Rz. 22
Der für den Bereich des Bundes und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltende TVöD und der für die Länder geltende Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sehen für den Fall, dass bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil verbleibt, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, vor, dass dieser auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet wird; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben nach § 26 Abs. 1 Satz 6 2. Halbsatz TVöD/TV-L unberücksichtigt, d. h. sie werden abgerundet. Dies betrifft sowohl den Teilurlaub als auch den Vollurlaub. Beim Vollurlaub ist die tarifliche Regelung, soweit die Voraussetzungen für eine Aufrundung vorliegen, für den Arbeitnehmer günstiger als das BUrlG (s. Rz. 21). Soweit es zu einer Abrundung kommt, ist die Regelung ungünstiger. Falls durch die Abrundung allerdings der gesetzliche Mindesturlaub beeinträchtigt wird, muss sie unterbleiben, da von § 3 Abs. 1 BUrlG nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf, § 13 Abs. 1 BUrlG. Beim Teilurlaub entspricht die Aufrundung § 5 Abs. 2 BUrlG. Die Abrundung ist hier für den Arbeitnehmer ungünstiger als die gesetzliche Regelung. Eine Abweichung von § 5 Abs. 2 BUrlG für den Bereich des übergesetzlichen Urlaubs durch Tarifvertrag ist nach § 13 Abs. 1 BUrlG zulässig.
Rz. 23
Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, erhält der Arbeitnehmer für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des tariflichen Urlaubsanspruchs. Die tarifvertragliche Zwölftelregelung des § 26 Abs. 2 Buchst. b TVöD/TV-L gilt für Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis nicht das ganze Jahr besteht, also erst nach dem 1. Januar beginnt und/oder vor dem 31. Dezember endet. Sie geht über die gesetzliche Regelung hinaus. Insofern kann bei Anwendung der TVöD/TV-L-Regelung der Urlaubsanspruch unter den Mindesturlaubsanspruch des BUrlG sinken, wenn das Arbeitsverhältnis noch in der ersten Jahreshälfte beginnt. In diesem Fall darf die TVöD/TV-L-Regelung nicht angewandt werden, sondern es gilt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach dem BUrlG. Auch wenn das Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte endet und die tarifliche Zwölftelungsregelung dazu führen würde, dass der Urlaubsanspruch unter den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch des BUrlG absinkt, ist sie nicht anzuwenden. Die Regelung des TVöD/TV-L ist damit nur anwendbar, wenn sie tarifliche Urlaubsansprüche betrifft, die die gesetzlichen (Mindest-)Urlaubsansprüche nicht berühren. Deshalb ist in jedem Fall eine Vergleichsberechnung zwischen BUrlG und TVöD/TV-L anzustellen.
Rz. 24
Beispiel
- Ein Arbeitnehmer mit einem tariflichen Gesamturlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen, beginnt am 15.6. sein Arbeitsverhältnis. Sein Urlaubsanspruch nach TVöD beträgt (6/12 =) 15 Arbeitstage. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt jedoch nach Ablauf der Wartezeit 24 Werktage (= 20 Arbeitstage), sodass dem Angestellten ab dem 15.12. 20 Arbeitstage Erholungsurlaub zustehen.
- Der seit 2 Jahren beschäftigte Arbeitnehmer mit einem tariflichen Gesamturlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen schließt mit dem Arbeitgeber einen Auflösungsvertrag mit Beendigung zum 31.7. Sein Urlaubsanspruch nach TVöD beträgt (aufgerundet) 18 Arbeitstage (30 : 12 × 7). Bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte steht dem Arbeitnehmer nach dem BUrlG allerdings der gesamte gesetzliche Jahresurlaub zu. Der Arbeitnehmer hat damit einen Anspruch auf 20 Tage Urlaub.
- Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers mit einem tariflichen Gesamturlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen beginnt am 15.1. und endet durch Auflösungsvertrag zum 15.11. desselben Jahres. Sein tariflicher Urlaubsanspruch beträgt 23 Urlaubstage (30 : 12 × 9 volle Kalendermonate, Februar – Oktober, = 22,5, aufgerundet 23). Der gesetzliche Anspruch beträgt 20 Tage; es bleibt damit beim für den Arbeitnehmer trotz Zwölftelung günstigeren tariflichen Anspruch.