Rz. 46
Eine Umdeutung setzt des Weiteren voraus, dass der Erblasser seine Verfügung als einseitige errichtet haben würde, wenn er deren Unwirksamkeit erkannt hätte (§ 140 BGB). Abzustellen ist auf den wirklichen Willen, soweit er ermittelt werden kann, sonst auf den hypothetischen Willen des Erblassers, der nach den Grundsätzen der ergänzenden Auslegung von Rechtsgeschäften zu ermitteln ist.[126] Eine von diesen Grundsätzen zu Unrecht abweichende vereinzelte Rechtsprechung lässt allerdings eine Ermittlung des Erblasserwillens vermissen und verneint eine Umdeutung mit Verweis darauf, dass die betreffende letztwillige Verfügung im Verhältnis der Wechselbezüglichkeit zu einer Verfügung des anderen Testators stünde.[127] Es ist zwar richtig, dass auch Verfügungen in einem unwirksamen gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich sein können.[128] Über die Wechselbezüglichkeit und deren Umfang[129] entscheidet jedoch wiederum vorrangig der Erblasserwillen und nicht, wie in der vorgenannten Rechtsprechung praktiziert, die schematische Anwendung der in § 2270 Abs. 2 BGB enthaltenen Vermutungsregel für die Wechselbezüglichkeit.[130] Unabhängig davon, ob der nach seinem Wortlaut nur für Verfügungen unter Eheleuten geltende § 2270 Abs. 2 BGB auch auf Verfügungen von Nichtehegatten Anwendung findet, sind auch wechselbezügliche Verfügungen einer Umdeutung in einseitige Verfügungen zugänglich.[131]
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