Die Pflichten von Auszubildenden können sich neben den bereits erwähnten vertraglichen Verpflichtungen aus verschiedenen Gesetzen ergeben. Zunächst gibt es einige Vorschriften im BBiG, welche bestimmte Pflichten konkret benennen. Darüber hinaus sieht § 10 Abs. 2 BBiG vor, dass die für Arbeitnehmer geltenden Vorschriften normalerweise auch auf Auszubildende anwendbar sind. Schließlich sehen einzelne arbeitsrechtliche Gesetze vor, dass Auszubildende von ihnen erfasst werden und wiederholen damit gewissermaßen den Normbefehl des § 10 Abs. 2 BBiG.
3.1 Pflichten aus dem BBiG
Zentrale Norm für die Pflichten des Auszubildenden im BBiG ist dessen § 13. Die Vorschrift lautet:
Zitat
Auszubildende haben sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Sie sind insbesondere verpflichtet,
- die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
- an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, für die sie nach § 15 freigestellt werden,
- den Weisungen zu folgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung von Ausbildenden, von Ausbildern oder Ausbilderinnen oder von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden,
- die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten,
- Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
- über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren,
- einen schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis zu führen,
- den Empfang der Vertragsabfassung zu bestätigen.
Im Einzelnen konkretisiert § 13 Satz 2 BBiG typische Pflichten des Auszubildenden, wenn diese auch nicht abschließend sind ("insbesondere"). Auch wenn die Vorschrift viele unbestimmte Rechtsbegriffe ("sorgfältig", "pfleglich") enthält und daher im Einzelfall nicht leicht greifbar ist, sind die in § 13 BBiG normierten Pflichten Inhalt des Ausbildungsvertrags, ohne dass es hierüber einer Vereinbarung bedarf. Es handelt sich um echte Rechtspflichten. Verstöße können daher auch zu einer Kündigung des Ausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 BBiG führen, wobei in den Fällen des § 13 BBiG jedenfalls meist eine vorherige Abmahnung erforderlich sein wird.
3.1.1 Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit
Über allem steht die Pflicht des Auszubildenden, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Die "berufliche Handlungsfähigkeit" ist alleiniges Ziel der Ausbildung und gemäß § 38 Satz 1 BBiG auch einziger Gegenstand der Abschlussprüfung. Die 8 beispielhaft ("insbesondere") erwähnten Pflichten des Satzes 2 sind allesamt lediglich Ausdruck dieses Ziels. Auch wenn die Entscheidung inzwischen gesetzgeberisch überholt ist, hatte das BAG im Jahr 1973 darauf hingewiesen, dass es im Ausbildungsverhältnis nicht nur um Leistung und Gegenleistung, sondern auch um persönlichen Einsatz zur Erreichung des Ausbildungsziels geht:
"Diese Lernverpflichtung (…) beinhaltet nicht zwangsläufig, dass der Auszubildende sich allein während der Arbeitszeit um die Erreichung des Ausbildungszieles zu bemühen brauche. Ein bestimmtes Maß geistiger Bemühungen (z. B. das Lesen von Büchern) wird der Auszubildende notwendigerweise auch außerhalb der Arbeitszeit einsetzen müssen."
Vor diesem Programmsatz sind die übrigen Pflichten des § 13 Satz 2 BBiG zu lesen.
3.1.2 Das Befolgen von Weisungen und ihre ordnungsgemäße Ausführung
Bei den Bestimmungen in § 13 Satz 2 Nr. 1 und 3 BBiG ist zu beachten, dass die Verpflichtung zur sorgfältigen Ausführung einer Aufgabe und zur Befolgung von Weisungen nur gilt, soweit das Direktionsrecht des Ausbildenden und der Ausbildungszweck die erteilte Weisung rechtfertigen. Hier zeigt sich, dass die Pflicht des Auszubildenden nach § 13 Satz 2 Nr. 1 BBiG mit den Pflichten des Ausbildenden nach § 14 Abs. 3 BBiG, wonach dem Auszubildenden nur dem Ausbildungszweck dienende Aufgaben übertragen werden dürfen, die ihren körperlichen Kräften angemessen sind, korrespondiert.
Aufgabe und Weisung
Einer Auszubildenden zur Kfz-Mechatronikerin wird aufgegeben werden dürfen, Reifen an einem Auto zu wechseln. Dies mag auch mehrfach an verschiedenen Modellen geschehen dürfen. Sie kann aber nicht unter Berufung auf § 13 Satz 2 Nr. 1 BBiG verpflichtet werden, im Frühjahr oder im Herbst über Wochen fast ausschließlich Reifen zu wechseln.
Die Sorgfalt, die der Ausbildende erwarten darf, bestimmt sich nach dem Ausbildungsstand des Auszubildenden und danach, was objektiv von einem Auszubildenden erwartet werden kann. Natürlich kommt es auch hier wieder darauf an, wie der Ausbildende seiner Verpflichtung nachgekommen ist, den Auszubildenden entsprechend anzuleiten.
§ 13 Satz 2 Nr. 3 BBiG enthält ferner den Hinweis, dass nicht jeder Beschäftigte des Betriebs dem Auszubildenden Weisungen erteilen darf. Der Personenkreis ist trotzdem sehr unscharf ("andere weisungsberechtigte Personen") und sollte Auszubildende nicht dazu verleiten, nur Weisungen ihres Ausbilders zu beachten.