Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch einer Chemielaborantin im Wechselschichtbetrieb auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit bei möglicher Versetzung in andere Abteilung. Beschäftigungsklage der Arbeitnehmerin bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitgeberin zu entgegenstehenden betrieblichen Gründen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die betrieblichen Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG sind nicht arbeitsplatz-, sondern betriebsbezogen zu bestimmen.

2. Kann eine als Chemielaborantin eingestellte Arbeitnehmerin als solche von der Arbeitgeberin im Wege ihres Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO auch in anderen Abteilungen oder Laboren eingesetzt werden und hat die Arbeitnehmerin sich darauf berufen, dass sie als Chemielaborantin im mikrobiologischen Labor entsprechend ihrem Arbeitszeitwunsch beschäftigt werden kann, reicht der Umstand, dass der Arbeitsplatz in der bisherigen Abteilung (Qualitätssicherung) das Teilzeitbegehren aufgrund des Wechselschichtsystems im Betriebslabor nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit im Schichtbetrieb nicht zulässt, zur Annahme entgegenstehender betrieblicher Gründe im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG nicht aus. Hinsichtlich der Entscheidung, ob betriebliche Gründe dem Teilzeitbegehren entgegenstehen, sind nicht nur freie sondern auch diejenigen Arbeitsplätze einzubeziehen, die die Arbeitgeberin anderen Beschäftigten im mikrobiologischen Labor zugewiesen hat.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 4 S. 1; GewO § 106 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 04.11.2015; Aktenzeichen 4 Ca 888/15)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 04. November 2015 - 4 Ca 888/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verringerung und andere Verteilung ihrer Arbeitszeit.

Die 1986 geborene Klägerin ist aufgrund Arbeitsvertrags vom 25. Februar 2009 (Bl. 19 bis 24. d. A.) seit dem 15. April 2008 bei der Beklagten als Chemielaborantin beschäftigt. Vor Beginn ihrer Elternzeit, die am 09. August 2015 endete, war sie in der Abteilung Qualitätssicherung in einem Wechselschichtsystem nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit im Schichtbetrieb (Bl. 62 bis 67 d. A.) in Vollzeit mit 40 Wochenstunden tätig.

Mit Schreiben vom 24. März 2015 (Bl. 18 d. A.) beantragte die Klägerin, nach Ablauf ihrer Elternzeit ab 10. August 2015 in Teilzeit im Umfang von 20 Wochenstunden mit einer Verteilung der Arbeitszeit auf Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr beschäftigt zu werden. Diesen Teilzeitantrag der Klägerin vom 24. März 2015 lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 06. Mai 2015 (Bl. 17 d. A.) "aus betrieblichen Gründen" ab.

Mit ihrer am 29. Mai 2015 beim Arbeitsgericht Mainz eingereichten Klage verfolgt die Klägerin ihr Teilzeitbegehren weiter.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 04. November 2015 - 4 Ca 888/15 - und die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 10.08.2015 auf 20 Stunden in der Woche und der Verteilung der reduzierten Arbeitszeit auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr von montags bis freitags zuzustimmen und sie dementsprechend ab dem 10.08.2015 zu beschäftigen,

    hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, einer Änderung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages durch Annahme ihres Änderungsangebotes, die wöchentliche Arbeitszeit ab dem 10.08.2015 auf 20 Wochenstunden zu reduzieren und die reduzierte Arbeitszeit von Montag bis Freitag auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu verteilen, anzunehmen und dieser zuzustimmen sowie sie ab dem 10.08.2015 entsprechend zu beschäftigen,

  2. hilfsweise zu 1. die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 10.08.2015 auf 20 Stunden in der Woche in Tagschicht und der Verteilung der reduzierten Arbeitszeit auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr von montags bis freitags zuzustimmen und sie dementsprechend ab dem 10.08.2015 zu beschäftigen,

    hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, einer Änderung des zwischen Arbeitsvertrages durch Annahme ihres Änderungsangebotes, die wöchentliche Arbeitszeit ab dem 10.08.2015 auf 20 Wochenstunden in Tagschicht zu reduzieren und die reduzierte Arbeitszeit von Montag bis Freitag auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu verteilen, anzunehmen und dieser zuzustimmen sowie sie ab dem 10.08.2015 entsprechend zu beschäftigten,

  3. hilfsweise zu 1. und 2. die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung ihrer Arbeitszeit ab dem 10.8.2015 auf 30 Stunden in der Woche und der Verteilung dieser reduzierten Arbeitszeit auf die Zeit von 8:00 bis 14:00 Uhr von montags bis freitags zuzustimmen und sie dementsprechend zu beschäftigen; hilfsweise dasselbe mit einer Arbeitszeit zwischen 20 und 30 Wochenstunden, ...

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