Rz. 24

Die Vorschriften der §§ 49 ff. FamFG über die einstweilige Anordnung gelten gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG auch für Ehesachen und Familienstreitsachen. § 119 Abs. 1 S. 1 FamFG stellt dies für Familienstreitsachen noch einmal klar, indem er die Vorschriften des FamFG über die einstweilige Anordnung ausdrücklich für anwendbar erklärt.

 

Rz. 25

Nach §§ 49 Abs. 1, 51 Abs. 3 FamFG handelt es sich bei einstweiligen Anordnungsverfahren um selbstständige Verfahren, die ihre Verfahrensselbstständigkeit auch bei Anhängigkeit einer Hauptsache nicht verlieren. Die Selbstständigkeit des Verfahrens unter Wegfall der früheren Akzessorietät mit dem Hauptsacheverfahren führt insbesondere dazu, dass ein laufendes Scheidungsverfahren nicht mehr Grundlage für ein vorläufiges Verfahren sein kann.[41] Gleichwohl teilt die einstweilige Anordnung die rechtliche Qualität des zu sichernden Hauptanspruchs, denn nach § 49 Abs. 1 FamFG richtet sich die vorläufige Maßnahme nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften, d.h. nach der materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage. Die Formulierung des § 49 Abs. 1 FamFG entspricht dem Verfügungsanspruch in der ZPO. Insoweit sind die materiellrechtlichen Normen des BGB daraufhin zu prüfen, ob ein schützendes Recht oder Rechtsverhältnis nach materiellem Recht besteht.[42] Begründet die materiellrechtliche Anspruchsgrundlage einen Verfahrensgegenstand der als Familiensache zu klassifizieren ist, so ist das einstweilige Anordnungsverfahren Familiensache.

 

Rz. 26

Eben dies gilt für Arrestverfahren; der Arrest teilt die rechtliche Qualität des zu sichernden Hauptanspruchs,[43] führte dieser zur Klassifizierung des Verfahrens als Familiensache, so handelt es sich bei dem Arrestverfahren um ein solches.[44] § 119 Abs. 2 FamFG ergänzt die in §§ 113 Abs. 1 S. 2, 120 Abs. 1 FamFG enthaltenen Verweisungen auf die ZPO und stellt klar, dass in Familienstreitsachen die Anordnung eines dinglichen oder persönlichen Arrests entsprechend §§ 916934, 943945 ZPO möglich ist.

Auch wenn sich der Antragsteller das Verfahren nicht bei dem Gericht der Hauptsache (§ 50 Abs. 1 FamFG, entsprechend § 919 Alt. 1 ZPO in Verbindung mit § 119 Abs. 2 S. 2 FamFG) anhängig macht, sondern von der Belegenheits- bzw. Aufenthaltszuständigkeit entsprechend § 919 Alt. 2 ZPO oder der e Zuständigkeit nach § 50 Abs. 2 S. 1 FamFG Gebrauch macht, handelt es sich um eine Familiensache.[45]

 

Rz. 27

In Güterrechtssachen war bis zum Inkrafttreten des FamFG umstritten, ob die Sicherung von zukünftigen Ansprüchen auf Zugewinnausgleich im Wege des Arrests statthaft war, da § 1389 BGB a.F. einen eigenständigen Anspruch auf Sicherheitsleistung enthielt. Die Vorschrift ist zum 1.9.2009 aufgehoben worden, um klarzustellen, dass die Arrestvorschriften auch insoweit angewendet werden können. Auch ein zukünftiger Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB kann also durch Arrest gesichert werden, sobald er zur Sicherung zukünftiger Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden kann.[46] Das gilt auch für den Anspruch auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns bei vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft gemäß §§ 1385, 1386 BGB.[47]

 

Rz. 28

Der Schadensersatzanspruch entsprechend § 945 ZPO in Verbindung mit § 119 Abs. 1 S. 2 (in einstweiligen Anordnungsverfahren) und Abs. 2 S. 2 FamFG (in Arrestverfahren), ist jeweils ebenfalls Familiensache, wenn der zugrunde liegende Arrest bzw. die zugrunde liegende einstweilige Verfügung Familiensache war.

[41] MüKo-FamFG/Soyka, vor § § 49 ff. Rn 2 f.
[42] OLG Brandenburg NJW 2010, 3845.
[43] BGH FamRZ 1980, 46; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 453; OLG Frankfurt FamRZ 1988, 184.
[44] OLG Stuttgart FamRZ 2012, 324 im Hinblick auf die Kostenentscheidung und die hiergegen statthaften Rechtsmittel.
[45] Keidel/Weber, § 111 Rn 8; Prütting/Helms/Helms, § 111 Rn 35.
[46] MüKo-BGB/Koch, § 1378 Rn 32, § 1389 Rn 1 f.
[47] Prütting/Helms/Helms, § 119 Rn 7.

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