Rz. 436

Durch die Formulierung in § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG ist klargestellt, dass die Sozialauswahl bereits dann ordnungsgemäß ist, wenn der Arbeitgeber die Wertungskriterien des Gesetzes ausreichend berücksichtigt hat. Dies bedeutet, dass ihm ein Bewertungsspielraum zusteht und der gekündigte Arbeitnehmer sich nur erfolgreich auf eine Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl berufen kann, wenn er deutlich schutzwürdiger ist als ein nicht gekündigter vergleichbarer Arbeitnehmer.[450]

 

Rz. 437

Allerdings sind nach Auffassung des ArbG Ludwigshafen Arbeitnehmer mit Kindern besonders schutzbedürftig. Arbeitgeber müssen danach vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung die besondere Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmern mit Kindern berücksichtigen. Unterhaltspflichtige Kinder seien daher im Rahmen eines Punkteschemas zur Sozialauswahl deutlich stärker zu gewichtigen als das Lebensalter oder die Dauer der Betriebszugehörigkeit. Dabei reiche es aus, einem Arbeitnehmer für jedes unterhaltsberechtigte Kind vier Punkte zuzuschreiben, wenn bereits jedes Lebensjahr und Jahr der Betriebszugehörigkeit mit jeweils einem Punkt bewertet wird.[451]

 

Rz. 438

An sich nicht anrechnungsfähige frühere Beschäftigungszeiten bei demselben Arbeitgeber oder einem anderen Unternehmen können bei der Dauer der Betriebszugehörigkeit nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG durch eine vertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien berücksichtigt werden. Die sich zu Lasten anderer Arbeitnehmer auswirkende Individualvereinbarung darf jedoch nicht rechtsmissbräuchlich sein und nur die Umgehung der Sozialauswahl bezwecken. Für eine Berücksichtigung der vertraglich vereinbarten Betriebszugehörigkeitszeiten muss ein sachlicher Grund vorliegen. Ein sachlicher Grund ist ohne Weiteres anzunehmen, wenn der Berücksichtigung früherer Beschäftigungszeiten ein arbeitsgerichtlicher Vergleich wegen eines streitigen Betriebsübergangs zugrunde liegt.[452]

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