Ralf Mangold, Walter Krug
Rz. 458
Die Nachlassauseinandersetzung kann auch in der Weise vorgenommen werden, dass ein Miterbe die Erbteile der anderen Miterben aufkauft. Auf diesem Weg wird das Gesamthandseigentum aller Miterben in das Alleineigentum des Erwerbers überführt. Das Kausalgeschäft – in der Regel ein Kaufvertrag – bedarf nach § 2371 BGB der notariellen Beurkundung, ebenso das Erfüllungsgeschäft, die Erbteilsübertragung nach § 2033 Abs. 1 BGB. Die Erbengemeinschaft ist allerdings nicht wirksam aufgelöst, wenn die Nichtigkeit des Veräußerungsvorgangs auch die dingliche Übertragung der Erbanteile erfasst.
I. Verkauf des Erbteils
Rz. 459
Auch beim Verkauf eines dem Miterben angefallenen Erbteils ist – wie üblich – zwischen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft zu unterscheiden.
1. Verpflichtungsgeschäft
Rz. 460
Das Verpflichtungsgeschäft ist der Erbschafts-(Erbteils-)kauf nach §§ 2371 ff. BGB. Obwohl die Verfügung des Miterben über seinen Gesamthandsanteil an einzelnen Nachlassgegenständen nach § 2033 Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, ist ein etwa hierauf gerichteter Verpflichtungsvertrag nach § 311a BGB wirksam. Für den Erbschaftskauf gelten neben den Sonderbestimmungen der §§ 2371 ff. BGB die allgemeinen Vorschriften des Kaufrechts (§§ 433 ff. BGB) und des gegenseitigen Vertrags (§§ 320 ff. BGB).
2. Erfüllungsgeschäft
Rz. 461
Erbteilsübertragungsvertrag nach § 2033 Abs. 1 BGB.
3. Wirkung
Rz. 462
Durch die Erbschafts- bzw. Erbteilsübertragung wird der Erwerber nicht Erbe. Der Erwerb begründet lediglich den schuldrechtlichen Anspruch, wirtschaftlich so gestellt zu werden, als ob der Käufer und nicht der Verkäufer Erbe wäre. Zum Vorkaufsrecht der Miterben siehe unten Rdn 472 ff.
II. Vertragsgegenstand
1. Die Verschaffungsverpflichtung des Verkäufers – § 433 Abs. 1 BGB
Rz. 463
Die Verschaffungsverpflichtung des Verkäufers beinhaltet die Verpflichtung zum Abschluss eines Erbteilsübertragungsvertrags i.S.v. § 2033 Abs. 1 BGB.
2. Die Gegenverpflichtungen des Käufers – § 433 Abs. 2 BGB
Rz. 464
Der Käufer ist zur Kaufpreiszahlung und Abnahme verpflichtet. Der Käufer erwirbt nicht nur die Aktiva – Vertragsobjekt ist ein ganzes Vermögen bzw. ein Vermögensteil –, er muss dem Verkäufer gegenüber auch die Passiva übernehmen (§ 2378 BGB).
III. Rechte des Käufers wegen Rechts- und Sachmängeln
1. Beschränkung bei der Rechtsmängelhaftung
Rz. 465
Zur Hauptleistungspflicht gehört nach § 433 Abs. 1 S. 2 BGB die Freiheit der verkauften Sache von Rechts-(und Sach-)mängeln. Die Haftung für Rechtsmängel ist beschränkt. Der Verkäufer haftet gem. § 311a BGB für den Bestand des verkauften Erbrechts.
Gem. § 2376 Abs. 1 BGB ist die Haftung für Rechtsmängel beschränkt auf
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das Zustehen des Erbrechts (§ 311a BGB), insbesondere, dass der Erbteil oder das Auseinandersetzungsguthaben nicht bereits an eine andere Person abgetreten oder verpfändet ist, |
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das Nichtbestehen von
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unbeschränkter Haftung gegenüber Nachlassgläubigern, |
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Nacherbeneinsetzung, |
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Testamentsvollstreckungsanordnung, |
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Vermächtnissen und Auflagen, |
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Pflichtteilslasten, |
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Ausgleichungsverpflichtungen ("hohler Erbteil"), |
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Teilungsanordnungen, |
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Ausgleichsforderung nach beendeter Zugewinngemeinschaft. |
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2. Die Sachmängelhaftung
Rz. 466
Der Verkäufer haftet nach § 2376 Abs. 2 BGB nicht für Sachmängel einer zur Erbschaft gehörenden Sache.
IV. Verhältnis zu den Nachlassgläubigern (Außenverhältnis)
Rz. 467
Die Rechtsstellung der Nachlassgläubiger darf, weil sie auf den Verkauf keinerlei Einfluss haben, nicht verschlechtert werden.
1. Wer haftet nach dem Verkauf?
Rz. 468
Es findet gesetzliche gesamtschuldnerische (kumulative) Schuldübernahme durch den Käufer statt (§ 2382 Abs. 1 BGB). Ein vertraglicher Haftungsausschluss zwischen Käufer und Verkäufer ist nicht möglich (§ 2382 Abs. 2 BGB). Die Haftung erlischt jedoch, wenn die Miterben beim Erbteilskauf durch einen Dritten das Vorkaufsrecht ausüben (§§ 2034, 2036 BGB).
2. Was haftet nach dem Verkauf?
Rz. 469
Haftete der Verkäufer bereits unbeschränkt, so haftet auch der Käufer unbeschränkt (§ 2383 Abs. 1 S. 2 BGB). Deshalb geht auch der Mängelhaftungsanspruch in diese Richtung (§ 2376 Abs. 1 BGB). Verkäufer und Käufer können, da sie ja beide nebeneinander haften, Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung ergreifen.
V. Form
Rz. 470
Sowohl der Erbschaftskaufvertrag als auch das Erfüllungsgeschäft (Erbteilsübertragung) bedürfen der notariellen Beurkundung (§§ 2371, 2033 Abs. 1 BGB). Formlose Nebenabreden führen u.U. zur Gesamtnichtigkeit. Der Vollzug des Erfüllungsgeschäfts bewirkt keine Heilung des formnichtigen Kaufvertrags, auch nicht die Übertragung des Erbteils nach § 2033 Abs. 1 BGB. Ist nur ein Grundstück der alleinige oder nahezu alleinige Nachlassgegenstand, so kann bei nichtiger Erbteilsübertragung auch Umdeutung (§ 140 BGB) in einen Grundstückskauf in Betracht kommen mit der Heilungswirkung von § 311b Abs. 1 S. 2 BGB.
VI. Keine Grunderwerbsteuerpflicht
Rz. 471
Befinden sich Grundstücke im Nachlass, so ist nur die Erbteilsübertragung, die zum Zwecke der Nachlassauseinandersetzung unter den Miterben erfolgt, nach § 3 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerfrei. Wird der Erbteil an Dritte verkauft, fällt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG Grunderwerbsteuer an.
VII. Vorkaufsrecht – § 2034 BGB
1. Zweck
Rz. 472
Um das Eindringen Fremder in den engen Verband der Erbengemeinschaft zu verhindern, steht beim Verkauf eines Erbteils den anderen Miterben ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu (§ 2034 BGB).
2. Verkauf als Tatbestandsmerkmal
Rz. 473
Lediglich der Verkauf löst das...