernsthafte Kontrolle des Nutzungsverbots nicht möglich ist, weil im Falle eines den Dienstwagen nutzenden Geschäftsführers keine Person mit anderer Interessenlage vorhanden ist, die auf die Einhaltung des Nutzungsverbots dringen könnte. Dennoch fehle es auch in diesem Fall an einer bewussten Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung durch den Arbeitgeber an den Geschäftsführer.
Der Ehrliche ist der Dumme
Das Gericht führt aus, dass sich dies in der Rechtspraxis als "Dummenrechtsprechung" auswirkt, nach der derjenige, der wahrheitswidrig die Nutzung des Dienstwagens zu privaten Zwecken bestreitet, ohne jegliches Risiko einer strafrechtlichen Ahndung von der Besteuerung des Nutzungsvorteils verschont bleibt, wohingegen jener, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt und die Privatnutzung einräumt, der „Dumme“ ist, der einen Nutzungsvorteil zu versteuern hat. Dies müsse jedoch hingenommen werden.
Verwaltungsauffassung: Nutzungsverbot muss überwacht werden
Die Finanzverwaltung vertritt in den Lohnsteuer-Richtlinien bis heute die Auffassung, dass ein schriftliches Nutzungsverbot allein nicht ausreicht, um den Anscheinsbeweis zu entkräften (vgl. "Nutzungsverbot" zu H 8.1 Abs. 9-10 LStH). So kann vom Ansatz eines geldwerten Vorteils für die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs nur abgesehen werden, wenn
- der Arbeitgeber die Einhaltung seines Verbots überwacht oder
- wegen der besonderen Umstände des Falls die verbotene Nutzung so gut wie ausgeschlossen ist (z. B. wenn der Mitarbeiter das Fahrzeug nach seiner Arbeitszeit und am Wochenende auf dem Betriebsgelände abstellt und den Schlüssel abgibt).
Diese Rechtsauslegung der Finanzämter geht deutlich über die von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen hinaus.
Bei "normalen Firmenwageninhabern" muss das Finanzamt, ein schriftlich vereinbartes Nutzungsverbot in tatsächlicher Hinsicht erst einmal entkräften, etwa durch gegenteilige Sachverhaltsfeststellungen im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung.
Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten
Insbesondere bei Gesellschafter-Geschäftsführern und leitenden Angestellten erscheint hingegen ein schriftliches Nutzungsverbot allein nicht ausreichend, um den Anscheinsbeweis zu entkräften. Allerdings hat der BFH im Rahmen der eingelegten Revision zum Niedersachsen-Urteil (Az. des BFH VI R 23/12) die Möglichkeit, auch hier die Schleusentore endgültig zu öffnen.
Bis dahin ist für Arbeitgeber Vorsicht geboten - nicht zuletzt aus Haftungsgründen. Betroffene können in ihrer Steuererklärung in ähnlichen Fällen unter Berufung auf das BFH-Aktenzeichen VI R 23/12 das Ruhen ihres Einspruchsverfahrens beantragen.
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