Rz. 25
Wird es Verbrauchern (§ 13 BGB) ermöglicht, über
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eine vom Unternehmer (§ 14 BGB) selbst (eigene Webseite) oder |
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eine von einem Dritten ([fremde] Vermittlungsplattform [sofern sich dies für große Plattformen rechnet] – insoweit ist die Interessenlage des Verbrauchers identisch) |
betriebene Webseite einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr i.S.v. § 312i Abs. 1 Satz 1 BGB zu schließen (nach dem ausdrücklichen Wortlaut nicht "geschlossen wurde"), der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist ("Kostenfalle"), das den Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung (i.S. einer Gegenleistung in Geld) verpflichtet, so treffen den Unternehmer die Pflichten nach der Neuregelung des § 312k BGB über die Kündigung von Verbraucherverträgen i.S.v. § 310 Abs. 3 BGB im elektronischen Geschäftsverkehr.
Rz. 26
Verbrauchervertrag ist nach § 310 Abs. 3 BGB ein Vertrag zwischen einem Unternehmer (§ 14 BGB) als Anbieter und einem Verbraucher (§ 13 BGB) als Leistungsempfänger – wobei die zu erbringende Leistung sowohl eine Warenlieferung als auch die Erbringung einer Dienstleistung sein kann. Beim Verbrauchervertrag muss es sich um ein Dauerschuldverhältnis handeln. Folglich wird ein Werkvertrag (§ 631 BGB), der nach § 648 BGB bis zur Vollendung des Werks durch den Besteller auch jederzeit wieder gekündigt werden kann, von § 312k BGB nicht erfasst.
Beachte
Wenn auf der Webseite eines Anbieters keine Möglichkeit eines Vertragsschlusses angeboten wird, "müssen nach Sinn und Zweck der Regelung auch kein Kündigungsbutton (vorgehalten werden), wie etwa bei Domains, auf denen nur Informationen zur Verfügung gestellt werden (Social Media Plattformen etc.)".
Rz. 27
Der Begriff "Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr" ist nach Maßgabe der Legaldefinition in § 312i Abs. 1 Satz 1 BGB auszulegen als ein Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, bei dem sich der Unternehmer zum Vertragsabschluss Telemedien (i.S.v. § 1 TMG) bedient. Allerdings ist § 312k Abs. 1 BGB aufgrund des Entgeltlichkeitserfordernisses enger als § 312i Abs. 1 BGB, der keine Entgeltlichkeit voraussetzt – womit bspw. die Mitgliedschaft in einem sozialen Netzwerk "wohl nicht erfasst" wird.
Rz. 28
Es kommt nicht darauf an, ob der konkret in Rede stehende zu kündigende Vertrag selbst im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen worden ist: Ausreichend – aber auch erforderlich – ist, dass der Unternehmer im Zeitpunkt der Vertragskündigung "dessen Abschluss" im elektronischen Geschäftsverkehr ermöglicht. "Dessen Abschluss" scheint auf ein strenges Kongruenzerfordernis zwischen dem zu kündigenden und dem online zu schließenden Vertrags hinzuweisen – "allerdings vermag es kaum zu überzeugen, dass bspw. für einen Vertrag, der eine Zusatzleistung vorsieht, die in dieser Form nicht mehr angeboten wird, allein aus diesem Grund keine Pflicht zur Ermöglichung der Online-Kündigung besteht", weshalb es erforderlich ist, dass der Unternehmer aktuell "den Online-Abschluss von Verträgen anbietet und der zu kündigende Vertrag in diesen Geschäftsbereich fällt".
Rz. 29
Dies gilt gemäß § 312k Abs. 1 Satz 2 BGB nicht (Anwendungsausnahmen – Regel-Ausnahme-Aufbau)
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für Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform (§ 126b BGB) vorgesehen ist (Nr. 1 – strengeres gesetzliches Formerfordernis, z.B. eine Kündigung in Schriftform [§ 126 BGB] oder in elektronischer Form [§ 126a BGB] vorausgesetzt wird), und (nicht kumulativ, da es sich um zwei unterschiedliche Sachverhalte handelt) |
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in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen i.S.v. § 312 Abs. 5 Satz 1 BGB betreffen, oder für Verträge über Finanzdienstleistungen (Nr. 2 – in Anknüpfung an § 312j Abs. 5 Satz 2 BGB). |