Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 935
Bei Verträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern wird die Gesellschaft durch ihren Vorstand vertreten. Bei einem Dienstvertrag oder Werkvertrag höherer Art i.S.d. § 114 AktG ist zusätzlich die Zustimmung des Aufsichtsrates als Organ erforderlich.
Beispiel
Beraterverträge, u.U. auch mit Sozien des Aufsichtsratsmitglieds.
§ 114 AktG erfasst die genannten Verträge unabhängig davon, ob sie bereits vor oder erst nach Amtsbeginn des Aufsichtsrates vereinbart wurden.
Rz. 936
§ 114 AktG gilt nicht nur bei einem Vertrag mit einem ihrer Aufsichtsratsmitglieder selbst, sondern auch, wenn Vertragspartner der AG eine Gesellschaft ist, an der ein Aufsichtsratsmitglied – nicht notwendig beherrschend – beteiligt ist und wenn dem Aufsichtsratsmitglied auf diesem Wege mittelbar Leistungen der AG zufließen. Damit wird die unabhängige Wahrnehmung der organschaftlichen Überwachungstätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds zu gefährdet. Eine solche Gefahr kann aber verneint werden, wenn es sich bei den mittelbaren Leistungen um – abstrakt betrachtet – ganz geringfügige Leistungen handelt oder wenn sie im Vergleich zu der von der Hauptversammlung durch Satzungsbestimmung festgesetzten Aufsichtsratsvergütung einen vernachlässigenswerten Umfang haben.
§ 114 AktG gilt nicht nur für die AG selbst, sondern für alle Konzerngesellschaften, die vom Vorstand der AG nach § 17 AktG abhängig sind.
Rz. 937
Es muss sich um Dienste außerhalb der eigentlichen Aufsichtsratstätigkeit handeln. Nicht genehmigungsfähig sind Verträge, die in den originären Pflichtenkreis von Aufsichtsratsmitgliedern fallen. Verträge, die die Tätigkeit des Aufsichtsrats erfassen, sind ohne Entscheidung der Hauptversammlung nach § 113 Abs. 1 Satz 2 AktG wegen § 134 BGB nichtig. Die Erstellung eines Leitfadens für die Hauptversammlung gehört zum Pflichtenkreis des etwa zum Versammlungsleiter bestimmten Aufsichtsratsvorsitzenden und kann daher nicht besonders vergütet werden. Auch eine Beratungstätigkeit in Fragen der Unternehmensführung, insb. im Bereich der Berichtspflicht nach § 90 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 AktG ist bereits Teil der (normalen) Aufsichtsratstätigkeit. Eine besondere Vergütung ist unzulässig. Nicht genehmigungsfähig sind auch Beratungsverträge, die den Beratungsgegenstand und das dafür zu entrichtende Entgelt nicht so konkret bezeichnen, dass sich der Aufsichtsrat ein eigenständiges Urteil über Art und Umfang der Leistung und der Angemessenheit der Vergütung bilden kann.
Rz. 938
Verträge, die gegen § 114 AktG verstoßen, sind nichtig und begründen einen Rückgewähranspruch nach § 114 Abs. 2 AktG. Ist ein Vertrag mit einem Aufsichtsrat unwirksam, kommt ein Bereicherungsausgleich nach § 812 BGB in Betracht. Ein Anspruch besteht aber nur für solche Tätigkeiten, die nicht bereits zum organschaftlichen Pflichtenkreis des Aufsichtsrates gehören.
Rz. 939
Der Aufsichtsrat entscheidet durch Beschluss. Für das betroffene Aufsichtsratsmitglied besteht ein Stimmrechtsausschluss. Zulässig ist die nachträgliche Genehmigung durch den Aufsichtsrat (§ 114 Abs. 2 AktG). Zahlungen dürfen aber erst nach Genehmigung der Verträge erfolgen. Vorherige Zahlungen sind pflichtwidrig. Die Wirksamkeit einer etwa gleichzeitig erteilten Prozessvollmacht bleibt von dem Verstoß gegen § 114 Abs. 1 AktG allerdings unberührt.