Beachtung eines Lehrplanwerks führt nicht zur Sozialversicherungspflicht
Musiklehrer, die mit kommunalen Musikschulen Vereinbarungen über Unterrichtsleistungen in freier Mitarbeit abschließen, werden nicht deshalb zu sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten der Musikschule, weil sie das Lehrplanwerk des Verbands deutscher Musikschulen (VdM) zu beachten haben. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts am 14.3.2018 entschieden.
Honorarkräfte eingesetzt um Kosten zu sparen
Der Musiklehrer war bereits von 2005 bis 2007 angestellter Musiklehrer an der Musikschule. Nachdem der Rat der Stadt Ende 2008 beschlossen hatte, zur Einsparung von Kosten Musiklehrer so weit wie möglich durch Honorarkräfte zu ersetzen, war der Gitarrist in den Jahren 2011 bis 2014 bei der Stadt aufgrund von Honorarverträgen tätig, wobei der Stundenumfang zwischen sieben und zwölf Unterrichtsstunden pro Woche dem jeweiligen Unterrichtsbedarf angepasst wurde. Es wurde ausdrücklich eine "selbständige Tätigkeit als freier Mitarbeiter" vereinbart. Grundlage für den Unterricht war der Honorarvertrag des Lehrplanwerks des Verbands deutscher Musikschulen.
Sozialgericht bestätigt Sozialversicherungspflicht der DRV
Das Sozialgericht hatte einen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund zunächst bestätigt, mit dem festgestellt worden war, dass ein Gitarrenlehrer an einer städtischen Musikschule in dieser Eigenschaft versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung war. Der 8. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen hatte die Berufung der Stadt gegen das Urteil zurückgewiesen.
LSG: Beschäftigungsverhältnis aufgrund Eingliederung in die Arbeitsorganisation
Das Landessozialgericht hat eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Musikschule und damit ein Beschäftigungsverhältnis bejaht. Der Gitarrenlehrer sei bei seiner Tätigkeit in erheblichem Umfang vertraglichen Vorgaben unterworfen und insbesondere durch die Rahmenlehrpläne gebunden gewesen. Die trotzdem immer noch vorhandene pädagogische Freiheit sei auch bei angestellten Lehrkräften üblich und ändere nichts daran, dass der Gitarrenlehrer als Beschäftigter anzusehen sei. Auch hinsichtlich der Arbeitszeit und des Arbeitsorts sowie der Auswahl der Schüler sei er nicht wie ein typischer Selbstständiger frei gewesen. Zudem habe er kein Unternehmerrisiko getragen, dem gleichwertige unternehmerische Chancen gegenübergestanden hätten.
BSG kippt Entscheidungen der Vorinstanzen
Das Bundessozialgericht hat mit seinem Urteil nun der Stadt als Trägerin einer Musikschule recht gegeben und die Entscheidungen der Vorinstanzen sowie der Deutschen Rentenversicherung Bund aufgehoben. Die Vorinstanzen und die Deutsche Rentenversicherung Bund hatten eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Gitarrenlehrers festgestellt.
BSG: Beachtung des Lehrplanwerks des VdM nicht von Bedeutung
In den Honorarverträgen geregelt war unter anderem, dass der Musiklehrer beim Unterricht das Lehrplanwerk des VdM zu beachten habe. Anders als die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht dieser Pflicht keine Bedeutung beigemessen. Diese Verpflichtung hätte nicht zur Annahme von Versicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung gezwungen.
Gesamtwürdigung des BSG: Scheinselbstständigkeit liegt nicht vor
Entscheidend sei in erster Linie, dass die Beteiligten ein freies Dienstverhältnis vereinbart und gelebt hätten. Dem Lehrplanwerk konnten allenfalls Rahmenvorgaben entnommen werden. Auch weitere Aspekte führten bei einer Gesamtwürdigung nicht dazu, dass entgegen den Vereinbarungen der Beteiligten Sozialversicherungspflicht aufgrund einer Beschäftigung hätte angenommen werden müssen. Zu diesen weiteren Aspekten zählte beispielsweise die Pflicht, die Räumlichkeiten der Musikschule zu nutzen.
Hinweis: BSG, Urteil v. 14.3.2018, B 12 R 3/17 R, Vorinstanz LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 6.7.2016, L 8 R 761/14
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