Small-Talk-Coaching für die Karriere


Kolumne Talent Management: Small-Talk-Coaching

Mithilfe eines persönlichen Coachs lässt sich die Selbstoptimierung im Beruf vorantreiben – ein Trend, auf den immer mehr Talente anspringen, meint unser Kolumnist Martin Claßen. Er stellt gleich einmal ein neues Coaching-Angebot mit Trendpotenzial vor.

Viele Talente verlangen heute nach Coaching, um ihre allerletzten Defizite auszumerzen. Im Rahmen des Talent Managements bieten viele Unternehmen mittlerweile individuelles Coaching an, um aus den heutigen und morgigen Stars noch ein ganzes Stück mehr herauszuholen. Aus diesem doppelten Bedarf hat sich ein ständig wachsendes und ausdifferenziertes Coachingangebot entwickelt. Viele Coachs versuchen diese Spezialisierung über ihre persönlichen Vorlieben zu erzielen. Folglich gibt es inzwischen Coaching auf Pferdekoppeln, Coaching beim Bergsteigen, Coaching mittels Kampfsport und weitere Transferversuche aus den unendlichen Freizeitwelten. Zumal es sich beim Coach um eine ungeschützte Berufsbezeichnung handelt wie Detektiv, Kapitän oder Lehrer.

Die Kunst gepflegter Konversation

Der Lerntransfer aus dem Hobbyraum eines Coachs ist meist ein Irrweg. Worum geht es im Talent Management? Um Karriere! Womit werden Karrieren gemacht? Mit Small Talk! Worüber spricht man beim Small Talk? Über alles andere als über das Unternehmen und seine Tätigkeit dort! Beim Small Talk zeigen Talente ihr wahres Können und parlieren über das wirklich Wichtige im Leben, über das Edle und Große, also über Kunst.

Nun haben viele Talente beim Kunstunterricht in der Schule nicht aufgepasst und bei den bemühten Bildungsversuchen ihrer Eltern eine trotzige Lethargie an den Tag gelegt. Solche Defizite stoßen beim Small Talk bitter auf und sorgen für blamable Sprachlosigkeit oder peinliches Halbwissen à la "Habe ich kürzlich bei meinem London-Besuch gesehen, Alberto Giacometti hat die Sixtinische Kapelle bemalt."

Vom Small zum Big Talk

In diese Lücke stößt Deutschlands erster und bislang einziger "Art Coach", Ulrike Lehmann. Sie meint – da muss ich als Sportfan heftig schlucken –, dass Talk über Kunst den Talk über Fußball um Längen schlägt. Sie gibt Talenten bis hinauf auf Vorstandsebene Tipps, wie sie das Thema Kunst geschickt in Gespräche einbinden. Sie erzeugt über Kunst samt der damit eng verbundenen Kreativität und Emotionalität eine wirkungsmächtige Big-Talk-Kompetenz. Nicht nur mitreden sollen ihre Coachees können, zuhören soll man ihnen wollen.

Für zeitbegrenzte Talente, also die allermeisten, wird als Coaching am ehesten das einstündige "Kunst-Speed-Dating" geeignet sein. Da erfährt man in sechzig Minuten mancherlei über die zehn wichtigsten Künstler. Dies muss reichen. Wenn das Gegenüber dann dummerweise über noch unbekannte Newcomer wie Thea Djordjadze aus Georgien oder Imran Qureshi aus Pakistan zu parlieren versucht, zieht man den Small Talk geschickt auf alte Haudegen wie Gerhard Richter und dessen in Kürze anstehende Ausstellung im Dick Institute in Kilmarnock, UK. Denn auch dies muss ein Talent lernen. "Führungskräfte sind gewieft genug", meint die Expertin für Art Coaching, "um auszuweichen, wenn sie keine Ahnung haben."

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.