Professionelle HR-Kommunikation: Tipps

HR muss mehr kommunizieren – das scheint einleuchtend. Schließlich sollen die Stakeholder für die eigene Arbeitskultur begeistert werden. Damit die Sache nicht zum Blindflug wird, braucht eine professionelle HR-Kommunikation klare Strukturen. 

Der Erfolg unzähliger Initiativen aus dem Personalressort wird zunehmend von deren Kommunikationsfähigkeit abhängig gemacht. Denn angesichts knapper Arbeitskräfte, hoher Fluktuation und wechselwilligen Beschäftigten hängt das Ansehen der Personalverantwortlichen immer stärker davon ab, wie gut ihre Lern-, Bindungs- oder flexiblen Arbeitskonzepte bei den Mitarbeitenden ankommen. Die entscheidende Frage ist also: Sind Personaler in der Lage, ihre Arbeit so zu verändern, dass emotionale Bindung zum Arbeitgeber entstehen kann?

Denn die ist dringend nötig. Erst kürzlich zeichnete der Gallup Engagement Index wieder ein düsteres Bild vom mentalen Zustand vieler Beschäftigter in Deutschland. Die Rede ist von knapp der Hälfte aller Beschäftigten (45 Prozent), die aktuell auf dem Sprung sind. Ein Fünftel gibt an, sich emotional überhaupt nicht mehr gebunden zu fühlen.

HR-Kommunikation entwickelt konsistentes Werte- und Handlungssystem

Ein alarmierendes Zeichen, das Entscheider gern pauschal damit begründen: "Wir kommunizieren zu wenig mit unseren Leuten". Das ist sicher richtig, gestaltet sich in der Praxis aber deutlich komplexer, als es manche Führungskraft ahnt. Schließlich haben Personal-Marketiers, Recruiter, HR Business Partner sowie auch CHROs in den aktuellen Umbruchzeiten ohnehin schon eine stramme Agenda. Sie sind Teil von großen Restrukturierungsprogrammen, sollen schnell bestehende Arbeitskulturen verändern und sie resilienter machen, ihre Employer Brand einer Verjüngungskur unterziehen und auch noch dafür sorgen, dass sich die unterschiedlichen Generationen im Unternehmen nicht gegenseitig an die Kehle gehen. Nun also auch noch überlegen, wen man wann, wie und wo ansprechen soll?

Erschwerend kommt hinzu, dass jede HR-Disziplin  dabei ihr eigenes Süppchen kocht, um am Ende schließlich festzustellen, dass möglicherweise die gemeinsame Kommunikationsbasis fehlt. Die Folge: Ein Abstimmungs-Marathon zwischen den Abteilungen, den niemand will. Dieser Flickenteppich der Zuständigkeiten ist genau das Gegenteil dessen, was HR-Kommunikation eigentlich erreichen soll: Die Entwicklung eines konsistenten Werte- und Handlungssystems, um über Dialoge die Beziehungen zu den internen Stakeholdern aufzubauen bzw. zu festigen.

Kommunikative Kompetenzen sind gefragt

Hinzu kommt: Auch die arbeitsrechtlichen Ausbildungswege vieler Personaler sind nicht gerade hilfreich für eine adressatengerechte Dialogführung. Denn ihr Job ist traditionell so angelegt, die richtigen Talente auf die richtige Stelle zu befördern, aber nicht, unzufriedene Mitarbeitende bei Laune zu halten. Daher rührt die programmatische, in Teilen formaljuristische Vorgehensweise von HR, wenn es darum geht, die Stakeholder zu erreichen. Sie denken absenderorientiert. In der Kommunikation geht es allerdings immer darum, vom Schoß des Adressaten und dessen Gefühlswelt aus zu denken und zu handeln. Wer das ignoriert, darf sich über den diffusen kommunikativen Hürdenlauf durch die Instanzen nicht wundern.

Sechs Kriterien für eine professionelle HR-Kommunikation

1. Verstehen, wie die Mitarbeitenden ticken und wie sie arbeiten möchten

Wer kommuniziert, sollte seine Zielgruppe kennen. Dazu helfen regelmäßige, anonymisierte Mitarbeitendenbefragungen oder auch die Abfrage von Nutzungsdaten bestimmter Kommunikationskanäle (z.B. Mitarbeitenden-Apps oder Intranet). Wie werden mitarbeiterrelevante Inhalte im gesamten Unternehmen generiert und was erwarten die Beschäftigten aktuell von ihrem Job und Arbeitgeber? Dazu gehört auch die Abfrage einschränkender Faktoren, die Mitarbeitende davon abhalten könnten, an Informationen zu gelangen (z.B. technische oder rechtliche Vorgaben, Ressourcen, Unternehmensstruktur).

HR sollte sich auf Basis dieser Erkenntnisse fragen, an welche kommunikativen Regeln und Wege die Mitarbeitenden bislang gewöhnt sind. Die Antworten geben meist schon ein sehr gutes Bild, wie es um die Kommunikationskultur im gesamten Unternehmen bestellt ist. 

2. Kommunikationsziele aus HR-Strategie ableiten

Um programmatische Personalthemen langfristig mit dem Leistungsempfinden der Mitarbeitenden abzugleichen, Wissenssilos zu sprengen und bestenfalls noch Hierarchien abzubauen, sollten Kommunikationsziele als Teil der HR-Strategie bzw. der People Vision verstanden werden. Wer clever ist, verbindet damit gleich auch noch das Selbstverständnis von HR im Unternehmen als eigenes Ziel.

Fragestellungen innerhalb der HR-Strategie können dabei beispielsweise sein: "Wie begeistern wir mehr Frauen für das Top-Management?" Oder: "Wie gut passt unser aktuelles Wissen zum künftigen Bedarf?" In jedem Fall braucht es eine möglichst konkrete Zieldefinition, um die Wirksamkeit der anschließenden Maßnahmen bestimmen zu können.

3. Zielgruppenansprache kritisch überdenken

Wenn es um die Zielgruppen-Segmentierung geht, bleiben Personaler gerne beim Gewohnten. Die Mitarbeitenden werden meist in ein Generationen-Cluster gepresst und gemäß ihrer Altersgruppe angesprochen. Dieser Ansatz gilt als überholt. Karrierewege sind heutzutage vielfältiger, der Stellenwert von Arbeit verändert sich mit den Lebensstationen.

Als gute Orientierungshilfe für die Zielgruppenansprache hat sich mittlerweile die Employee Journey bewährt. Damit orientiert sich der Kommunikationsverlauf am jeweils individuellen Entwicklungspfad der Mitarbeitenden. Die Journey dient als valide kommunikative Schwungscheibe, um gezielt Mitarbeitende in veränderten Lebens/Arbeitssituationen anzusprechen (z.B. Wiedereinstieg von Müttern oder Vätern nach der Elternzeit oder sukzessives Ausscheiden aus dem Unternehmen). In Situationen wie diesen sind Mitarbeitende empfänglich dafür, dass sich der Arbeitgeber gezielt um ihr Wohlbefinden sowie ihre weitere berufliche Entwicklung kümmert. Eine gute Chance für Bindung und echte People Experience.

4. Den richtigen Ton treffen

Sollen Informationen bestimmte Gruppen von Mitarbeitenden auch wirklich erreichen, ist One-size-fits-all nicht die Lösung. Im Gegenteil: Hier ist Kreativität gefragt. Zunächst geht es darum zu verstehen, welche Art der Information vorliegt. Ist sie informativ (z.B. gesetzliche Vorgaben), ist sie qualifizierend (z.B. Weiterbildungsmaßnahme, Job-Rotation) oder sollen die Informationen motivieren (z.B. betriebliche Zusatzleistungen)?

Ebenso wichtig ist es, den Kontext der Information herauszuarbeiten, damit die Betroffenen die Nachricht schnell einordnen und nachvollziehen können. Dabei immer bedenken: Es geht nicht um ellenlange abstrakte Abhandlungen, sondern eher um Mikro-Stories, die eingängig sind, unterhalten und erläutern, warum das Thema gerade jetzt wichtig ist und die volle Aufmerksamkeit braucht. Jede Information an die Mitarbeitenden sollte einen klaren fachlichen und persönlichen Mehrwert aufweisen und bestenfalls mit visuellen Elementen aufgepeppt werden.

5. Interne Unterstützung sichern

Wenn es HR ernst meint mit der Bindung der fähigen Kräfte, gehören Management und Unternehmenskommunikation mit ins Boot. Letztere sorgen dafür, dass die HR-Kommunikation Hand in Hand mit der unternehmensweiten Kommunikationsstrategie geht, und helfen bei der operativen Umsetzung der Kommunikationsmaßnahmen.

Die Senior Executives sind wichtig für die gemeinsame Verständnisbasis, etwa wenn es um die Arbeitseinstellungen zwischen Jung und Alt geht. Hat das Top-Management verstanden, warum es gerade jetzt so wichtig ist, den jungen Nachwuchskräften die Jobs mit mehr Verantwortung schmackhaft zu machen, gibt es bei der Kommunikation künftig weniger Reibungsverluste. Ohnehin gilt bei veränderten Arbeitskonzepten: Handelt das Management nach den neuen Formen und füllt sie mit Leben, wirkt motivierend auf die gesamte Belegschaft.

6. Erfolge messbar machen

Wer kommunikative Ziele in der HR-Strategie verankert und entsprechende Maßnahmen verabschiedet hat, braucht eine Fortschrittskontrolle. Dazu kann es beispielsweise ratsam sein, die interne Resonanz auf Beiträge oder Kampagnen zu einem bestimmten Thematik zu prüfen. Die thematische Durchdringung bei der Zielgruppe ist wichtig.

Für größere Unternehmen mit einem stärkeren Kommunikationsfokus kann auch ein fest etablierter HR Communications Council sinnvoll sein. Das sollte ein interdisziplinäres Team aus Führungskraft, Fachbereich, Kommunikation und HR sein, die gemeinsam den Erfolg einer Maßnahme gewichten.

HR-Kommunikation unterstützt Arbeitsmoral und Mitarbeitendenführung

Die Erfahrung zeigt, dass Arbeitsmoral und Mitarbeitendenführung leiden, wenn HR-Fachleute und Führungskräfte nicht gut kommunizieren. Besonders wenn es um den Umgang mit sensiblen und schwierigen Themen geht, die unter der Oberfläche schwelen, ist kommunikatives Geschick gefragt. Daher gilt: Weg mit übermäßiger Programmierung und Reglementierung in der Kommunikation. Gefragt sind empathische, ehrliche und durchdachte Ansprachen. Denn eine professionelle HR-Kommunikation ist bereits die Antwort auf viele Erwartung der Mitarbeitenden.


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