Pläne zur Aus-und Weiterbildung, Fachkräftesicherung und Digitalisierung
Unternehmen beklagen seit langem den fortschreitenden Fachkräftemangel. Kann ein Einwanderungsgesetz helfen, diesem entgegenzuwirken? Wir haben die Pläne von CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP, Linke und AFD in Bezug auf Fachkräftesicherung und Migration zusammengetragen. Zudem haben wir diesmal die Wahlprogramme der Parteien unter den Aspekten Aus-und Weiterbildung, Digitalisierung, Frauenförderung und Entgelttransparenz unter die Lupe genommen.
Aus-und Weiterbildung: Was die Parteien dazu planen
Die Unionsparteien CDU/CSU wollen eine „Nationale Weiterbildungsstrategie“ auflegen, die gemeinsam mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und zuständigen Stellen erarbeitet wird. Außerdem planen sie, die Anstrengungen in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Weiterbildung grundsätzlich erheblich zu verstärken. Generell bekennt sich die Union zur dualen Ausbildung und will sie weiter stärken. Den Meisterbrief im Handwerk will sie erhalten und seine Bedeutung ebenfalls stärken.
Die SPD strebt an, mit erhöhten Investitionen in Weiterbildung und Qualifizierung auf die veränderten Qualifikationsanforderungen und veränderte Fachkräftebedarfe zu reagieren. Dafür sollen ein Recht auf Weiterbildung eingeführt werden, die Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsversicherung weiterentwickelt und neue Anreize für Weiterbildung geschaffen werden. Dazu gehören insbesondere das sogenannte Arbeitslosengeld Q während der Qualifizierung sowie ein persönliches Erwerbstätigenkonto, das Auszeiten zur Weiterbildung ermöglicht und ein öffentlich finanziertes persönliches Startguthaben bietet. Ferner sollen junge Leute eine Garantie auf einen Ausbildungsplatz erhalten. Die SPD will zudem von Gewerkschaften und Arbeitgebern getragene branchenbezogene Ausbildungsfonds stärken, ebenso die die assistierte Ausbildung, bei der neben den Jugendlichen auch Eltern, Schulen und Unternehmen unterstützt werden, und auch die Teilzeitausbildung. Vorgesehen ist außerdem eine Mindestausbildungsvergütung, eine Ankündigungsfrist für Arbeitgeber, die Azubis nach Abschluss nicht übernehmen wollen, sowie mehr Qualität in der Ausbildung durch ein neues Berufsbildungsgesetz. Dazu gehört laut SPD auch eine regelmäßige Weiterbildung für Ausbilder in Betrieben. Die Praxisphasen der dualen Studiengänge sollen ebenfalls im Berufsbildungsgesetz geregelt werden.
Die Linke fordert, dass Fortbildungsmaßnahmen, die im Interesse der Unternehmen sind, auch von diesen finanziert werden. Alle Beschäftigten sollen zum Zwecke der Weiterbildung einen Rechtsanspruch erhalten, ihre Arbeitszeit zeitweise zu reduzieren oder zeitlich begrenzt ganz aussetzen zu können. Wo Unternehmen Regelungen verweigern, soll eine gesetzliche Verpflichtung greifen: Der Arbeitgeber soll während der Bildungsteilzeit einen teilweisen Lohnausgleich von mindestens 70 Prozent des Nettogehalts und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Der Staat wiederum soll Bildungsteilzeit von Beschäftigten durch eine stärkere Berücksichtigung bei den Renten- und Arbeitslosengeldansprüchen unterstützen. Für Geringverdienende mit Einkommen von 70 Prozent und weniger des Durchschnittslohns einer Branche soll während der Bildungsteilzeit ein vollständiger Lohnausgleich durch staatliche Zuschüsse garantiert werden.
Die Grünen wollen verstärkt in die Qualifizierung und Weiterbildung von Beschäftigten und Arbeitslosen investieren, um sie für Berufe mit Zukunft fit zu machen und ihre Jobchancen zu verbessern. Dazu soll die „Bildungszeit Plus“ eingeführt werden und mit einem Mix aus Zuschuss und Darlehen dafür sorgen, dass Menschen sich vermehrt weiterbilden – auch sozial Schwache.
Die Liberalen wollen ebenfalls Aus- und Weiterbildung stärken – analog zur Exzellenzinitiative bei Universitäten. Dabei soll die Digitalisierung stärker in die Berufsausbildung einfließen. Es soll ein europäisches Austauschprogramm für Azubis geben. Die Weiterbildung von Beschäftigten soll staatlicherseits stärker unterstützt werden. So sollten sinnvolle Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen des bestehenden Budgets der Arbeitsagentur grundsätzlich auch für alle Betriebe mit maximal 50 Prozent gefördert werden. Bei Investitionen in die eigene Weiterbildung soll es Unterstützung geben und zwar ähnlich wie beim Bausparen durch ein einfaches und unbürokratisches Modell für Bildungssparen mit steuerlicher Förderung.
Die AFD will die duale Ausbildung stärken, indem sie dem Streben nach immer höheren Abiturienten- und Akademikerquoten entgegentritt. Im Hinblick auf die berufliche Bildung will sie schon in den Schulen Mint-Fächer stärken, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Außerdem will die Partei die früheren Diplom- und Magisterstudiengänge wiedereinführen.
Fachkräftesicherung und Migration: Was die Parteien dazu planen
Die Union will ein Regelwerk zur Steuerung von Einwanderung in den Arbeitsmarkt einführen, das sich am Bedarf unserer Volkswirtschaft orientiert. Ein solches Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz soll die bereits bestehenden Regelungen zusammenfassen und, wo nötig, effizienter gestalten. Voraussetzung sind der Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes und die Sicherung des Lebensunterhalts. Zudem sollen gegen den Fachkräftemangel junge Menschen zwischen 25 und 35 ohne Abschluss vermehrt nachqualifiziert und die Frauenbeschäftigungsquote erhöht werden.
Die Sozialdemokraten planen ein Einwanderungsgesetz mit Punktesystem nach kanadischem Modell. Dieses soll regeln, wer aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland einwandern darf. Die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte richtet sich dabei nach den Interessen Deutschlands. Auch die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt soll dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Zudem fordert die SPD ein regionales Fachkräftemonitoring, sowie Innovations- und Beratungszentren für Unternehmen zum Thema Arbeiten 4.0. Die Ausbildung ebenso wie das Erststudium bis zum Master und zur Meister- und Technikerprüfung sollen generell gebührenfrei werden.
Die Linke lehnt Quoten, Kontingente und Punktesysteme zur Regelung der Einwanderung ab. Geflüchtete sollen generell bereits nach drei Monaten in Deutschland eine Arbeitserlaubnis bekommen. Dem Fachkräftemangel soll insbesondere durch faire Löhne entgegengewirkt werden.
Die Grünen wollen ein Einwanderungsgesetz und außerdem auch die Einrichtung eines eigenständigen Einwanderungs- und Integrationsministeriums. Das Einwanderungsgesetz soll Fachkräften ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche ermöglichen und eine Einwanderungsquote mit Punktesystem definieren. Ein „Spurwechsel“ zwischen Asyl- und Einwanderungsrecht soll künftig möglich sein. Die Partei strebt ferner eine bundesweite Fachkräfteallianz zwischen Staat und Wirtschaft zur Stärkung des Handwerks, an.
Die FDP will eine leistungsorientierte Förderung von mindestens 15 Prozent der Studierenden mit Stipendien einführen, um mehr Fachkräfte zu generieren. Zudem sehen die Liberalen ein Einwanderungsgesetz vor, welches das bestehende Blue-Card-System auf Basis bereits geschlossener Arbeitsverträge weiterentwickelt, aber auch ein Punktesystem mit sich bringt. Die Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse soll, so fordert die FDP, künftig schneller erfolgen. Ferner wollen die Liberalen auch den internationalen Fachkräfteaustausch zwischen und innerhalb von Unternehmen durch Visa-Erleichterungen entbürokratisieren und ausweiten.
Die AFD will dauerhafte Einwanderung nach Deutschland generell nur noch nach Bedarf zulassen.
Frauenförderung und Entgelttransparenz: Was die Parteien dazu planen
Die Union wünscht sich mehr Frauen in Führungspositionen. Dazu will sie an der bestehenden Frauenquote für Aufsichtsräte in großen Konzernen festhalten, aber die Frauenförderung noch weiter ausbauen -speziell auch bei den Leitungsfunktionen im öffentlichen Dienst. Auch am Entgelttransparenzgesetz will sie festhalten, es allerdings eventuell nach einer ersten Evaluierung in Zusammenarbeit mit Sozialpartnern anpassen.
Nach Ansicht der Sozialdemokraten soll die gesetzliche Frauenquote, und zwar im Sinne eines 50-Prozent-Anteils, deutlich ausgeweitet werden – auf alle Unternehmen, auf Körperschaften des öffentlichen Rechts wie die Sozialversicherungen – und zwar auf alle Gremien wie Vorstände und Aufsichtsräte. Zudem soll ein eigenes Gleichstellungsgesetz die Berufs-und Aufstiegschancen von Frauen in der Privatwirtschaft verbessern. Die SPD will ferner das bestehende Transparenzgesetz zu einem Entgeltgleichheitsgesetz mit Verbandsklagerecht weiterentwickeln. Das Ehegattensplitting soll durch einen Familientarif mit Kinderbonus abgelöst werden.
Die Linke fordert eine verbindliche Frauenquote von 50 Prozent für alle Aufsichtsräte sowie für die Vorstände aller Unternehmen und außerdem ein verbindliches Entgeltgleichheitsgesetz samt Verbandsklagerecht. Das Ehegattensplitting soll durch familienfreundliche Steuermodelle ersetzt werden, bei denen das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum zwischen den Eheleuten oder Lebenspartnern frei übertragbar sein soll.
Die Grünen streben ein wirksames Entgeltgleichheitsgesetz an, das auch in Kleinbetrieben greift. Ein Lohncheck soll aufdecken, ob Frauen ungleich bezahlt werden. Tarifpartner und Arbeitgeber sollen verpflichtet werden, tarifliche und nichttarifliche Lohnstrukturen auf Diskriminierung zu überprüfen. Es soll ein wirksames Verbandsklagerecht für Fälle struktureller Benachteiligungen geben. Das aktuelle Quotengesetz soll mit erhöhter 50-Prozent-Frauenquote auf alle rund 3500 börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen ausgeweitet werden. Das Ehegattensplitting indes soll abgeschafft werden.
Die FDP möchte flexible Angebote zur Kinderbetreuung, auch in Betrieben, fördern. Die Steuerklasse V hingegen soll abgeschafft werden – sie diene nicht der Gleichberechtigung. Flexibilisierung bei Arbeitszeit und Arbeitsort soll Frauen den beruflichen Aufstieg erleichtern. Eine gesetzliche Frauenquote indes lehnen die Liberalen ab, wollen Betrieben aber verbindliche Berichtspflichten zu diesem Thema auferlegen Das Splittingverfahren für Ehe- und eingetragene Lebenspartnerschaften soll grundsätzlich beibehalten werden.
Die AFD lehnt Frauenquotenregelungen ab und ebenso Gender-Studies. Die Partei hält zudem den „Equal Pay Day“ und „geschlechterneutrale Sprache“ für Propagandamaßnahmen einer verfehlten Gender-Ideologie. Eltern soll es im Anschluss an die Kinderbetreuungspause ohne große Hürden möglich sein, ihren Beruf wieder aufzunehmen. Die AFD will ein Familiensplitting einführen.
Digitalisierung: Was die Parteien dazu planen
Die Christdemokraten und Christsozialen wollen die neue Position eines Staatsministers für Digitalpolitik einführen und außerdem einen Kabinettsausschuss für Digitalpolitik sowie einen nationalen Digitalrat. Angepeilt wird „superschnelles Internet“ in allen Regionen mit flächendeckendem Glasfasernetz und einem raschem Ausbau von 5G-Mobilfunknetzen. Die Union plant ferner ein elektronisches Bürgerportal und ein elektronisches Bürgerkonto – praktisch alle Verwaltungsdienstleistungen deutschlandweit sollen künftig darüber elektronisch verfügbar sein. Nicht zuletzt will man deutsche Onlineplattformen gezielt fördern und einen einfachen Datentransfer für Nutzer zwischen verschiedenen Plattformen rechtlich sicherstellen.
Die SPD betrachtet es als politische Aufgabe, die Digitalisierung unserer Arbeitswelt zu gestalten. Sie will in schnelle Glasfaserverbindungen investieren, die überall in Deutschland schnelles Internet ermöglichen und tritt ein für Netzneutralität. Kleine und mittlere Unternehmen sollen für digitale Ausrüstung einen Zuschuss erhalten, wenn sie sich zuvor beraten lassen und ein Digitalisierungskonzept vorlegen. Die SPD will eine rasche Digitalisierung in der Verwaltung. Alle öffentlichen Einrichtungen sollen zudem offene und kostenfreie W-Lan-Hotspots bereitstellen. Ferner fordert die SPD eine Ausbildungsstrategie für die Arbeitswelt 4.0, um mit Veränderungen der Digitalisierungen Schritt zu halten.
Die Linke fordert im Zusammenhang mit der Digitalisierung, dass sogenanntes Crowdworking auf EU-Ebene massiv reguliert werden soll, damit Mindestlöhne, Arbeitszeitregulierung, Sozialversicherung, Rentenversicherung, Besteuerung und so weiter weder ausgehöhlt noch umgangen werden können. Bei Crowdworking-Plattformen sollen sowohl die Betreiber als auch die Auftraggeber an der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme paritätisch beteiligt werden.
Die Grünen wollen den digitalen Wandel aktiv gestalten und sehen darin Chancen für neue, gute Jobs in neuen Arbeitsfeldern, die auch gefördert werden sollen. Sie wollen zudem den Ausbau von schnellem Internet beschleunigen, indem sie zehn Milliarden Euro in den Breitbandausbau investieren. Dafür sollen Telekom-Anteile des Bundes veräußert werden. Crowd- und Clickworking-Plattformen sollen reguliert werden.
Die Liberalen wollen ein eigenes Digitalministerium, ein flächendeckendes Glasfasernetz und rechtliche Erleichterungen für Betreiber öffentlicher W-Lan- Hotspots. Der Personalausweis soll zum allgemeinen und praktikablen Identifizierungsinstrument in der digitalen Welt weiterentwickelt werden, besonders im Kontakt mit Behörden. Ferner fordert die FDP eine Open-Data- und Open-Government-Strategie: nicht-unternehmensbezogene und nicht-personenbezogene Daten der Verwaltung sollen in maschinenlesbarer Form veröffentlicht und frei zugänglich gemacht werden. Zudem setzt sie sich für Netzneutralität ein.
Die AFD will alle Haushalte und insbesondere alle kleinen und mittelständischen Betriebe – unabhängig davon, ob diese sich in urbanen Räumen oder sich in ländlichen Regionen befinden – innerhalb von zwei Jahren an schnelle Breitbandnetze anschließen.
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