Pläne zu Arbeitszeit, Befristung und Leiharbeit
Ob Kanzlerduell oder Fünfkampf: Kurz vor der Bundestagswahl am 24. September versuchen die Spitzenkandidaten der CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP, Linke oder AfD noch von den eigenen Positionen – so es sie gibt – zu überzeugen. Ein Blick in die Parteiprogramme zeigt: Es wird auch mit vielen für Personaler relevante Themen um die Wählergunst geworben. Doch nicht jede der Parteien, die die größten Chancen auf den Einzug in den Bundestag haben, hat einen klaren Standpunkt dazu.
Arbeitszeit und Arbeitsort: Was die Parteien dazu planen
Die CDU/CSU will das Arbeitszeitrecht so modernisieren, dass die Tarifpartner zusätzliche Spielräume zur Flexibilisierung, wie sie die europäische Arbeitszeitrichtlinie eröffnet, im Rahmen von Tarifverträgen nutzen können. Die Gesamt-Wochenarbeitszeit soll sich dadurch nicht erhöhen. Die Unions-Parteien wollen gemeinsam mit den Tarifpartnern flexible Modelle entwickeln, die es Familien ermöglichen, gemeinsam mehr Zeit miteinander zu verbringen. Es soll geprüft werden, ob im Rahmen von Familien- und Lebensarbeitszeitkonten mehr Spielraum für Familienzeit geschaffen werden kann.
Die SPD beabsichtigt in enger Abstimmung mit Gewerkschaften und Unternehmen, ein Wahlarbeitszeitgesetz einzuführen, in dem Rechtsansprüche der Beschäftigten, finanzielle Unterstützung in bestimmten Lebensphasen und Anreize für die Aushandlung betrieblicher Wahlarbeitskonzepte miteinander verzahnt sind. Damit soll auch eine Regelung für mobiles Arbeit geschaffen werden. Vorgesehen ist, dass die Tarifparteien Vereinbarungen dazu treffen und Arbeitgeber künftig begründen müssen, wenn der Wunsch nach mobiler Arbeit abgelehnt wird. Zudem wollen die Sozialdemokraten Langzeitkonten für Beschäftigte und Betriebe attraktiver machen und die Einführung betriebsübergreifender Langzeitkonten prüfen.
Die Linke möchte die gesetzliche Wochenhöchstarbeitszeit auf 40 Stunden reduzieren. Ausnahmen sollen strikter begrenzt und stärkere Kontrollen durch Arbeitsschutzbehörden und Arbeitnehmervertretungen sollen gesetzlich vorgeschrieben werden. Arbeitgeber sollen verpflichtet werden, alle Arbeitszeiten inklusive Überstunden vollständig zu erfassen und Mehrarbeit mit Zuschlägen oder Freizeitausgleich abzugelten. Dienstreisen und in der Freizeit erbrachte Arbeitsleistungen sollen vollständig als Arbeitszeit angerechnet werden. Ausnahmen von der gesetzlich zulässigen Tageshöchstarbeitszeit und den erforderlichen Ruhezeiten lehnt die Partei ab. Nacht-, Schicht- und Wochenendarbeit sollen strenger reguliert und auf ein unvermeidbares Maß zurückgeführt werden. Wo Schichtarbeit unvermeidbar ist, sollen Arbeitgeber verpflichtet werden, gesundheitlich und sozial verträglichere Modelle zu verwirklichen, etwa durch kürzere Schichtblöcke (maximal drei hintereinanderliegende Schichten). Zudem sollen alle Beschäftigten zweimal in ihrem Berufsleben die Möglichkeit haben, für ein Jahr auszusteigen (Sabbatjahr), verbunden mit einem Rückkehrrecht auf den gleichen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz. Die Sabbatzeiten sollen auch als kleinere Auszeiten von drei bis sechs Monaten genommen werden können. Langfristig werden der Sechs-Stunden-Tag und die 30-Stunden-Woche angestrebt.
Die Grünen wollen eine „flexible Vollzeit“, die es Beschäftigten ermöglicht, freier zu entscheiden, wie innerhalb eines Korridors von 30 bis 40 Stunden ihre persönliche Vollzeit aussieht. Ein Recht auf Homeoffice als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz soll eingeführt werden. Ebenso eine Pflegezeit, die hilft, die Sorge für einen nahestehenden Menschen mit dem Beruf besser zu vereinbaren. Zudem plädiert die Partei für eine „Kinderzeit Plus“, die das Elterngeld ablöst. Es soll demnach möglich werden, auch nach dem ersten Geburtstag des Kindes phasenweise die Arbeitszeit zu reduzieren.
Laut FDP soll das Arbeitszeitgesetz flexibilisiert werden, indem die bisherige Grenze der täglichen Höchstarbeitszeit von acht beziehungsweise zehn Stunden sowie in den nicht sicherheitsrelevanten Bereichen die elfstündige Ruhezeit aufgehoben wird. Stattdessen soll nur die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden festgeschrieben sein – so, wie es auch die Europäische Arbeitszeitrichtlinie vorsieht. Veraltete Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung sollen mobiles Arbeiten nicht mehr einschränken. Der Arbeitsschutz für Homeoffice-Arbeitsplätze soll entbürokratisiert werden. Der öffentliche Dienst als Arbeitgeber soll Mitarbeitern offensiv Möglichkeiten zum Homeoffice gewähren, sofern kein dringender betrieblicher Belang entgegensteht. Generell soll die Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gestärkt werden.
Die AFD hat keine explizite Programmatik zu Arbeitszeit und Arbeitsort.
Befristete Teilzeit: Was die Parteien dazu planen
CDU/CSU wollen zusätzlich zum Rechtsanspruch auf Teilzeit in Betrieben ab einer bestimmten Größe auch einen Anspruch auf befristete Teilzeit schaffen. Diesbezüglich will man zügig mit den Sozialpartnern über Art und Inhalt der Regelung sprechen.
Die SPD will ein Recht einführen, nach einer Phase der freiwilligen Teilzeitarbeit auf die frühere Arbeitszeit zurückzukehren.
Die Linke möchte den bestehenden Rechtsanspruch auf Teilzeit durch ein Rückkehrrecht auf die vorherige vertragliche Arbeitszeit ergänzen. Zudem soll ein Rechtsanspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit geschaffen werden, sofern in dem Unternehmen Arbeit mit der entsprechenden Qualifikation.
Die Grünen wollen Rückkehrrecht auf die ursprüngliche Stundenzahl nach einer Phase der Teilzeit.
FDP und AfD haben keine explizite Programmatik zur befristeten Teilzeit.
Befristungen: Was die Parteien dazu planen
Die Unionsparteien CDU/CSU wollen „offenkundigen Missbrauch“ bei Befristungen bekämpfen und gerade Berufsanfängern bessere Aussichten auf unbefristete Jobs verschaffen.
Die SPD will die sachgrundlose Befristung abschaffen. Sie will zudem die Sachgründe für Befristungen einschränken und die Möglichkeit von Kettenbefristungen begrenzen. Auf öffentliche Arbeitgeber könnten verschärfte Einschränkungen bei Befristungen zukommen.
Laut Linke sollen Befristungen ohne sachlichen Grund abgeschafft werden, ebenso Ausnahmeregeln für Befristungen im wissenschaftlichen Bereich. Zudem sollen Sachgründe strikt beschränkt und Kettenbefristungen verboten werden.
Die Grünen möchten, dass ohne guten sachlichen Grund Jobs nicht mehr befristet werden können.
Die FDP will Befristungen nicht weiter einschränken.
Die AfD hat keine explizite Programmatik zu Befristungen.
Leiharbeit und Werkverträge: Was die Parteien dazu planen
CDU/CSU haben keine explizite Programmatik zu Leiharbeit und Werkverträgen.
Die SPD will, dass Leiharbeit vom ersten Tag an genauso vergütet wird, wie in der Stammbelegschaft. Davon darf nur durch repräsentative Tarifverträge abgewichen werden. Die Koppelung eines Leiharbeitsverhältnisses an einen Arbeitseinsatz (Synchronisation) soll unzulässig sein. Zudem will die Partei die Mitbestimmung der Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen deutlich ausbauen und den Missbrauch von Werkverträgen bekämpfen.
Die Linke will letztlich die Leiharbeit ganz abschaffen und kurzfristig folgende Änderungen erreichen: Leiharbeiter sollen den gleichen Lohn wie Festangestellte plus eine Flexibilitätszulage von zehn Prozent erhalten, der Einsatz von Leiharbeitsbeschäftigten darf maximal drei Monate dauern, danach sind Leiharbeiter im Betrieb zu übernehmen und dürfen nicht gegen andere Leiharbeiter ausgetauscht werden. Der Einsatz von Leiharbeit und die Vergabe von Werkverträgen sollen an die Zustimmung des Betriebsrats und die Einhaltung der im Kernbetrieb gültigen Tarifverträge gebunden werden. Zudem will die Linkspartei den Missbrauch von Werkverträgen durch Scheinwerkverträge wirksam unterbinden durch Umkehr der Beweislast zuungunsten des Arbeitgebers.
Laut Grüne sollten Jobs ohne guten sachlichen Grund nicht mehr befristet werden können. Zudem soll Leiharbeit ab dem ersten Tag gleich bezahlt werden – plus Flexibilitätsprämie. Von Werk- oder Dienstverträgen soll die Leiharbeit klar abgegrenzt werden. Scheinselbständigkeit soll mit rechtssicheren Kriterien unterbunden werden.
Die FDP sieht keinen nennenswerten Missbrauch bei Werkverträgen. Die Liberalen wollen Leiharbeit entbürokratisieren und unnötige gesetzliche Vorschriften zur Überlassungsdauer und Entlohnung abschaffen.
Die AfD fordert eine gesetzliche Obergrenze von 15 Prozent an Beschäftigten mit Leih- oder Werkverträgen in Unternehmen. Leiharbeit soll nach einer sechsmonatigen Beschäftigungszeit einer festen Anstellung gleichgestellt werden. Zeitarbeitsverträge dürfen nur einmal verlängert werden. Sie sollen nur unter festgelegten Bedingungen abgeschlossen werden dürfen.
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