Rz. 11

Die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer zur Festlegung der gesetzlichen Feiertage führt zwangsläufig zu Problemen, wenn sich Wohnort und Beschäftigungsort eines Arbeitnehmers in unterschiedlichen Bundesländern mit unterschiedlichen Feiertagsregelungen befinden. Hier ist zu beachten, dass die Anspruchsgrundlage des § 2 Abs. 1 EFZG nicht zum Inhalt hat, die Religionsausübung zu gewährleisten, sondern nur greift, wenn "die Arbeit infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt". Das bedeutet, dass es auf den Ort ankommt, an dem das Beschäftigungsverbot des § 9 ArbZG gilt, also den konkreten Einsatzort.[1] Damit sind nicht die Feiertagsregelungen des Wohnorts, sondern die des Beschäftigungsorts entscheidend.[2] Setzt der Arbeitgeber aber seinen Arbeitnehmer so ein, dass er, während am Betriebssitz Feiertagsruhe ist, in einem feiertagsfreien Bundesland arbeiten muss, kann eine unzulässige Gesetzesumgehung vorliegen. Steht dem Arbeitgeber grundsätzlich ein Direktionsrecht nach § 106 GewO zu, muss er bei der Ortsbestimmung billiges Ermessen ausüben. Hierbei muss er die betrieblichen Interessen am konkreten Einsatz des Arbeitnehmers gegen dessen, dem Arbeitgeber bekannten persönlichen Interessen abwägen. Dabei kann bei nicht dringendem betrieblichem Interesse am konkreten Einsatz zugunsten des Arbeitnehmers dessen gem. Art. 4 Abs. 2 GG geschütztes Interesse auf freie Religionsausübung i. V. m. § 1 Nr. 2 ArbZG überwiegen. Der Arbeitnehmer ist dann nicht zur Arbeit verpflichtet und hat Anspruch auf Feiertagsvergütung.[3]

Dasselbe gilt, wenn Betriebssitz und Beschäftigungsort sich nicht am selben Ort befinden. Wurde dem Arbeitnehmer ein Arbeitsort in einem Bundesland zugewiesen, in dem ein Feiertag besteht, entfällt seine Arbeitspflicht nach § 9 ArbZG und er hat einen Anspruch aus § 2 EFZG, auch wenn der Betriebssitz in einem Bundesland liegt, in dem an diesem Tag kein Feiertag ist. Im umgekehrten Fall entfällt die Arbeitspflicht nicht gem. § 9 ArbZG; damit greift auch § 2 EFZG nicht.[4] In dieser Situation kann sich eine vergütungspflichtige Arbeitsbefreiung nur aus anderen Anspruchsgrundlagen ergeben.[5]

Gibt es mehrere Beschäftigungsorte, kommt es darauf an, wo der Arbeitnehmer eingesetzt worden wäre, wenn er an dem gesetzlichen Feiertag gearbeitet hätte. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber eine erste Tätigkeitsstätte nach der Reisekostenrechtsreform 2014[6] gem. § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG bestimmt hat, die sich nach "arbeitsrechtlicher Festlegung" (i. d. R. Arbeitsvertrag oder Direktionsrecht nach § 106 GewO) richtet.

Arbeitet der Arbeitnehmer im Homeoffice, ist dies sein Beschäftigungsort, sodass das Feiertagsrecht an seinem Wohnort gilt. Kann er selbst entscheiden, ob er im Homeoffice oder im Betrieb arbeitet und gelten unterschiedliche Feiertagsregelungen an beiden Orten, kann es gegen § 242 BGB verstoßen, wenn sich der Arbeitnehmer den jeweiligen Ort an dem Tag aussucht, an dem Feiertag ist.[7]

Arbeitet ein ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland nach deutschem Recht, richtet sich sein Anspruch auf Entgeltzahlung an Feiertagen nach dem am Beschäftigungsort geltenden Feiertagsrecht. Dagegen hat er keinen Anspruch auf Zahlung von Feiertagen, die zwar in seinem Heimatland, aber nicht am Beschäftigungsort in Deutschland gelten.[8]

Arbeitet ein ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland nach ausländischem Recht (z. B. ein portugiesischer gewerblicher Arbeitnehmer wird von seiner Firma in Portugal für eine gewisse Zeit nach Deutschland entsandt) ist § 2 EFZG nicht anwendbar.[9] § 2 EFZG ist keine Eingriffsnorm i. S. d. Art. 9 Abs. 1 Rom-I-VO.[10] Danach sind "Eingriffsnormen" zwingende Vorschriften, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie auf alle in Betracht kommenden Sachverhalte angewendet werden müssen. Nicht ausreichend ist, dass die betreffende Norm als Arbeitnehmerschutznorm einseitig zwingend und günstiger als die nach dem an sich anwendbaren ausländischen Recht einschlägige Vorschrift ist. Erforderlich ist vielmehr, dass die Vorschrift nicht nur auf den Schutz von Individualinteressen der Arbeitnehmer gerichtet ist, sondern mit ihr zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgt werden. Das im Zusammenhang mit gesetzlichen Feiertagen offenkundige öffentliche Interesse, das auch verfassungsrechtlichen Schutz genießt, wird aber nicht durch § 2 Abs. 1 EFZG, sondern durch das Feiertagsrecht geschützt.[11] § 2 Abs. 1 EFGZ regelt nur das Austauschverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dies genügt nicht.

[1] Feichtinger/Malkmus/Feichtinger/Müller/Müller, EFZG, 1. Aufl. 2012, § 2, Rz. 16 f.
[2] ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, § 2 EFZG, Rz. 5; Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, § 2 EFZG, Rz. 7; HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 769; Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 29.
[3] Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, § 2 EFZG, Rz. 7; Kunz...

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