Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn sie innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage befristet und die Aushilfe bei einem Arbeitsentgelt von mehr als 450 Euro im Monat auch nicht berufsmäßig beschäftigt ist. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben in den Geringfügigkeits-Richtlinien geregelt, wie zwischen den Zeitgrenzen zu differenzieren ist. Dieser Auslegung widerspricht das BSG jetzt.
Bisherige Auslegung der Sozialversicherung zu den Zeitgrenzen kurzfristiger Beschäftigungen
In den Geringfügigkeits-Richtlinien (aktuelle Fassung vom 21. November 2018) haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung die jeweilige Anwendung des Zeitraums von drei Monaten und des Zeitraums von 70 Arbeitstagen davon anhängig gemacht, an wie vielen Tagen die Aushilfe pro Woche arbeitet. Von dem Drei-Monats-Zeitraum ist dann auszugehen, wenn die Beschäftigung an mindestens fünf Tagen pro Woche ausgeübt wird. Bei einem wöchentlichen Arbeitseinsatz unter fünf Tagen ist eine Beschäftigung dann kurzfristig, wenn sie nicht länger als 70 Arbeitstage dauert.
Urteil des BSG zu den Zeitgrenzen für eine kurzfristige Beschäftigung
Das BSG hat sich erstmals in seiner Entscheidung vom 24. November 2020 (B 12 KR 34/19 R) damit auseinandergesetzt, wie die in § 8 Absatz 1 Nummer 2 SGB IV genannten unterschiedlichen Zeitgrenzen für eine kurzfristige Beschäftigung auszulegen sind. Hierbei kam es zu dem Ergebnis, dass die Zeitgrenze von drei Monaten und die Zeitgrenze von 70 Arbeitstagen gleichwertige Alternativen zur Begründung einer kurzfristigen Beschäftigung sind und eine Differenzierung nach Wochenarbeitstagen nicht erfolgen darf.
Beurteilter Sachverhalt
Beurteilt wurde eine Beschäftigung aus dem Jahre 2010, in dem noch die alten Zeitgrenzen von zwei Monaten oder 50 Arbeitstagen galten. Im Ergebnis hat das BSG entschieden, dass eine Aushilfe, die in der Zeit vom 1. Juli 2010 bis 7. September 2010 an fünf Tagen in der Woche gearbeitet hat, kurzfristig beschäftigt war, weil sie mit 49 Arbeitstagen nicht mehr als 50 Arbeitstage eingesetzt wurde.
Entscheidungsgründe des BSG
Das BSG hat die Rechtsgrundlage systematisch analysiert und stellte fest, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes die beiden Alternativen der nach Monaten oder nach Arbeitstagen berechneten zeitlichen Begrenzung ohne weitere Einschränkung gleichwertig nebeneinander stehen. Auch entgegen der herrschenden, aber weitgehend nicht begründeten Meinung in der Literatur sowie in Kommentierungen ist bei einer an mindestens fünf Tagen in der Woche ausgeübten Beschäftigung nicht allein auf die Monats-Regelung abzustellen. Den Geringfügigkeits-Richtlinien kommt zudem keine die Gerichte bindende Wirkung zu. Darüber hinaus bestätigen teleologische sowie systematische Gesichtspunkte die Interpretation nach dem Wortlaut des Gesetzes. Auch die Gesetzeshistorie und die Rechtsprechung liefern keine Argumente für die unterschiedliche Behandlung der Zeitgrenzen.
Was bedeutet die Entscheidung für heute zu beurteilende Beschäftigungen?
Befristete Beschäftigungen sind ab sofort unter Beachtung des vom BSG aufgestellten Grundsatzes, dass die Zeitgrenzen gleichwertig sind, zu beurteilen. Insofern sind Beschäftigungen unabhängig von der Anzahl der Arbeitstage pro Woche immer auch kurzfristig, wenn sie zwar länger als drei Monate, aber nicht länger als 70 Arbeitstage im laufenden Kalenderjahr ausgeübt werden. Das gilt natürlich gleichermaßen, wenn eine Beschäftigung mehr als 70 Arbeitstage, aber nicht länger als drei Monate dauert. In der Zeit vom 1. März 2021 bis 31. Oktober 2021 wurden die Zeitgrenzen auf vier Monate oder 102 Arbeitstage angehoben. Eine berufsmäßige Beschäftigung mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von mehr als 450 Euro schließt die kurzfristige Beschäftigung nach wie vor aus.
Überarbeitung der Geringfügigkeits-Richtlinien
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben sich bereits darauf verständigt, dem Urteil des BSG zu folgen. Die Geringfügigkeits-Richtlinien sollen zeitnah überarbeitet werden.
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