Rz. 272
Der Versicherer hat normalerweise die Entschädigung in Geld zu leisten. Es sind aber auch Dienstleistungen oder Sachleistungen möglich, zu deren Erbringung sich der Versicherer im Versicherungsvertrag verpflichtet. In der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Versicherungsnehmer von berechtigten Ansprüchen freizustellen und unbegründete Ansprüche abzuwehren (§ 100 VVG).
Der Anspruch auf die Versicherungsleistung in Geld entsteht mit dem Eintritt des Versicherungsfalles. Wenn die Versicherungsbedingungen keine gegenteilige Regelung enthalten, bleibt dieser Anspruch auf Geldersatz auch dann erhalten, wenn die versicherten Sachen später wieder aufgefunden werden.
Die Entschädigung ist nach Ablauf eines Monats seit Anzeige des Versicherungsfalles mit 4 % zu verzinsen; die Frist ist gehemmt, solange der Schaden infolge eines Verschuldens des Versicherungsnehmers nicht festgestellt werden kann (§ 91 VVG).
Rz. 273
Beispiel
Gemäß A.2.5.5.1 AKB 2015 (§ 13 Abs. 7 AKB 95 a.F.) ist der VN verpflichtet, entwendete Gegenstände binnen Monatsfrist zurückzunehmen.
I. Versicherungswert (§ 88 VVG)
Rz. 274
Versicherungswert ist der Betrag, den der Versicherungsnehmer bei Eintritt des Schadenfalles für die Wiederbeschaffung oder die Wiederherstellung der versicherten Sache in neuwertigen Zustand aufwenden muss, unter Abzug des Wertvorteils "alt für neu" (§ 88 VVG).
II. Neuwert
Rz. 275
Neuwert ist der Wiederbeschaffungsaufwand für Sachen gleicher Art und Güte am Tag des Schadens, allerdings ohne Berücksichtigung des Unterschiedes "alt für neu". Die über den Wiederbeschaffungswert hinausgehende "Neuwertspitze" kann gem. § 93 VVG davon abhängig gemacht werden, ob die Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung "gesichert" ist. Aber auch diese Klausel ist abdingbar, so dass, wie in der Hausratversicherung, Neuwertentschädigung unabhängig davon geleistet wird, ob und wann eine Wiederbeschaffung vorgenommen wird.
III. Fälligkeit der Versicherungsleistung (§ 14 VVG)
Rz. 276
Der Deckungsanspruch gegen den Versicherer wird nach § 14 VVG erst fällig, wenn der Versicherer die zur "Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfangs der Leistungen nötigen Erhebungen" abgeschlossen hat. § 14 VVG gehört zu den halbzwingenden Vorschriften, von denen zugunsten des Versicherungsnehmers abgewichen werden darf (§ 18 VVG). Steht die Eintrittspflicht des Versicherers dem Grunde nach fest, so kann eine Abschlagszahlung gem. § 14 Abs. 2 VVG in Höhe des Betrages verlangt werden, der dem Versicherungsnehmer mit Sicherheit endgültig zusteht (§ 14 Abs. 2 S. 1 VVG).
1. Erhebungen des Versicherers
Rz. 277
Zu den "nötigen Erhebungen" gehört auch und vor allem die Einsichtnahme in amtliche Ermittlungsakten, die den Versicherungsfall betreffen und zwar selbst dann, wenn sich das Verfahren nicht gegen den Versicherungsnehmer richtet.
Wenn der Versicherungsnehmer auf regennasser Straße ins Schleudern gerät und kein Anhaltspunkt für eine Selbsttötung besteht, darf der Versicherer mit der Auszahlung der Versicherungssumme nicht warten, bis das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist.
Entscheidend ist, ob die Ermittlungen eines behördlichen Verfahrens zu einem Ergebnis führen können, das für die Eintrittspflicht des Versicherers von Bedeutung ist.
Rz. 278
Der Versicherer hat jedoch eine Beschleunigungspflicht, so dass es nicht genügt, schriftlich um Akteneinsicht nachzusuchen. Der Versicherer muss vielmehr durch regelmäßige Vorsprachen bei der Geschäftsstelle die Akteneinsicht beschleunigen oder sich notfalls damit begnügen, die Akten im Dienstgebäude der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts einzusehen. Führt der Versicherer unnötige Erhebungen durch, tritt die Fälligkeit mit dem Zeitpunkt ein, indem die Erhebungen bei korrekter Vorgehensweise beendet gewesen wären. Wenn der Versicherer den Versicherungsschutz endgültig ablehnt, wird der Deckungsanspruch sofort fällig; der Versicherer muss den ab Zugang des Ablehnungsschreibens eintretenden Verzugsschaden ersetzen.
2. Verzinsung
Rz. 279
Die vom Versicherer zu zahlende Entschädigung ist nach Ablauf eines Monats nach Anzeige des Versicherungsfalles mit 4 % zu verzinsen (§ 91 VVG). Im Übrigen gelten die Verzugsregeln gemäß § 288 BGB (5 %-Punkte über Basiszinssatz). Gemäß § 91 S. 2 VVG ist die Frist gehemmt, "solange der Schaden infolge eines Verschuldens des Versicherungsnehmers nicht festgestellt werden kann".
IV. Gutachten
Rz. 280
Wenn der Versicherer ein Schadengutachten in Auftrag gegeben hat, ist er verpflichtet, dieses Gutachten auch dem Versicherungsnehmer zur Verfügung zu stellen. Der Versicherungsnehmer wird durch dieses Gutachten dann in die Lage versetzt, den Betrag als Absch...