Rz. 42
Bei gleichartigen Bedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend, quasi als Muster. Dadurch wird der Aufwand bei der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und der Dokumentation bei Gleichartigkeit von Arbeitsplätzen und Tätigkeiten erheblich verringert. Bereits nach § 5 Abs. 2 Satz 2 ArbSchG muss der Arbeitgeber bei gleichartigen Arbeitsbedingungen eine Beurteilung nur einmal vornehmen (Gleichartigkeitsprivileg), weil in diesem Fall die Vermutung eines vergleichbaren Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung berechtigt ist. Das Mutterschutzgesetz kann hier insofern keine eigenständige Verschärfung einführen. Diese Gefährdungsbeurteilungen sind anlassfreie Gefährdungsbeurteilungen nach § 10 Abs. 1.
Lediglich sobald eine Schwangerschaft (oder das Stillen) mitgeteilt wird, muss der Arbeitgeber darauf aufsetzend die spezifischen Gefährdungen konkretisieren und dann eine anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Abs. 2 durchführen.
Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz nach § 10 Abs. 1 Satz 1 MuSchG entfällt, wenn gemäß einer zu diesem Zweck nach § 30 Abs. 4 MuSchG veröffentlichten Regel oder Erkenntnis des Ausschusses für Mutterschutz eine schwangere oder stillende Frau die Tätigkeit nicht ausüben oder einer Arbeitsbedingung nicht ausgesetzt sein darf. Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass für eine Tätigkeit, die ohnehin nicht ausgeübt werden darf, auch keine Gefährdungsbeurteilung von Tätigkeit oder Arbeitsplatz durchgeführt werden muss. Bislang hat der Ausschuss keine entsprechende Mutterschutzregel (MuSchR) erlassen.
Die Regeln des Ausschusses haben eine Vermutungswirkung; der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass bei Einhaltung der Regeln die im Gesetz an ihn gestellten Anforderungen erfüllt sind. Regeln werden als MuSchR auf der Webseite des Ausschusses veröffentlicht.
Der Ausschuss veröffentlicht auch Empfehlungen, die auf gesicherten Erkenntnissen beruhen, aber selber keine Vermutungswirkung besitzen, also nicht rechtsverbindlich sind. Die Abkürzung für diese Empfehlungen lautet MuSchE. Um den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis aktuell zu halten, sollte daher immer das Vorliegen von MuschR oder MuschE geprüft werden.
Rz. 43
Gleichartigkeit ist jedoch die Voraussetzung für die Erleichterung im administrativen Aufwand für den Arbeitgeber. Nicht erforderlich ist eine genaue Gleichheit bzw. Identität. Der Begriff der Gleichartigkeit erfasst auch ähnliche betriebliche Gegebenheiten, sofern sie vergleichbar sind und bei einer summarischen Einschätzung ähnliches Gefährdungspotenzial haben.
Rz. 44
Auch die Benutzung von Standardbeurteilungen für typische Arbeitsbereiche wird nach dieser Vorschrift ermöglicht. Die Arbeitsschutzinstitutionen und Berufsgenossenschaften stellen Beurteilungshilfen zur Verfügung, die insbesondere kleinen und mittleren Betrieben die Handhabung erleichtern sollen. Auch die Einführung von IT-Programmen kann die Administration vereinfachen.