Datenschutz und Mitbestimmung bei Mitarbeiterbefragungen


Mitarbeiterbefragung: Datenschutz und Mitbestimmung

Datenschutz und betriebliche Mitbestimmung werden manchmal als Hürden bei Mitarbeiterbefragungen gesehen. Tatsächlich aber helfen sie, die Datenerhebung und -analyse so zu gestalten, dass sie bei den Mitarbeitern auf Akzeptanz stößt und damit die Teilnehmerzahl an der Mitarbeiterbefragung steigt.

Was ist unter dem Aspekt des Datenschutzes bei Mitarbeiterbefragungen zu beachten? Werden bei Mitarbeiterumfragen personenbezogene Daten erhoben, bedarf es einer Rechtsgrundlage.

Mögliche Rechtsgrundlagen zum Datenschutz bei Mitarbeiterbefragungen

Zu denken wäre zunächst an § 26 BDSG. Dieser setzt voraus, dass personenbezogene Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden. Wie schon nach altem Recht ist jedoch die Abgabe einer Meinung durch den Arbeitnehmer bzw. Kritik am Arbeitgeber nicht zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich. § 26 BDSG scheidet also als Rechtsgrundlage aus, weil Mitarbeiterbefragungen klassischerweise nicht zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

Von daher könnte man hier allenfalls auf die allgemeinen Regelungen der DSGVO zurückzugreifen, insbesondere auf Art. 6 Abs.1 S. 1 lit. f DSGVO. Dort wird die Datenerhebung für rechtmäßig erklärt, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Nun ist es zwar durchaus im Interesse des Arbeitgebers zu wissen, wie die Stimmung im Unternehmen ist und wie es um die Zufriedenheit der Mitarbeiter steht. Dennoch wiegen die Datenschutzinteressen der Mitarbeiter schwerer. Als Rechtsgrundlage für eine Mitarbeiterbefragung kommt also auch Art. 6 Abs.1 S. 1 lit. f DSGVO nicht in Betracht.

Bleibt noch Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO, der eine Datenerhebung für rechtmäßig erklärt, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zur Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat. Zwar lässt sich § 26 Abs. 2 BDSG entnehmen, dass auch im Beschäftigtenverhältnis trotz des dortigen Über-/Unterordnungsverhältnisses eine Einwilligung als Rechtsgrundlage grundsätzlich in Betracht kommt, doch die Messlatte für eine  rechtswirksame Einwilligung am Arbeitsplatz liegt sehr hoch. Sie müsste unzweifelhaft freiwillig erteilt worden sein. Freiwilligkeit könnte dann unterstellt werden (siehe § 26 Abs. 2 BDSG), wenn die Datenverarbeitung dem Arbeitnehmer nur Vorteile bringt. Bei einer freiwilligen Mitarbeiterbefragung auf Basis einer Einwilligung wird ein Arbeitnehmer aber womöglich negative Konsequenzen erwarten, wenn er seine Einwilligung nicht erteilt oder er zurückverfolgbar Kritik am Unternehmen äußert. Ein unbestreitbarer Vorteil für den Arbeitnehmer ist hier nicht anzunehmen.

Von daher gibt es tatsächlich keine Rechtsgrundlage, mit der die Arbeitnehmer dazu verpflichtet werden könnten, an einer Mitarbeiterbefragung teilzunehmen, bei der personenbezogene Daten erhoben werden.

Anonyme Befragung als Alternative

Es empfiehlt sich daher, Mitarbeiterbefragungen grundsätzlich anonym durchzuführen, sodass keinerlei Rückschlüsse auf den einzelnen Arbeitnehmer möglich sind. Dann werden keine personenbezogenen Daten erhoben und die Befragung unterfällt nicht dem Anwendungsbereich der DSGVO.

Um das Vertrauen der Mitarbeiter in die Vertraulichkeit der erhobenen Daten sicherzustellen, kommt es auf die folgenden drei Punkte an:

  • Anonymität,
  • Freiwilligkeit und
  • Transparenz.

Mitarbeiterbefragung: Anonymität wahren

Die Anonymität wird vor allem durch die "Feinmaschigkeit" der demografischen Fragen sichergestellt. Durch die Kombination von Auswertungsmerkmalen dürfen in keinem Fall kleinere Mitarbeitergruppen zu identifizieren sein als solche von drei bis fünf Mitarbeitern. In der Praxis ist es üblich, die Ergebnisse von Gruppen unterhalb dieser Schwelle erst in der nächsthöheren Auswertungsebene zu analysieren.

Wichtig ist dieser Aspekt auch besonders bei sogenannten Zusatzfragen. Diese kommen oft bei Online-Auswertungen zum Tragen, wenn z. B. bei negativer Beantwortung von Fragen in einem zweiten Schritt explizit nach Gründen gefragt wird. Derartige Zusatzfragen können aber unter Umständen die Anonymität wieder aufheben, wenn man durch Zusatzangaben im Fragebogen Rückschlüsse auf den beantwortenden Mitarbeiter ziehen kann.

In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig klarzustellen, ob die Zuordnung von Daten für Mitarbeitergruppen grundsätzlich möglich ist und diese dann sinnvollerweise nur beim externen Anbieter verbleiben und nicht ausgewertet werden, oder – besser – gar nicht erhoben werden oder – auf technischem Wege – gleich im ersten Auswertungsschritt "anonymisiert" werden, d. h. der nächsthöheren Auswertungsebene zugeschlagen werden. Das ist manchmal nötig, da man ja theoretisch ausrechnen kann, bei welchen demografischen Kombinationen mindestens drei Mitarbeiter in einer Gruppe sind (z. B. 30- bis 34-jährige Männer in der Buchhaltung), aber diese Mindestmengen durch die Teilnahmequote tatsächlich geringer ausfallen können.

Außerdem ist es wichtig, sicherzustellen, dass die Anonymität auch nicht durch technische Möglichkeiten zur Auswertung von E-Mail- oder IP-Adresse ausgehebelt werden kann. Alle Aspekte der Anonymität sollten vorab zusammen mit dem Datenschutzbeauftragten und dem Betriebsrat vereinbart und glasklar an alle Mitarbeiter kommuniziert werden (im Vorfeld, während und nach der Befragung).

Freiwilligkeit sicherstellen

Freiwilligkeit ist sichergestellt, wenn es freigestellt ist, ob der Mitarbeiter an der Befragung teilnimmt oder nicht, und wenn die Teilnahme nicht überprüft wird. Um Doppelabstimmungen einer Person zu vermeiden, ist es möglich, bei einer Online-Befragung einen Link zu generieren, der nur einmal gültig ist. Umgekehrt darf dies aber nicht zu einer Überwachung führen, wer schon an der Befragung teilgenommen hat. Bei Papierbefragungen kann man versuchen, Doppelabstimmungen zu vermeiden, indem man eindeutige Fragebögen mit kontinuierlich durchlaufenden Nummern verteilt.

Transparenz bezüglich des Datenschutzes

Eine klare und offene Kommunikation über alle relevanten Aspekte des Datenschutzes ist entscheidend - einerseits um eine hohe Teilnahmequote zu generieren, andererseits aber auch um offene und ehrliche Antworten sicherzustellen. Transparenz fördert hohe Teilnahmequoten, welche letztlich über die Qualität und die Glaubwürdigkeit der Befragungsergebnisse entscheiden. Wirkliche Transparenz entsteht, wenn die Mitarbeiter über den ganzen Prozess der Befragung - d. h. von den Zielen, der Berücksichtigung von Datenschutz und Mitbestimmung über die Planung, die Durchführung der Befragung, die Ergebnisse und Interpretation bis hin zu den Nachfolgeaktionen und deren Ergebnissen - mit einfachen und verständlichen Worten regelmäßig informiert werden. Im Sinne einer zweiseitigen Transparenz sollte es ebenso Ansprechpartner für Fragen geben, die solche zeitnah und nachvollziehbar beantworten.

Datenschutzbeauftragten einbeziehen

Um Probleme von vornherein zu vermeiden, sollte bereits im Planungsstadium der Datenschutzbeauftragte hinzugezogen werden. Dieser kann bei der Auswahl eines Dienstleisters und dem Abschluss eines Auftragsverarbeitungsvertrags unterstützen.

Betriebliche Mitbestimmung bei Mitarbeiterbefragungen

Wenn im Rahmen der Befragung Fragen zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes gestellt werden, die nicht personenbezogen sind bzw. nicht personenbezogen ausgewertet werden können, besteht bei allgemeinen Arbeitsplatzerhebungen kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Sinne des BetrVG. Der Betriebsrat darf nach § 80 Abs. 2 BetrVG vom Arbeitgeber Auskunft über die Ergebnisse und Einsicht in die erstellten Auswertungen nach der Befragung verlangen, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass hieraus Erkenntnisse gewonnen werden können, welche sich auf Aufgaben des Betriebsrats beziehen. Es besteht also ein Informationsrecht für den Betriebsrat.

Beispielsweise wenn Fragen zur Situation der Arbeitnehmer im Unternehmen und zum Betriebsklima gestellt werden, insbesondere im Zusammenhang zu (bestehenden oder neuen) Regelungen der Ordnung des Betriebs und/oder zum Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb - also nach Sachverhalten, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG der Mitbestimmung unterliegen - besteht ein Informationsrecht. Wird nach Entwicklungsmöglichkeiten sowie nach der Beurteilung von Gehalt und Sozialleistungen, also nach Sachverhalten, die der Mitbestimmung bei der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unterliegen, gefragt, besteht ebenso ein Informationsrecht. Direkt oder indirekt wird man bei den meisten Fragen, die gestellt werden, zu einem Informationsrecht des Betriebsrats gelangen.

Daher sollten ganz allgemein und unabhängig von dieser rechtlichen Erörterung die betrieblichen Interessenvertreter der Mitarbeiter so frühzeitig wie möglich, idealerweise bereits in der Planungsphase von Mitarbeiterbefragungen, eingebunden werden. Eine Befragung ohne die volle Unterstützung der Mitarbeitervertreter wird kaum die gleiche Wirksamkeit erzielen wie eine solche Befragung, die von den Interessenvertretern mitgestaltet und mitgetragen wird.

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