Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutterschutzlohn bei späterer Verdienstkürzung
Leitsatz (amtlich)
Dauerhafte Verdienstkürzungen sind bei der Berechnung des Mutterschutzlohns nach § 11 Abs. 2 MuSchG auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erst nach Ablauf des Berechnungszeitraums des § 11 Abs. 1 MuSchG eintreten.
Normenkette
MuSchG § 11 Abs. 1-2, § 8 Abs. 1; BUrlG § 11; EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 4, § 12
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 4. November 1998 – 12 Sa 1342/98 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung des Mutterschutzlohnes für Stillzeiten.
Die Klägerin war von 1989 bis Ende Januar 1998 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Ärztin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes” (AVR) Anwendung. Gemäß den Vorgaben der Anlage 5 zu den AVR hatte die Beklagte Arbeitszeit und Bereitschaftsdienst der ärztlichen Mitarbeiter in einer „Dienstzeitregelung vom 9. Februar 1993” festgelegt. Entsprechend dem Umfang der während des Bereitschaftsdienstes durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistung wurde der Anwesenheitsbereitschaftsdienst in der Abteilung der Klägerin mit der Stufe D (80 %) bewertet. Die Abgeltung erfolgte durch die Zahlung von Überstundenvergütung; lediglich für den Bereitschaftsdienst an Werktagen war ein anteiliger Freizeitausgleich durch Verkürzung des Tagdienstes der betreffenden Ärzte vorgesehen.
Die Klägerin leistete in den Monaten Mai, Juni und Juli 1996 insgesamt 23 Bereitschaftsdienste. Dafür erhielt sie eine zusätzliche Vergütung von 11.830,47 DM brutto. Im August 1996 wurde sie schwanger. Seitdem wurde sie nicht mehr zum Bereitschaftsdienst herangezogen. In der Zeit vom 24. März bis zum 10. Juli 1997 setzte die Klägerin wegen der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG mit der Arbeit aus. Vom 11. Juli bis zum 27. Juli 1997 war sie arbeitsunfähig krank. Anschließend befand sie sich bis zum 24. August 1997 im Erholungsurlaub. Seit dem 25. August 1997 arbeitete sie wieder vollzeitig. Zum Bereitschaftsdienst wurde sie weiterhin nicht herangezogen, weil sie ihr Kind stillte.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1997 ist bei der Beklagten mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung eine neue Dienstzeitregelung in Kraft getreten. Nach dieser ist der Ausgleich für Bereitschaftsdienst nunmehr in der Weise geregelt, daß – mit Ausnahme des Sonnabends – alle Bereitschaftsdienste anteilig durch Freizeitgewährung abgegolten und nur hinsichtlich des überschießenden Teils durch Überstundenvergütung bezahlt werden. Der Bereitschaftsdienst wurde zunächst mit der Stufe C (65 %) als Arbeitszeit bewertet.
Bei der Vergütung der Klägerin für die Zeit ab dem 11. Juli 1997 berücksichtigte die Beklagte die Bereitschaftsdienste aus den Monaten Mai bis Juli 1996 mit einem arbeitstäglichen Aufschlag von 70,50 DM. Zu diesem Betrag gelangte sie, indem sie auf die 1996 geleisteten Dienste die seit 1. Januar 1997 gültige Regelung anwandte. Auf dieser Grundlage standen der Klägerin für die Zeit bis zum 31. Januar 1998 insgesamt 11.515,53 DM brutto als zusätzliches, auf den Bereitschaftsdiensten beruhendes Arbeitsentgelt zu. Die Beklagte hat diese Summe bis auf einen geringen Rest an die Klägerin bereits gezahlt.
Die Klägerin errechnete demgegenüber auf Basis der in den letzten drei Monate vor Eintritt ihrer Schwangerschaft geltenden Dienstzeitregelung einen täglichen Aufschlag von 179,25 DM. Diesen macht sie mit ihrer Klage geltend. Auf die Gesamtforderung iHv. 29.938,48 DM läßt sie sich den Betrag von 11.515,53 DM anrechnen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die von der Beklagten vorgenommene Berechnung verstoße gegen § 11 MuSchG. Selbst bei Vergütung der Bereitschaftsdienste nach Stufe C stehe ihr ein erheblich höherer Verdienst zu. Da ihre im Bereitschaftsdienst eingesetzten Kollegen Freizeitausgleich erhielten, den sie nicht in Anspruch nehmen könne, werde sie außerdem schlechter gestellt als diese.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen an sie 18.422,95 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 13. Februar 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne während der Zeiten eines Beschäftigungsverbots nicht besser gestellt werden, als sie stünde, wenn sie in dieser Zeit gearbeitet hätte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß der Ausfall des Bereitschaftsdienstes für die Vergütungsansprüche der Klägerin nach Maßgabe der neuen Dienstzeitregelung zu bewerten ist. Dies gilt sowohl für den Mutterschutzlohn in der Zeit vom 25. August 1997 bis zum 31. Januar 1998 als auch für die Kranken- und Urlaubsvergütung in der Zeit vom 11. bis 27. Juli bzw. 28. Juli bis 24. August 1997 und für die Weihnachtszuwendung.
1. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG hat der Arbeitgeber einer stillenden Arbeitnehmerin Mutterschutzlohn zu zahlen, wenn sie wegen des Beschäftigungsverbots nach § 8 Abs. 1 MuSchG ganz oder teilweise mit der Arbeit aussetzt. Dabei ist der Durchschnittsverdienst der letzten dreizehn Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn der Schwangerschaft weiter zu gewähren, soweit die Arbeitnehmerin kein Mutterschaftsgeld beanspruchen kann. Die Klägerin setzte als stillende Mutter wegen des Verbots in § 8 Abs. 1 MuSchG teilweise mit der Arbeit aus: Sie leistete keinen Bereitschaftsdienst. Sie erhielt kein Mutterschaftsgeld. Damit ist ein Anspruch der Klägerin auf Mutterschutzlohn für die Zeit vom 25. Juli 1997 bis zum 31. Januar 1998 dem Grunde nach entstanden. Auszugleichen ist diejenige Verdienstminderung, die darauf beruht, daß die Klägerin in dieser Zeit nicht am Bereitschaftsdienst teilnahm. Durch die Nichtteilnahme wurde der Arbeitsverdienst der Klägerin lediglich in dem Umfange vermindert, wie die Beklagte ihn bereits ausgeglichen oder zumindest anerkannt hat. Weitergehende Ansprüche der Klägerin bestehen nicht.
a) Um zu ermitteln, in welchem Umfang der Verdienst der Klägerin durch den Ausfall des Bereitschaftsdienstes gemindert wurde, ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 MuSchG auf den entsprechenden durchschnittlichen Verdienstanteil in den letzten drei Monaten vor Beginn der Schwangerschaft abzustellen.
b) Wie sich Verdienständerungen innerhalb dieses Zeitraums auswirken, regelt § 11 Abs. 2 MuSchG. Danach sind dauerhafte Verdiensterhöhungen, die während des Berechnungszeitraums eintreten, zu Gunsten der Arbeitnehmerin für den gesamten Zeitraum zu berücksichtigen. Verdienstkürzungen bleiben außer Betracht, soweit sie auf Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis beruhen. Letzteres bedeutet zugleich, daß sich sonstige Verdienstkürzungen innerhalb des Berechnungszeitraums, etwa die wirksame Absenkung der bisher geschuldeten Vergütung, zu Lasten der Arbeitnehmerin auswirken(Buchner/Becker Mutterschutzgesetz, Bundeserziehungsgeldgesetz 6. Aufl. § 11 Rn. 123; Meisel/Sowka Mutterschutz und Erziehungsurlaub 5. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 79; Heilmann Mutterschutzgesetz 2. Aufl. § 11 Rn. 80).
c) Wie sich Verdienständerungen außerhalb des Berechnungszeitraums auswirken, regelt § 11 Abs. 2 MuSchG nur unvollständig. Nach der gesetzlichen Regelung ist bei dauerhaften Verdiensterhöhungen, auch wenn sie erst nach Ablauf des Berechnungszeitraums eintreten, für die Ermittlung des Durchschnittsverdienstes von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Eine Verdiensterhöhung, die während des Beschäftigungsverbots eintritt, ist von diesem Zeitpunkt ab zu berücksichtigen(Meisel/Sowka aaO § 11 MuSchG Rn. 67, 71 mwN). Dadurch ist gewährleistet, daß für die werdende und die stillende Mutter der finanzielle Anreiz entfällt, entgegen ihren und des Kindes Interessen mit der Arbeit fortzusetzen oder sie nach Ablauf der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG ohne Einschränkung wieder aufzunehmen(BAG 8. August 1990 – 5 AZR 584/89 – BAGE 65, 337; Zmarzlik/Zipperer/Viehten Mutterschutzgesetz, Mutterschaftsleistungen, Bundeserziehungsgeldgesetz 8. Aufl. § 11 MuSchG Rn. 1).
Dauerhafte Verdienstkürzungen außerhalb des Berechnungszeitraums sind dagegen in § 11 Abs. 2 MuSchG nicht ausdrücklich geregelt. Die Auslegung der Vorschrift ergibt, daß sie sich zu Lasten der Arbeitnehmerin auswirken. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
aa) Der Wortlaut von § 11 Abs. 2 MuSchG ist insoweit unergiebig. Aus ihm läßt sich weder herleiten, daß dauerhafte Verdienstminderungen zu berücksichtigen sind, noch steht er einem solchen Ergebnis entgegen.
bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin führt auch ein Vergleich mit der Regelung in § 11 BUrlG nicht weiter. Nach dieser Vorschrift bemißt sich das Urlaubsentgelt nach dem Verdienst des Arbeitnehmers in den letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsantritt. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während dieses Zeitraums oder während des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Dauerhafte Verdienstminderungen, die erst während des Urlaubs eintreten, sind nicht zu berücksichtigen(vgl. nur ErfK/Dörner Bundesurlaubsgesetz § 11 Rn. 36; MünchArbR/Leinemann 2. Aufl. § 90 Rn. 6).
Dies steht einem gegensätzlichen Verständnis des § 11 Abs. 2 MuSchG trotz der Wortgleichheit der Regelungen nicht entgegen. Das in § 11 Abs. 1 BUrlG vorgesehene Referenzprinzip dient einer zeitnahen und einfachen Ermittlung des fortzuzahlenden Entgelts. Außerdem wird der Urlaub für das laufende Kalenderjahr häufig nicht schon zu dessen Beginn, sondern erst im Verlaufe des Jahres beansprucht. Dies läßt es berechtigt erscheinen, Verdienstkürzungen, die erst während des Urlaubs selbst eintreten, für die Berechnung des Urlaubsentgelts unberücksichtigt zu lassen. § 11 Abs. 1 MuSchG stellt dagegen für die Berechnung des Mutterschutzlohns auf einen häufig weit vor der Inanspruchnahme liegenden Zeitraum ab. Das Referenzprinzip dient hier nicht lediglich der zeitnahen und einfachen Entgeltermittlung. Die Anknüpfung an die Zeit vor Beginn der Schwangerschaft soll vielmehr gewährleisten, daß zum einen schwangerschaftsbedingte Verdiensteinbußen keinen Einfluß auf das fortzuzahlende Entgelt nehmen können und zum anderen die schon schwangere Arbeitnehmerin sich nicht zur Steigerung der Bemessungsgrundlage für den Mutterschutzlohn während einer bereits bestehenden Schwangerschaft überanstrengt(BAG 9. September 1978 – 3 AZR 418/77 – AP MuSchG 1968 § 11 Nr. 8; ErfK/Schlachter MuSchG § 11 Rn. 11). Wegen dieser Unterschiede läßt sich für die Unbeachtlichkeit von Verdienstkürzungen außerhalb des Berechnungszeitraums des § 11 Abs. 1 MuSchG nichts aus einem Vergleich mit der Regelung des § 11 BUrlG herleiten.
cc) Für eine Berücksichtigung von allgemeinen und dauerhaften Verdienstkürzungen, die außerhalb des Berechnungszeitraums eingetreten sind, sprechen der Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung des § 11 Abs. 1 MuSchG. Danach setzt der Anspruch auf Mutterschutzlohn voraus, daß der betreffende Arbeitsausfall und die aus ihm folgende Verdiensteinbuße „wegen” eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots, dh. infolge der Beachtung eines solchen Verbots eingetreten sind. Das Verbot muß die nicht hinwegzudenkende Ursache für den Verdienstausfall sein(BAG 31. März 1969 – 3 AZR 300/68 – BAGE 21, 370; BAG 25. Mai 1983 – 5 AZR 226/81 – BAGE 43, 6; BAG 22. März 1995 – 5 AZR 874/93 – BAGE 79, 307; BSG 17. April 1991 – 1/3 RK 21/88 – NZA 1991, 909; Gröninger/Thomas Mutterschutzgesetz Stand Juni 1998 § 11 Rn. 46; Meisel/Sowka aaO § 11 Rn. 11; Buchner/Becker aaO § 11 Rn. 25; Geyer/Knorr/Krasney Entgeltfortzahlung, Krankengeld, Mutterschaftsgeld Stand April 2000 § 11 MuSchG Rn. 49 ff.; Zmarzlik/Zipperer/Viehten aaO § 11 MuSchG Rn. 13 ff.; Klempt Kasseler Handbuch zum Arbeitsrecht 2. Aufl. 3.4 Rn. 149; ErfK/Schlachter aaO § 11 Rn. 3). Der Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG soll nur den Verdienstausfall infolge eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots ausgleichen, nicht aber einen Verdienstausfall aus anderen Gründen(BAG 22. März 1995 aaO). Die Regelung verfolgt das Ziel, die Arbeitnehmerin so zu stellen, als ob sie ohne mutterschutzrechtliche Beschränkungen hätte weiterarbeiten können. Sie bezweckt dagegen nicht, ihr Bezüge zukommen zu lassen, die sie auch dann nicht würde erzielen können, wenn sie nicht werdende bzw. stillende Mutter wäre. Generelle Verdienstkürzungen, die während des Beschäftigungsverbots eintreten, beruhen nicht auf einem mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbot. Sie sind deshalb von der schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerin ebenso hinzunehmen, wie von den anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch(Gröninger/Thomas aaO § 11 Rn. 26; Meisel/Sowka aaO § 11 Rn. 80; Geyer/Knorr/Krasney aaO § 11 MuSchG Rn. 129; Zmarzlik/Zipperer/Viehten aaO § 11 MuSchG Rn. 59; Klempt aaO Rn. 175; aA Heilmann aaO § 11 Rn. 80; Bulla DB 1965 1555, 1560). Die Arbeitnehmerin, die mit der Arbeit wegen eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots aussetzen muß, soll nicht besser gestellt werden als diejenige, die arbeitet. Es könnte sonst auch der Fall eintreten, daß eine schwangere Arbeitnehmerin, die auf Grund eines individuellen Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1 MuSchG mit der Arbeit aussetzen muß, höher vergütet wird als eine ebenfalls schwangere Arbeitnehmerin, deren persönliche Konstitution es zuläßt, daß sie ihrer Arbeit weiterhin nachgeht, und die aus diesem Grunde von einer allgemeinen Verdienstkürzung erfaßt wird. Um Wertungswidersprüche solcher Art zu vermeiden, verlangen Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 MuSchG, allgemeine und dauerhafte Verdienstkürzungen der werdenden oder stillenden Mutter, auch wenn sie erst nach Ablauf des Berechnungszeitraums auftreten, bei der Berechnung des Mutterschutzlohns zu berücksichtigen.
d) Die mit dem 1. Januar 1997 eingetretenen Änderungen der Vergütung von Bereitschaftsdienst sind der Klägerin gegenüber wirksam. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die AVR Anwendung. Die neue Dienstzeitregelung entspricht inhaltlich deren Vorgaben. Die Mitarbeitervertretung hat ihre Zustimmung erteilt. Hätte die Klägerin ab dem 25. August 1997 in dem Umfange am Bereitschaftsdienst teilgenommen, wie sie dies während des Berechnungszeitraums tat, hätte sie deshalb weitergehende Vergütungsansprüche lediglich in der Höhe erworben, wie die Beklagte sie errechnet hat. Der Anspruch auf Mutterschutzlohn gemäß § 11 MuSchG geht über diese nicht hinaus.
e) Die Klägerin hat auch nicht deshalb weitergehende Ansprüche, weil die Neubewertung des Bereitschaftsdienstes wie die nach § 11 Abs. 2 Satz 2 MuSchG unbeachtlichen Verdienstkürzungen zu behandeln wäre. Die Neubewertung beruht auf der veränderten Einschätzung des Umfangs der während des Bereitschaftsdienstes durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen. Die am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Arbeitnehmer haben aber einen vertraglichen Anspruch auf Heranziehung zur Arbeitsleistung stets nur entsprechend dem tatsächlichen Arbeitsanfall. Eine auf vermindertem Arbeitsanfall während des Bereitschaftsdienstes beruhende Verdiensteinbuße ist deshalb mit einer Verdienstkürzung auf Grund von Kurzarbeit, Arbeitsausfall oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis, die den vertraglichen Anspruch auf Heranziehung in einem bestimmten zeitlichen Umfang unberührt lassen, nicht vergleichbar.
f) Weitergehende Vergütungsansprüche der Klägerin folgen auch nicht daraus, daß die neue Dienstzeitregelung für Bereitschaftsdienste vermehrt Freizeitausgleich vorsieht und sich dies für die Klägerin nicht auswirkt. Eine Abgeltung in Geld für unterbliebenen Freizeitausgleich sehen weder § 11 MuSchG noch die AVR vor. Eine solche Abgeltung ist auch durch den Zweck des Mutterschutzgesetzes nicht geboten. Die werdende oder stillende Mutter soll durch die Beschäftigungsverbote keine Verdiensteinbuße erleiden. Dies wird bei der Klägerin durch die Ausgleichszahlungen der Beklagten für die Nichtteilnahme am Bereitschaftsdienst erreicht. Hätte die Klägerin am Bereitschaftsdienst teilgenommen, hätte sie nicht eine noch höhere Vergütung erzielt, sondern nur zu anderen Zeiten gearbeitet.
2. Für die Zeit vom 11. bis 27. Juli 1997 hat die Klägerin Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung. Die AVR ersetzen in ihren Anl. 1 und 14 das gesetzliche Lohnausfallprinzip durch das Referenzprinzip. Sie knüpfen die Höhe der Entgeltfortzahlung an die Höhe der Urlaubsvergütung, die ihrerseits auf die durchschnittliche Vergütung während der letzen drei Kalendermonate vor Urlaubsbeginn abstellt. Ob diese Ersetzung nach § 4 Abs. 4, § 12 EFZG zulässig ist, kann dahinstehen. Sowohl bei Zugrundelegung des Referenzprinzips als auch bei Geltung des Lohnausfallprinzips ist der von der Klägerin nicht ausgeübte Bereitschaftsdienst nur nach Maßgabe der seit dem 1. Januar 1997 geltenden Vergütungsregelungen zu berücksichtigen. Kommt es auf die Vergütung während der letzten drei Monate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit an, so berechnet sich die Höhe der Entgeltfortzahlung nach der Vergütung, die die Klägerin vor Beginn der Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG zu beanspruchen hatte. Das war bereits Mutterschutzlohn nach § 11 Abs. 1 MuSchG, da die Klägerin als werdende Mutter gemäß § 8 MuSchG ebenfalls keinen Bereitschaftsdienst leisten durfte. Die Nichtteilnahme am Bereitschaftsdienst war nach Maßgabe der neuen Vergütungsregelung auszugleichen. Kommt es auf die Vergütung während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit an, ist die Neuregelung ohnehin maßgeblich.
3. Aus den dargelegten Gründen wirkt sich die Verdienstkürzung auch aus bei der Berechnung des Anspruchs der Klägerin auf Urlaubsentgelt für die Zeit vom 28. Juli bis zum 24. August 1997 gemäß § 11 BUrlG iVm. Regelungen in Anl. 14 AVR.
Das gleiche gilt für den Anspruch auf Weihnachtszuwendung. Deren Höhe entspricht nach XIV d Anl. 1 AVR dem Urlaubsentgelt, das der Klägerin zustünde, wenn sie den ganzen Monat September 1997 Urlaub gehabt hätte.
4. Auf der Grundlage der neuen Dienstzeitregelung hat die Beklagte sämtliche Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Mutterschutzlohn erfüllt oder jedenfalls anerkannt. Die Klageforderung, die lediglich weitergehende Ansprüche erfaßt, besteht nicht.
Unterschriften
Müller-Glöge, Kreft, Mikosch, Sappa, Anthes
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 20.09.2000 durch Metze, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 584720 |
BAGE, 331 |
BB 2001, 834 |
DB 2001, 708 |
NJW 2001, 2194 |
NWB 2001, 1644 |
BuW 2001, 439 |
EBE/BAG 2001, 50 |
ARST 2001, 135 |
FA 2001, 122 |
NZA 2001, 657 |
SAE 2001, 199 |
ZAP 2001, 371 |
ZTR 2001, 329 |
AP, 0 |
ArztR 2001, 275 |
KomVerw 2002, 68 |
RdW 2002, 443 |
FuHe 2002, 37 |
FuNds 2002, 578 |