Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2188
Für die Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans gilt Art. 40 Abs. 3 SE-VO. In diesem Fall hat der deutsche Gesetzgeber mit § 17 Abs. 1 SEAG eine Regelung eingeführt, die den Wortlaut des § 95 AktG wiederholt. Das Aufsichtsorgan besteht aus mindestens drei Mitgliedern. Ihre Zahl muss durch drei teilbar sein, wenn dies für die Beteiligung der Arbeitnehmer aufgrund des SE-Beteiligungsgesetzes erforderlich ist. Das Aufsichtsorgan wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden, Art. 42 Satz 1 SE-VO. Im Fall der hälftigen Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder durch Arbeitnehmer muss dieser zu den von der Hauptversammlung gewählten Aufsichtsratsmitgliedern gehören, § 42 Satz 2 SE-VO.
Allerdings kann sich nach Ansicht des LG Nürnberg-Fürth aus § 95 Satz 5 AktG ein anderes ergeben. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll § 17 Abs. 1 SEAG keine Einschränkung der Freiheit zur Ausgestaltung der Mitbestimmung in der SE enthalten. Deshalb kann der Aufsichtsrat einer deutschen SE auch aus zehn Mitgliedern bestehen, von denen vier Aufsichtsräte der Arbeitnehmerseite angehören. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder muss nicht durch drei teilbar sein. § 17 Abs. 2 AktG verlangt für die börsennotierte mitbestimmte SE, dass kein Geschlecht mit weniger als 30 % im Aufsichtsrat vertreten sein darf.
Weitere Vorgaben zur Organisation bestehen nicht. Daher können Aufsichtsratsausschüsse gebildet werden.
Rz. 2189
Die Mitglieder des Aufsichtsorgans werden von der Hauptversammlung gewählt, die des ersten Aufsichtsorgans durch Satzung bestimmt, Art. 40 Abs. 2 SE-VO. Umstritten ist, ob die von der Arbeitnehmerseite entsandten Aufsichtsräte eines besonderen Bestellungsbeschlusses der Hauptversammlung bedürfen oder die Mitbestimmungsvereinbarung eine direkte Wahl in das Gremium vorsehen darf. Sofern die Beteiligungsvereinbarung von einer direkten Bestellung in den Aufsichtsrat ausgeht, sollte das Ergebnis dieser Wahl zur Sicherheit durch die Hauptversammlung bestätigt werden.
Die in Art. 50 SE-VO vorgesehene Auffangregelung für die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates wird beim dualistischen System durch § 108 AktG verdrängt. Insb. ist § 108 Abs. 1 Satz 3 AktG zu beachten, der vorschreibt, dass mindestens drei Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen müssen. Auch i.Ü. dürften die Auffangregelungen wenig Bedeutung gewinnen, da in der Praxis die Beschlussfähigkeit, Beschlussverfahren und -form in der Satzung detailliert geregelt werden. Bei einer internationalen Gesellschaft, bei denen häufig auch in Leitungsorganen Mitglieder aus verschiedenen Nationen sitzen, empfehlen sich detaillierte Regelungen, die insb. ein Umlaufverfahren, eine Videokonferenz etc. ermöglichen.
Die Aufgaben und Pflichten des Aufsichtsorgans sind dieselben wie die einer nach AktG verfassten AG. Hauptpflicht ist die Überwachung der Führung der Geschäfte durch das Leitungsorgan.
Rz. 2190
Die Bestellung der Mitglieder des Verwaltungsrates erfolgt gem. Art. 15 Abs. 1 SE-VO i.V.m. § 30 Abs. 1 AktG durch die Hauptversammlung der übernehmenden Gesellschaft, wobei die Anwendung von § 30 Abs. 3 AktG auf die Amtszeit des ersten Aufsichtsorgans im Falle der Gründung einer SE durch Verschmelzung umstritten ist. Wie aus § 30 Abs. 2 AktG hervorgeht, soll die Vorschrift eine ausreichende Beteiligung der Arbeitnehmer sicherstellen. Da die Vorschriften der SE-VO selbst ein umfassendes Verfahren zur Absicherung der Arbeitnehmerbeteiligung enthalten (dazu unten Rdn 2204 ff.) und die Satzung nicht in Widerspruch zur Beteiligungsvereinbarung stehen darf (Art. 12 Abs. 4 Se-VO), besteht schon kein Bedürfnis für eine Anwendung von § 30 Abs. 3 AktG.