Haben Sie auch schon einmal eine Phantomabrechnung erstellen müssen? Ich meine nicht eine Probeabrechnung zum Üben, sondern eine richtige amtliche Entgeltabrechnung, die aber nicht dem gewohnten Zweck dient, nämlich aus dem Brutto-Arbeitslohn nach Abzug von Lohnsteuer und Sozialversicherung den auszuzahlenden Nettolohn zu berechnen. Letzterer ist in einer solchen Phantomabrechnung vielmehr stets bei „Null“, was logisch ist, da der Bruttolohn als Ausgangsgröße nur ein Phantom, also ein „Nichts“ ist und bekanntermaßen kann aus Nichts auch nur Nichts werden. Die Grenzen dieser Logik werden allerdings dann außer Kraft gesetzt, wenn die Sozialversicherung mit dem sogenannten „Entstehungsprinzip“ ins Spiel kommt. Das kann bedeuten, dass Sozialversicherungsbeiträge auch aus fiktiven Löhnen zu zahlen sind, soweit unterstellt werden muss, dass dem Arbeitnehmer ein „unverzichtbarer“ Lohn oder Lohnbestandteil vorenthalten wurde.
Der neue Mindestlohn wird zu Phantomlöhnen führen
Im Hinblick auf den sozialen Schutz der Mitarbeiter hat das Entstehungsprinzip sicherlich seine Berechtigung. Insoweit sollte sich niemand ernsthaft darüber beschweren, wenn die Nichteinhaltung des geplanten gesetzlichen Mindestlohns zu Phantomberechnungen führen wird. Bedenklich wird die Sache aber dann, wenn die Betriebsprüfer einen Phantomlohn festsetzen, weil sie der Ansicht sind, dass auf das Arbeitsverhältnis ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag anzuwenden ist. Bekanntlich kann man darüber in vielen Fällen trefflich streiten und wenn ein solcher Streit zum Ergebnis führt, dass der allgemeinverbindliche Tarifvertrag doch keine Rolle spielt, so besteht bekanntlich Vertragsfreiheit, was eine Festsetzung von Phantomlohn ausschließt.
Die Frage, ob das konkrete Vertragsverhältnis oder die konkrete Vergütungsabrede, wirklich so eindeutig, wie es dem Betriebsprüfer auf den ersten Blick erscheinen mag, einer „unabdingbaren Tarifbindung“ unterliegt, wäre daher bei Lohnstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern auch für erfahrene Arbeitsrichter eine „Wissenschaft“ für sich. Ein Blick auf die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung zu allgemeinverbindlichen Tarifverträgen zeigt, dass es hier vielerlei diffizile „Grenzfälle“ zu beachten gibt, über die man trefflich streiten kann.
Richter entscheiden, die von Hause aus nicht im Thema drin sind
Apropos streiten! Wenn Sie sich gegen die Festsetzung eines Phantomlohns gerichtlich wehren wollen, können Sie leider auf die Erfahrungen der Arbeitsrichter nicht hoffen, denn anders als bei einer „echten“ Lohnklage, sind beim Streit um den Phantomlohn die Sozialgerichte zuständig, auch wenn die streitentscheidende Frage „Tarif or not Tarif“ überdeutlich nach dem Sachverstand des arbeitsgerichtlichen Instanzenwegs schreit und oftmals Sachverhalte beinhaltet die bei „echten“ Lohnklagen nicht nur schon zigmal auf dem Richtertisch gelegen haben, sondern über die auch schon das Bundesarbeitsgericht das letzte Wort gesprochen hat. Das wiederum interessiert die Betriebsprüfer wenig, denn diese lassen sich bekanntlich nur durch das Bundessozialgericht beeindrucken. Wer aber schon einmal versucht hat, einen Beitragsbescheid bis dorthin durchzuhalten, der muss Geduld haben. Rechnet man das im Sozialversicherungsrecht obligatorische Widerspruchsverfahren hinzu, so kann man von Glück reden, wenn das BSG nach 5 Jahren entscheidet, ob die Betriebsprüfer sich erfolgreich als arbeitsrechtliche Phantomjäger betätigt haben.
im Namen unseres Kolumnisten, Herrn Thomas Muschiol, darf ich Ihnen folgende Antwort übermitteln, die die doch etwas komplizierte Urlaubsberechnung bei Teilzeitkräften deutlich machen will:
Thomas Muschiol: "Dazu folgende Denksportaufgabe an die Leser: Eine Mitarbeiterin arbeitet von Januar bis Juni in Vollzeit. Sie hat einen vertraglichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Ab Juli arbeitet sie Teilzeit an drei Tagen in der Woche. Während ihrer Vollzeitbeschäftigung hat sie 5 Tage Urlaub genommen. Den Rest möchte Sie im September nehmen. Wie viele Tage Urlaub hat sie und wie werden diese vergütet?"
Mit freundlichen Grüßen
Renate Fischer, Haufe Online-Redaktion