Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei Leiharbeitnehmern

Leiharbeitnehmer können nach Ansicht des Finanzgerichts Baden-Württemberg an ihrem Einsatzort, also im Entleiherbetrieb, keine regelmäßige Arbeitsstätte begründen. Selbst bei längerfristigen Einsätzen bleibt ihr künftiger Beschäftigungsort ungewiss.

Im Januar 2009 schloss ein Leiharbeitnehmer mit einer Schweizer Firma einen Einsatzvertrag als "temporärer Angestellter". Der Arbeitseinsatz sollte auf unbestimmte Dauer erfolgen und der Arbeitnehmer an einen konkret benannten Kunden des Arbeitgebers ausgeliehen werden. Die arbeitsvertraglichen Beziehungen sollten enden, sobald der Arbeitseinsatz beim Kunden abgeschlossen war.

Tatsächliche Fahrtkosten oder Entfernungspauschale?

Fraglich war nun, ob der Leiharbeitnehmer beim Kunden seines Arbeitgebers über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügte (ihm demnach nur die ungünstige Entfernungspauschale zustand) oder ob er wegen einer Auswärtstätigkeit seine tatsächlichen Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen konnte. Entsprechend stellt sich für den Arbeitgeber die Frage, welche Kosten er steuerfrei ersetzen kann: Die tatsächlichen Fahrtkosten oder die Entfernungspauschale.

Reisekostengrundsatz

Das Finanzgericht (FG) entschied, dass der Leiharbeitnehmer keine regelmäßige Arbeitsstätte an seinem Einsatzort innehatte und er somit seine tatsächlichen Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen abziehen kann.

Zukunft ungewiss

Die Tätigkeit beim Kunden des Arbeitgebers war nur vorübergehend und nicht von Dauer angelegt, weil sie aus damaliger Sicht des Arbeitnehmers ("ex ante"-Sicht) jederzeit enden konnte, ohne dass der Arbeitnehmer darauf Einfluss hatte. Der Arbeitseinsatz stand somit stets unter dem Vorbehalt, dass die Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Kundenbetrieb aufrechterhalten wurde. Der Umstand, dass der Arbeitseinsatz letztendlich weniger als 6 Monate dauerte, verdeutlichte im Nachhinein, dass sich der Arbeitnehmer in einer ungewissen Arbeitssituation befand.

FG widerspricht Verwaltungsauffassung

Zur Beurteilung einer regelmäßigen Arbeitsstätte in Fällen der Leiharbeit und des Outsourcings hat sich das BMF mit Schreiben v. 21.12.2009, BStBl 2010 I S. 21 geäußert. Im dort aufgeführten Beispiel 3 erklärte das Ministerium, dass ein Arbeitnehmer, der ausschließlich für die Überlassung an eine einzige Firma eingestellt worden ist und dessen Arbeitsverhältnis nach Abschluss dieses Arbeitseinsatzes vertragsgemäß endet, vom ersten Arbeitstag an über eine regelmäßige Arbeitsstätte bei der Firma verfügt. Das FG widerspricht dieser Sichtweise ausdrücklich. Die Revision wurde zugelassen; ein Az. beim BFH ist noch nicht bekannt. 

(FG Baden-Württemberg, Urteil v. 24.5.2012, 3 K 1226/11)


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