Rz. 157e
Hat der Stpfl. keine erste Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 EStG und muss er dauerhaft denselben Ort (Sammelpunkt) oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufsuchen, sind nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG die Regelungen über die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte entsprechend anzuwenden (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG), d. h. in diesen Fällen gilt ausschließlich die Entfernungspauschale. Auch die Wege von der vom Sammelpunkt weiter entfernten Wohnung können als Werbungskosten zu berücksichtigen sein, wenn diese Wohnung der Lebensmittelpunkt des Stpfl. ist (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 i. V. m. Nr. 4 S. 6 EStG). Dies gilt auch dann, wenn die Fahrten an einer näher zum Arbeitsplatz gelegenen Wohnung des Arbeitnehmers unterbrochen werden.
Ein Tätigwerden in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder bei einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten auszuüben hat. Eine entsprechende Verpflichtung des Stpfl. kann sich aus dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen und den diese ausfüllende Absprachen und Weisungen ergeben. Durch das Merkmal "typischerweise arbeitstäglich" wird klargestellt, dass die vorgesehene Regelung lediglich für die Berufsgruppen gilt, die im Normalfall arbeitstäglich z. B. an einem vom Arbeitgeber festgelegten Ort ein Fahrzeug in Empfang nehmen oder dort im Rahmen der Sammelbeförderung abgeholt werden. Ein "typischerweise arbeitstägliches" Aufsuchen erfordert kein ausnahmsloses Aufsuchen des vom Arbeitgeber festgelegten Orts oder Gebiets an sämtlichen Arbeitstagen des Arbeitnehmers. Typischerweise meint "in der Regel üblich", "im Normalfall". Das Gesetz setzt gerade kein ausnahmsloses Aufsuchen an sämtlichen Arbeitstagen voraus. Für die Frage, ob der Arbeitnehmer denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet aufgrund der Weisung des Arbeitgebers "dauerhaft" aufzusuchen hat, ist die Legaldefinition in § 9 Abs. 4 S. 3 EStG entsprechend heranzuziehen.
Hier muss zumindest eine vom Arbeitgeber festgelegte Fläche, innerhalb der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringen soll, festgelegt sein. Dabei reicht ein weiträumiger geografischer Bereich nicht aus. Auf private Fahrgemeinschaften findet § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG keine Anwendung. Ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet kann z. B. für ein zugewiesenes Waldgebiet, Hafengebiet oder einen Zustellbezirk vorliegen. Nicht betroffen sind Bezirksleiter und Vertriebsmitarbeiter, die verschiedene Niederlassungen betreuen oder mobile Pflegekräfte sowie Schornsteinfeger.
Rz. 157f
Hat der Arbeitnehmer das weiträumige Tätigkeitsgebiet stets von ein und demselben Zugang aus zu betreten oder zu befahren, so ist für die Fahrten von der Wohnung bis zu diesem Zugang zu dem weiträumigen Tätigkeitsgebiet die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen. Wird das weiträumige Tätigkeitsgebiet immer von verschiedenen Zugängen aus betreten oder befahren, ist aus Vereinfachungsgründen nur für die Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang die Entfernungspauschale zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG); für die Fahrten von diesem nächstgelegenen Zugang zu den weiter entfernten Zugängen können hingegen die tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden. Dieses Ergebnis wird in der Literatur zum Teil als Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip gesehen. Denn der Stpfl. könne sich nicht auf die Fahrtsituation einstellen und den individuell besten Weg wählen, weil er nicht jeden Tag diesen Zugang anfährt. Aus diesem Grunde könne der Stpfl., sofern er einen weiter entfernten Zugang wählt, die tatsächlichen Kosten für die Gesamtstrecke von der Wohnung aus ansetzen. Von der Vereinfachung in § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 3 EStG sind z. B. Arbeitnehmer betroffen, die in einem Hafengebiet tätig sind, Schornsteinfeger, Forstarbeiter oder Briefzusteller. Für alle Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets sind die tatsächlichen Aufwendungen zu berücksichtigen oder der sich am BRKG orientierende maßgebliche pauschale Kilometersatz.
Eine "erste Tätigkeitsstätte" eines Werksbahn-Lokführers besteht auch dann, wenn die betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers über ein Schienennetz verbunden sind, ohne dass die übrigen Einrichtungen für sich bereits direkt örtlich aneinander grenzen.