Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeit
Leitsatz (amtlich)
Die Entscheidung einer Bank, im Interesse der Kundennähe in Zukunft auf allen Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt den Teilzeitbegehren der Mitarbeiter nicht mehr stattzugeben, stellt allein keinen entgegenstehenden „betrieblichen Grund” i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG dar.
Je näher das behauptete unternehmerische Konzept an die Entscheidung, keine Teilzeitbeschäftigung zuzulassen, heranrückt, um so höher sind die Anforderungen an die Darlegung dieses Konzepts.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Urteil vom 23.06.2005; Aktenzeichen 3 Ca 273/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 23.06.2005 – 3 Ca 273/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die von der Klägerin beantragte Reduzierung der Arbeitszeit.
Die Klägerin ist am 12.06.1973 geboren, verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Sie hat Elternzeit in Anspruch genommen bis zum 07.02.2005. Zur Zeit steht für das Kind nur ein Kindergartenplatz bis 14.00 Uhr zur Verfügung. Die Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit August 1994 zunächst als Auszubildende später als Bankangestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Volksbanken und Raiffeisenbanken vom 08.07.2004 Anwendung. Dort heißt es unter § 9 Nr. 5 „Umwandlungswünschen der Arbeitnehmer hinsichtlich ihres Arbeitszeitvolumens ist Rechnung zu tragen, sofern die arbeitsorganisatorischen Gegebenheiten sowie die personelle Situation dies zulassen”. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer. Sie ist hervorgegangen aus diversen Fusionen von Volks- und Raiffeisenbanken. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten beträgt 18 %.
Am 29.11.2004 führte die Klägerin mit der Beklagten ein Gespräch im Rahmen dessen sie mündlich den Antrag stellte, zukünftig in Teilzeit beschäftigt zu werden, nämlich mit der Hälfte der Arbeitszeit. Diesen Antrag bestätigte die Beklagte schriftlich mit Schreiben vom 02.12.2004 und lehnte den Antrag ab. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellte den Antrag mit Schreiben vom 03.12.2004 noch einmal, dieses mal mit genauer Verteilung der beabsichtigten Arbeitszeit. Auch im Hinblick auf dieses Schreiben hat die Beklagte das Teilzeitbegehren der Klägerin abgelehnt mit dem Hinweis auf ein Organisationskonzept, das dem Teilzeitbegehren entgegenstehe.
Mit ihrer seit dem 18.01.2005 beim Arbeitsgericht anhängigen Klage hat die Klägerin die Zustimmung der Beklagten zu einer Reduzierung ihrer vertraglichen Arbeitszeit begehrt.
Sie hat vorgetragen, der mündliche Antrag vom 29.11.2004 entfalte unter Einhaltung der 3-Monatsfrist Wirkung ab dem 29.02.2005. Sie vertrete die Auffassung, dass die tarifvertragliche Regelung über den Geltungsbereich des TzBfG hinausgehe und die Beklagte selbst dann zum Abschluss eines Teilzeitvertrages verpflichte, wenn das von der Beklagten vorgetragene Konzept zutreffend sei. Den von der Beklagten behauptete Beschluss des Vorstandes zum Organisationskonzept bestreite sie mit Nichtwissen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag der Klägerin vom 29.11.2004 auf Reduzierung ihrer vertraglichen Arbeitszeit von 39 auf 20 Wochenstunden ab dem 01.03.2005 zuzustimmen,
hilfsweise
die Beklagte zu verurteilen, dem Antrag der Klägerin vom 08.12.2004 auf Reduzierung ihrer vertraglichen Arbeitszeit von 39 auf 20 Wochenstunden ab dem 08.03.2003 zuzustimmen,
- die Beklagte zu verurteilen, die Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin auf montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr, hilfsweise von 8.45 Uhr bis 12.24 Uhr, hilfsweise von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr festzulegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dem Teilzeitanspruch der Klägerin stünden betriebliche Gründe in Form eines Organisationskonzeptes entgegen. Sie leide seit mehreren Jahren unter dem erheblichen Konkurrenzdruck auf dem Bankenmarkt, der insbesondere von Großbanken und Direktbanken ausgeübt werde. Es habe in der Vergangenheit deshalb diverse Fusionen von Volks- und Raiffeisenbanken gegeben. Die Strategie sei, den Vorteil der Kundennähe auszunutzen. Daher sei im Juli 2003 durch den Vorstand die Entscheidung getroffen worden, auf den kundennahen Arbeitsplätzen nur noch Vollzeitarbeitskräfte zu beschäftigen. Das Konzept bestehe darin, dass aus Gründen der Kundennähe und zur Sicherstellung der Eigenheiten eines genossenschaftlichen Bankwesens sowie der Existenz der Beklagten und in Abgrenzung zu ebenso marktüblichen wie tarifbekannten Verhaltensweisen der Großbanken und Sparkassen Kundenkontinuität und durchgehende Zuständigkeit aller Bankmitarbeiter in volltägiger Beschäftigung stattfinden soll. Das Konzept werde auch durchgesetzt. Es sei zwar richtig, dass es viele Teilzeitfälle gebe. Diese seien aber aufgrund der diversen Verschmelzungen und Betriebsübergänge ererbt. Die Unternehmerentscheidung g...