Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 491
Jeder Kaufmann hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, aufzustellen (§ 242 HGB). Gem. § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB haben die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft den Jahresabschluss um einen Anhang zu erweitern, der mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit bildet. Die Anforderungen an den Jahresabschluss sind nach den Größenklassen der Gesellschaften (§§ 267, 267a HGB) abgestuft, wobei für kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) und die mit dem MicroBilG in Umsetzung der sog. Micro-Richtlinie eingeführten Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB) bestimmte Privilegierungen gelten. Dies betrifft die Bilanzierung (§§ 266 Abs. 1 Satz 3 u. 4, 274a HGB), die Gewinn- und Verlustrechnung (§§ 276, 275 Abs. 5 HGB), den Anhang (§§ 288, 264 Abs. 5 HGB), den Lagebericht (§ 264 Abs. 1 Satz 4 u. 5 HGB) und die Abschlussprüfung (§ 316 Abs. 1 HGB).
Die Bilanz einer Kleinstkapitalgesellschaft muss nur eingereicht, aber nicht veröffentlicht werden (§ 326 Abs. 2 HGB).
Die Aufstellung des Jahresabschlusses obliegt zwingend allen Geschäftsführern. Sieht die Satzung die Erstellung durch Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer vor, sind diese in diesem Zusammenhang lediglich Hilfspersonen des Geschäftsführers. Der Geschäftsführer hat sich ihrer aber zu bedienen, wenn er selbst nicht in der Lage dazu ist und nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, um seinen Pflichten gerecht zu werden. Wenn die Geschäftsverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern die Aufstellung einem der Geschäftsführer zuweist, bleiben die anderen Geschäftsführer zur Überwachung verpflichtet. Insb. Pflichten, die den Kernbereich der Geschäftsführung betreffen (insb. Buchhaltung, Rechnungslegung, Schutz der Gesellschaftsgläubiger, öffentlich-rechtliche Pflichten der Geschäftsführer), können nicht abbedungen werden. Allen Geschäftsführern steht deshalb ein umfassendes Informationsrecht hinsichtlich der anderen Ressorts zu.
Der Jahresabschluss ist durch Kapitalgesellschaften – also auch die GmbH – gem. § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB in den ersten drei Monaten des neuen Geschäftsjahres aufstellen; für kleine und Kleinstkapitalgesellschaften verlängert sich die Frist auf bis zu sechs Monate, sofern dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, § 264 Abs. 1 Satz 4 HGB. Die Sechsmonatsfrist ist als äußerste Grenze und nicht als Normalfall zu verstehen. Nach einer Entscheidung des LG Bonn soll das Einreichen einer sog. "Nullbilanz" der Offenlegungspflicht genügen.
Für die Gestaltungspraxis ist hier beachtlich, in der Satzung auf die Aufstellung "innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen" abzustellen anstatt konkrete Fristen analog § 264 HGB zu benennen. Auch wenn die meisten neugegründeten Gesellschaften zunächst als kleine Kapitalgesellschaften zu qualifizieren sein werden, so kann mit dem Wachstum der Gesellschaft schnell eine neue Größenordnung erreicht werden, welche die alte Satzungsregelung unrichtig werden lässt. Die Registergerichte sehen hierin bereits ein Eintragungshindernis bei Gründung.
Dem Finanzamt ist der Jahresabschluss innerhalb einer sieben-Monats-Frist nach Abschluss des Geschäftsjahres, gem. § 149 Abs. 2 AO zuzuleiten, damit dieses daraus Körperschaft-, Gewerbe- und USt errechnen kann, anderenfalls schätzt das Finanzamt die Besteuerung großzügig gem. § 162 Abs. 2 AO.
Von der Aufstellung des Jahresabschlusses ist dessen Feststellung zu unterscheiden. Gem. § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG haben die Geschäftsführer den Jahresabschluss und den Lagebericht unverzüglich nach der Aufstellung den Gesellschaftern zum Zwecke der Feststellung des Jahresabschlusses vorzulegen. Erst mit Letzterer wird der Jahresabschluss verbindlich. Die Feststellung unterliegt gem. § 46 Nr. 1 GmbHG grds. der Bestimmung der Gesellschafter durch sog. Feststellungsbeschluss mit einfacher Mehrheit. Die Kompetenz zur Feststellung des Jahresabschlusses kann aber durch Satzungsregelung auch auf andere Gesellschafsorgane etwa auf einen Beirat delegiert werden. Die Beschlussfassung hat nach § 42a Abs. 2 GmbHG spätestens bis zum Ablauf der ersten acht Monate oder, wenn es sich um eine kleine Gesellschaft handelt, bis zum Ablauf der ersten elf Monate des Geschäftsjahres zu erfolgen. Der festgestellte Jahresabschluss ist von allen Geschäftsführern unter Angabe des Datums am Ende des Anhangs zu unterzeichnen.
Hinweis
Die Geschäftsführer haben den festgestellten Jahresabschluss und weitere Unterlagen nach § 325 HGB spätestens ein Jahr nach dem Bilanzstichtag beim Bundesanzeiger einzureichen und (sofern es sich nicht um eine Kleinstkapitalgesellschaft handelt) bekannt machen zu lassen. Andernfalls ist – anders als bisher – von Amts wegen ein Ordnungsgeldverfahren durchzuführen, in dem Ordnungsgelder von 2.500,00 EUR–25.000,00 EUR, im Fall von kapitalmarktorientierten Gesellschaften auch deutlich höher, ggf. ...