Zusammenfassung
Abbau von Personal ist nicht nur in sog. Krisenzeiten anzutreffen. Auch nach Unternehmenszusammenschlüssen, einem Carve-Out oder in Folge von Restrukturierungen kommt es häufig zu derlei Maßnahmen. Stets ist dabei der Personalbereich in zentraler Funktion mit seinen Kompetenzen gefordert. Im folgenden Beitrag wird ein aktueller Überblick über sog. Transfersozialpläne und den Einsatz des Beschäftigtentransfers als ein Instrument des "sozialverträglichen" Personalabbaus vorgestellt und gibt dem Personalmanagement Einblicke auf wesentliche Erfolgsfaktoren für eine Umsetzung. Gleichzeitig soll das oftmals anzutreffende Informationsdefizit zu diesem Thema behoben werden. Neben der Betrachtung von Funktionen und Aufbau erhalten Unternehmen Vorschläge zur Umsetzung in die Praxis. Finanzierungsaspekte und der Einsatz von Förderinstrumenten werden ebenso behandelt wie die Darstellung spezieller Fälle, wie z. B. die Nutzung von Transfergesellschaften im Rahmen einer betrieblichen Sanierung. Abschließend erfolgt ein Ausblick auf weitere Entwicklungsmöglichkeiten und Erfahrungen aus dem Ausland.
1 Aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt und die Bedeutung des Beschäftigtentransfers
Neben den klassischen Abfindungssozialplan wird vermehrt der Transfersozialplan eingesetzt. Er soll dabei helfen, die zur Verfügung stehenden Mittel so einzusetzen, dass mit den finanziellen Förderleistungen der Bundesagentur für Arbeit insbesondere über das Transferkurzarbeitergeld ein neues Beschäftigungsverhältnis erlangt werden kann. Mit der Einführung von § 2 Abs. 1 SGB III aF hat der Gesetzgeber bereits 1997 versucht, die in Deutschland vorherrschende Sozialplanpraxis der Abfindungsregelungen einzuschränken. Ziel ist es, für die Betriebsparteien Anreize zu schaffen, die Sozialplanmittel für beschäftigungswirksame Maßnahmen einzusetzen und damit den Eintritt wirtschaftlicher Nachteile bereits im Ansatz zu vermeiden und nicht erst die eingetretenen Nachteile durch Abfindungszahlungen auszugleichen.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt vom 27.10.2010 wurden die gesetzlichen Regelungen in einem nächsten Schritt zu den Transferleistungen erstmals umfangreicher modifiziert. Zum 1.4.2012 wurden durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 dann die Bestimmungen zum Transfergeschehen den Bestimmungen zum Kurzarbeitergeld zugeordnet. Ziel der gesetzlichen Maßnahmen war offensichtlich die Rolle der Arbeitsverwaltungen im Beschäftigtentransfer zu stärken z. B. durch die folgenden Regelungen:
- Inanspruchnahme von Beratung der Arbeitsagentur durch die betrieblichen Sozialpartner im Vorfeld ihrer Entscheidungen über den Sozialplan als Voraussetzung der Förderung;
- Kontrolle der Arbeitsagentur über die Angemessenheit der Kosten von Transfermaßnahmen;
- Prüfung der Organisation und Mittelausstattung der Transfergesellschaft durch die Arbeitsagentur;
- verpflichtende Arbeitsuchendmeldung der Betroffenen vor Übergang in die Transfergesellschaft und Verpflichtung der Arbeitsagentur zur Vermittlung während des Transfers (parallel zur entsprechenden Verpflichtung des Arbeitgebers bzw. Transferdienstleisters);
- Erfordernis der Maßnahme- und Trägerzertifizierung von Qualifizierungsmaßnahmen, seit 2012 auch der Trägerzertifizierung der Transfergesellschaften selbst;
- gesteigerte Berichts- und Datenübermittlungspflichten für die Transfergesellschaften mit dem Ziel, eine bessere Datenbasis für Monitoring und Evaluation zu schaffen (z. B. durch Einführung der sog. Transfer-Mappe)
Mit Hochdruck wurde vor einigen Jahren an einer Verlängerung der Kurzarbeiterregelung gearbeitet und umgesetzt. Im Rahmen der COVID-Pandemie wurden diese Regelungen weitergehend modizifiert. Hierdurch konnte der Arbeitsmarkt auch in kritischen Zeiten stabilisiert und den Unternehmen Luft verschafft werden.
Aktuell stellt sich der deutsche Arbeitsmarkt insgesamt zwar so günstig dar wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Arbeitslosenquoten sind so niedrig wie noch nie nach der deutschen Wiedervereinigung, die Zahlen der Erwerbstätigen ebenso wie die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind ebenfalls deutlich gestiegen. Das Schlagwort "Fachkräftemangel" hat dabei ganz deutlich das Thema "Arbeitslosigkeit" aus den Schlagzeilen verdrängt. Schaut man sich die Arbeitsmarktgesetzgebung der letzten Jahre an, so stehen ganz klar andere Themen im Vordergrund.
Betrachtet man diese Rahmenbedingungen, könnte man glauben, dass sich das Personalmanagement also verstärkt mit anderen Themen als Personalabbau, Restrukturierung und damit verbundenen Transfersozialplänen oder dem Thema Qualifizierungsgesellschaften beschäftigen kann. Die aktuellsten Zahlen aus Juni 2018 bestätigen diese Sichtweise auch durchaus, sind die Personen in Transferkurzarbeit doch kontinuierlich gesunken.
Bestand Personen in Transferkurzarbeit
Quelle: https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular.html;jsessionid=239E91460A5C60601F72D4673B134289?nn=1524090&topic_f=kurzarbeit-t
Abb. 1: Bestand ...