Mindestlohn, Mitbestimmung, Datenschutz: Das planen die Parteien
Ab Mai 2018 gilt die neue EU-Datenschutzgrundverordnung. Zum Beschäftigtendatenschutz enthalten die Vorschriften jedoch keine expliziten Regelungen. Bleibt die Frage: Wie wollen CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP, Linke oder AFD künftig damit umgehen? Auch zum Mindestlohn, Arbeitsschutz oder zum großen Thema Mitbestimmung haben wir die – teils vagen – Vorhaben der Parteien mit der größten Aussicht auf einen Einzug in den Bundestag zusammengetragen.
Datenschutz: Was die Parteien dazu planen
Die Christdemokraten und Christsozialen zeigen keine explizite Programmatik beim Beschäftigtendatenschutz. Allerdings wollen sie grundsätzlich ein neues Datengesetz auf Basis der Datenschutzgrundverordnung.
Die SPD möchte ein Beschäftigtendatenschutzgesetz schaffen. Klare Vorgaben sollen regeln, welche Daten zu welchem Zweck und zu welchen Bedingungen im Unternehmen verarbeitet werden dürfen. Die Ressourcen der Betriebsräte bei der Einführung von IT-Systemen und Software sollen gestärkt werden, damit sie eine umfassende Verhaltens- und Leistungskontrolle effektiv verhindern können.
Die Linke will das Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung für Beschäftigte stärken. Arbeitgeber dürfen nur Daten abspeichern, die für die Erfüllung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. Einer Überwachung von Mitarbeitern durch Video, Detektive oder des E-Mail-Verkehrs will die Linke entgegentreten.
Gemäß den Grünen soll ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz geschaffen werden, das Mitarbeiter vor umfassender Leistungskontrolle schützt. Der Datenschutz soll grundsätzlich ausgeweitet werden.
Die FDP sagt zum Beschäftigtendatenschutz nichts, will jedoch grundsätzlich Datenschutz bei Datenauslagerung in die USA besser sichern und an EU-Niveau annähern. Dies soll erfolgen, indem das Thema in Freihandelsabkommen wie TTIP mit aufgenommen und geregelt wird.
Die AFD äußert sich in ihrem Programm nicht zum Beschäftigtendatenschutz.
Mitbestimmung: Was die Parteien dazu planen
Die Union will grundsätzlich gesetzliche Regelungen so ausgestalten, dass zusätzliche Flexibilität, Spielräume und Experimentierräume für Unternehmen entstehen, für die ein Tarifvertrag gilt oder angewendet wird, oder wo eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat erfolgt – wie schon beim Entgelttransparenz-Gesetz verwirklicht.
Für die Sozialdemokraten lautet das Leitprinzip: "Mitbestimmung auf Augenhöhe". Die SPD will den Schwellenwert für die Geltung der paritätischen Mitbestimmung auf 1.000 Beschäftigte senken. Beschäftigung jenseits der Kernbelegschaften soll künftig systematisch bei den Schwellenwerten für die Drittel- und die paritätische Mitbestimmung berücksichtigt werden. Das deutsche Mitbestimmungsrecht soll zudem auch auf Unternehmen in ausländischer Rechtsform mit Sitz in Deutschland sowie auf die deutsche Zweigniederlassung Anwendung finden. Die SPD strebt ferner auf der deutschen und europäischen Ebene die Schließung von Schlupflöchern bei der Mitbestimmung an, insbesondere bei der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Demnach soll die Mitbestimmung in einer SE neu verhandelt werden müssen, wenn die Zahl der Beschäftigten in Deutschland über die Schwellenwerte der deutschen Mitbestimmungsgesetze steigt. Ferner will man das Drittelbeteiligungsgesetz an die Regelungen zur Konzernanrechnung im Mitbestimmungsgesetz und hinsichtlich der Erfassung der Kapitalgesellschaft & Co. KG im Mitbestimmungsgesetz anpassen.
Betriebsräte sollen mehr Mitwirkungsrechte beim Thema Weiterbildung und Qualifizierung bekommen – etwa durch Ausbau des bestehenden Vorschlags- und Beratungsrechts zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung sowie durch ein generelles Initiativrecht auf die Einführung betrieblicher Berufsbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die systematische Behinderung von Betriebsratswahlen und der Arbeit von Betriebsräten soll als Offizialdelikt konsequent verfolgt werden. Dazu und auch für sonstige Verstöße gegen das Arbeitsrecht sollen entsprechende Schwerpunktstaatsanwaltschaften geschaffen werden. Die Reichweite der betrieblichen Mitbestimmung soll durch eine weitere Vereinfachung des Wahlverfahrens erhöht werden. Der besondere Kündigungsschutz für die Initiatoren einer Betriebsratswahl soll verbessert werden. Die Mitbestimmungsrechte beim Einsatz von Fremdbeschäftigung, etwa bei Werkverträgen, sollen gestärkt werden. Gewerkschaftliche Vertrauensleute in Betrieben sollen als sogenannte Whistleblower besonderen Schutz erhalten.
Nach dem Willen der Linken sollen Betriebs- und Personalräte ein erzwingbares Mitbestimmungs- und Vetorecht bei der Arbeitsmenge, Arbeitsorganisation und Personalbemessung, also bei Personal- und Stellenplänen, erhalten. Angestrebt wird zudem ein umfassendes Verbandsklagerecht für Gewerkschaften zur Einhaltung von Tarifverträgen und gesetzlichen Bestimmungen. Gewerkschaften sollen außerdem auch das Recht zu Kollektivbeschwerden nach dem Protokoll der Europäischen Sozialcharta bekommen. Das Tarifeinheitsgesetz soll wieder abgeschafft und das im Grundgesetz verankerte Streikrecht ausgeweitet werden. So sollen Solidaritätsstreiks mit Beschäftigten anderer Betriebe und Branchen und politische Streiks zur Durchsetzung sozialer Verbesserungen und zur Verteidigung von Demokratie und Frieden ins Streikrecht eingeschlossen werden. Streichen will die Linke den Antistreikparagraphen § 160 SGB III. Das vereinfachte Wahlverfahren für Betriebsräte soll für alle Unternehmen verbindlich werden. Alle Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten, die keinen Betriebsrat haben, sollen jährliche Mitarbeiterversammlungen durchführen müssen, auf denen Gewerkschaften über das Betriebsverfassungsgesetz informieren. Der Kündigungsschutz soll auf alle Organe der Betriebsverfassung ausgeweitet und ab dem Zeitpunkt der Bewerbung für eine Betriebsratswahl von zwölf auf 24 Monate verlängert werden. Die Freistellungen von Betriebsräten im Verhältnis zu den Mitarbeiterzahlen sollen deutlich angehoben werden. Verstöße gegen Betriebsverfassungsgesetz, insbesondere die Behinderung der Bildung eines Betriebsrats, sollen strafrechtlich schärfer verfolgt werden. Es soll ferner ein zentrales Melderegister geschaffen werden, in dem Betriebsratswahlen mit ihrem Verlauf und Ergebnis erfasst werden. Darin sollen auch alle Informationen über Behinderung, Manipulation und Beeinflussung zusammenfließen. Über das Melderegister kann nachvollzogen werden, wie viele Betriebsratswahlen eingeleitet, aber nicht erfolgreich abgeschlossen wurden. Die Verpflichtung der Betriebsräte auf die Wahrung des Betriebsfriedens will man abschaffen. Darüber hinaus sollen Belegschaften im Monat zwei Stunden Beratungszeit während der Arbeitszeit erhalten, um sich über Fragen zur Arbeitsgestaltung und Arbeitszeit austauschen und Initiativen zur Mitbestimmung entwickeln zu können.
Die Grünen wollen stärkere Betriebsräte und diese zudem besser schützen sowie ihre Mitbestimmungsrechte ausbauen – ohne sehr ins Detail zu gehen. Der Schwellenwert für die paritätische Unternehmensmitbestimmung soll auf 1.000 Beschäftigte sinken. Betriebsräte sollen ein Mitbestimmungsrecht über die Arbeitsmenge bekommen und auch Betriebsvereinbarungen zu Vereinbarkeitsfragen verhandeln können.
Die FDP äußert sich in ihrem Programm nicht zur Mitbestimmung, auch das Programm der AFD enthält keine expliziten Pläne zu diesem Thema.
Mindestlohn: Was die Parteien dazu planen
Die CDU/CSU hält grundsätzlich am Mindestlohn fest, will aber weniger Bürokratie insbesondere in der Landwirtschaft und Gastronomie.
Die SPD würde gerne die Ausnahmen beim Mindestlohn für Langzeitarbeitslose abschaffen. Die Ausnahmen für die unter 18-Jährigen sollen bezüglich ihrer Auswirkungen evaluiert und, wo möglich, aufgehoben werden. Die Kontrolle der Einhaltung des Arbeitsrechts soll verbessert und dazu die Finanzkontrolle Schwarzarbeit besser ausgestattet werden.
Die Linke will den gesetzlichen Mindestlohn auf zwölf Euro erhöhen und Ausnahmen abschaffen. Der Pflegemindestlohn soll sogar auf 14,50 Euro erhöht werden. Eingeführt werden sollen auch eine gesetzlich geregelte Mindestausbildungsvergütung, vergleichbar dem gesetzlichen Mindestlohn, sowie branchenspezifische Mindesthonorarregelungen, die bundesweit gelten. Längerfristig wird ein europäischer Mindestlohn angestrebt, der bei 60 Prozent des nationalen Durchschnittslohns liegen soll.
Laut den Grünen soll der Mindestlohn ausnahmslos für alle Angestellten gelten. Eine Erhöhung wird angestrebt. Es soll ferner mehr branchenspezifische Lohnuntergrenzen oberhalb des Mindestlohns geben. Zusätzlich sollen branchenspezifische gesetzliche Mindesthonorare, etwa für Künstler, eingeführt werden.
Die FDP fordert eine Vereinfachung der Dokumentationspflichten beim Mindestlohn. Wie für Langzeitarbeitslose soll es ihren Vorstellungen zufolge auch für Flüchtlinge Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn geben.
Die AFD befürwortet den gesetzlichen Mindestlohn.
Arbeitsschutz: Was die Parteien zur psychischen Belastung planen
Die Union äußert sich in ihrem Programm nicht explizit zum Arbeitsschutz.
Die SPD will ein Recht auf Nichterreichbarkeit schaffen, um Belastungen, die sich mit orts- und zeitflexibler Arbeit verbinden, zu begrenzen. Zur Verringerung der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz soll das Arbeitsschutzrecht um verbindlichere Regelungen erweitert werden. Dies betrifft besonders die wirksamere Umsetzung von Gefährdungsbeurteilungen und den Ausbau der Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte. Die Kontrolle der Einhaltung des Arbeitsschutzes und des Arbeitsrechts soll verbessert werden.
Die Linke möchte den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz ausbauen – samt Arbeitsschutzverordnung zu psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz. Zudem will die Partei ein Recht auf Nichterreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit einführen. Eingeführt werden sollen ferner eine Anti-Stress-Verordnung, wie sie auch von Gewerkschaften gefordert wird, sowie ein individuelles Vetorecht gegen Überlastung. Das Jugendarbeitsschutzgesetz soll verschärft werden. Es soll stärker kontrolliert werden, dass die Arbeitszeiten eingehalten werden und der Arbeitsschutz umgesetzt wird. Die zuständige Gewerbeaufsicht und andere Aufsichtsbehörden sollen mehr Personal erhalten.
Die Grünen streben einen stärkeren Arbeitsschutz an, damit er wirksam vor Stress, Burnout, Mobbing und Entgrenzung der Arbeit bewahrt.
Die Liberalen wollen den Arbeitsschutz für Homeoffice-Arbeitsplätze entbürokratisieren. Im Übrigen sagen sie in ihrem Wahlprogramm nichts zum Arbeitsschutz.
Die AFD äußert sich in ihrem Programm nicht zum Arbeitsschutz.
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