Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 26
Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Er soll dabei die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben (§ 8 Abs. 2 TzBfG).
1. Fristberechnung
Rz. 27
Die Berechnung der Drei-Monats-Frist ist zunächst deshalb eine Besonderheit, weil die Regelungen nach §§ 187 ff. BGB für Fristen gelten, deren Ablauf in der Zukunft liegt. Bei der Frist des § 8 Abs. 2 TzBfG handelt es sich jedoch um eine rücklaufende Frist, bei dem nicht wie im Normalfall des § 187 BGB der Beginn festgelegt ist, sondern der Endzeitpunkt. In diesem Fall sind die Normen der §§ 187 ff. BGB entsprechend anzuwenden.
Rz. 28
Für den Fristbeginn ist der Zeitpunkt entscheidend, zu dem die Änderung der Arbeitsbedingungen in Kraft treten soll, nämlich der Beginn der Verringerung (§ 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG). Der Beginn der Veränderung liegt, genauso wie bei der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses, nicht etwa auf dem täglichen Beginn der regelmäßigen Arbeitszeit. Vielmehr ist wie bei einem Dienstantritt der Beginn des ersten Tages der veränderten Bedingungen maßgeblich (00:00 Uhr).
Rz. 29
Somit ist jedenfalls § 187 Abs. 1 BGB nicht der richtige Ausgangspunkt, da bereits der Anwendungsbereich nicht eröffnet ist. Rechtsirrig geht Zwanziger davon aus, dass § 187 Abs. 1 BGB anwendbar sei, weil "die Geltendmachung selber ein Ereignis" sei. Bei der rücklaufenden Frist ist jedoch aufgrund der lediglich analogen Anwendung des § 187 BGB nicht die Geltendmachung der Ausgangspunkt, sondern der Beginn der geänderten Bedingungen. Somit ist nicht maßgeblich, ob die Geltendmachung ein Ereignis ist, sondern ob der Beginn ein Ereignis ist. Dies ist, wie gezeigt, nicht der Fall, sodass § 187 Abs. 1 BGB nicht anwendbar ist.
Rz. 30
Fraglich ist allerdings, ob dies dazu führt, dass § 187 Abs. 2 BGB analog heranzuziehen ist, sodass dieser Tag bei der Fristberechnung komplett mitgerechnet wird. Richtig ist, dass generell für zurücklaufende Fristen eine analoge Anwendung des § 187 BGB vertreten wird. Jedoch wird dies auf den Fall bezogen, dass der Fristbeginn an ein Ereignis anknüpft. In der Konsequenz ist dann gem. § 187 Abs. 1 BGB der Tag des Ereignisses nicht mitzuzählen, sodass der Beginn der rücklaufenden Frist bei der analogen Anwendung auf den Tag vor dem Eintritt des Ereignisses zu liegen kommt. Ausdrücklich wird für den Fall der rücklaufenden Frist die analoge Anwendung des § 187 Abs. 2 BGB nicht vertreten. Wir halten eine solche analoge Anwendung aufgrund der Ergebnisse auch für nicht richtig.
Rz. 31
Bei der unmittelbaren Anwendung des § 187 Abs. 2 BGB ist die Mitrechnung des Tages deshalb angezeigt, weil sich durch das Fristende nach § 188 Abs. 2 Hs. 2 BGB im Ergebnis eine Frist ergibt, die den vollen Fristzeitlauf umfasst. Beginnt beispielsweise die Frist nach § 187 Abs. 2 BGB am 1.7. um 00:00 Uhr und endet sie nach § 188 Abs. 2 Hs. 2 BGB am 31.7. um 24:00 Uhr, so hat die Frist genau einen Monat gedauert, da der 1.7. mitgezählt wurde, der 1.8. dagegen nicht mehr. Dies führt zu dem zutreffenden Ergebnis, dass eine Frist von beispielsweise einem Monat auch genau einen Monat umfasst.
Rz. 32
Zu entsprechenden zutreffenden Ergebnissen kommt man jedoch nicht, wenn man § 187 Abs. 2 BGB auf eine rücklaufende Frist analog anwendet. Gem. § 8 Abs. 2 TzBfG ist nämlich das Verlangen spätestens drei Monate vor dem Beginn der Veränderung geltend zu machen. Es muss daher im Ergebnis so sein, dass zwischen dem letzten Zeitpunkt der Vornahme der Handlung (Geltendmachung) und dem Beginn der veränderten Arbeitszeit (00:00 Uhr des ersten Tages der veränderten Bedingungen) volle drei Monate liegen. Wendete man nun § 187 Abs. 2 BGB analog an und rechnete den ersten Tag der Veränderung mit, so ergäbe sich das Folgende:
Rz. 33
Rz. 34
Wie das Beispiel zeigt, lägen im Fall der analogen Anwendung des § 187 Abs. 2 BGB und des zugehörigen § 188 Abs. 2 Hs. 2 BGB zwischen der spätesten Geltendmachung (1.7., 24:00 Uhr) und dem Beginn der verringerten Arbeitszeit (1.10., 00:00 Uhr) nicht genau drei Monate, sondern drei Monate abzüglich vierundzwanzig Stunden. Denn nach dieser Berechnung könnte der Arbeitnehmer noch im Laufe des 1.7., genauer bis 24:00 Uhr dieses Tages, sein Begehren geltend machen, obwohl genau drei Monate später die veränderten Arbeitszeiten bereits in Kraft sein sollen. § 8 Abs. 2 TzBfG verlangt jedoch eine Geltendmachung spätestens drei Monate vor Beginn der veränderten Arbeitszeit. Eine "systematisch konsequente Anwendung des § 187 Abs. 2 BGB" analog führt somit...