Rz. 382

Das Berufungsgericht war der Auffassung, dass sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 PflVG ergebe, weil der Lkw der Klägerin zu 2 "bei dem Betrieb" des Pkw des Beklagten zu 1 beschädigt worden sei.

 

Rz. 383

Die Beurteilung des Berufungsgerichts hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte sich in dem Schadensfall allein durch das vorsätzliche Inbrandsetzen des ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Pkw nicht dessen Betriebsgefahr im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG verwirklicht.

 

Rz. 384

Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist nach der Rechtsprechung des BGH entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst daher alle durch den Kfz-Verkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kfz mitgeprägt worden ist. Diese weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" entspricht dem weiten Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG und findet darin ihre innere Rechtfertigung. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist sozusagen der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kfz – erlaubterweise – eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahren ausgewirkt haben.

 

Rz. 385

Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. An einem auch im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will.

 

Rz. 386

Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht. Erforderlich ist, dass die Fahrweise oder der Betrieb des Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat.

 

Rz. 387

Nach diesen Grundsätzen konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben.

Nach dem – vom Berufungsgericht offen gelassenen und deshalb revisionsrechtlich zu unterstellenden – Vorbringen der Beklagten war der Motor des Pkw durch den Brand nicht in Gang gesetzt worden. Hiernach hatte allein die aufgrund der starken Hitzeentwicklung freigesetzte Energie den Pkw etwa 1 Meter bis 1,50 Meter vorrollen lassen, was für das Überspringen des Feuers auf den Lkw ohnehin keine Bedeutung hatte.

 

Rz. 388

Bei einem solchen Hergang stand der Brandschaden an dem Lkw der Klägerin zu 2 weder in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang noch einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz, sondern beruhte ausschließlich darauf, dass ein unbekannter Dritter den auf dem Parkplatz abgestellten Pkw des Beklagten zu 1 vorsätzlich in Brand gesetzt hatte. In diesem Fall fehlt es an dem im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang, weil die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will. Allein der Umstand, dass Kraftfahrzeuge wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennen, reicht nicht aus, um eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG zu begründen. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Brand als solcher in irgendeinem ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht (z.B. In-Brand-geraten durch Betätigen von Fahrzeugeinrichtungen: OLG Saarbrücken, VRS 99, 104 oder Selbstentzündung infolge vorausgegangener Fahrt: OVG Koblenz, NVwZ-RR 2001, 382). Dies gilt auch dann, wenn der Brand eines Kraftfahrzeugs zu einem Kurzschluss in einem Kabel zum Anlasser führt, der dadurch in Gang gesetzte Anlasser das Kraftfahrzeug fortbewegt und dadurch das Feuer auf andere Gegenstände übergreift (OLG Saarbrücken NZV 1998, 327; OLG Düsseldorf NZV 1996, 113).

 

Rz. 389

Da die Klägerinnen einen solchen Sachverhalt – im Gegensatz zu dem für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Vortrag der Beklagten – unter Beweisantritt behauptet hatten, wird das Berufungsgericht nach Aufhebung seines Urteils und Zurückverweisung der Sache im Rahmen der neuen Verhandlung die erforderlichen Feststellungen zum Schadenshergang nachzuholen haben. Gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es sich nicht um einen Fall höherer Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG handelte, bestanden im Übrigen nach dem derzeitigen Sachstand keine rechtlichen Bedenken.

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