Rz. 165
In § 202 BGB werden nur noch ganz bestimmte Vereinbarungen über die Verjährung für unzulässig erklärt.
§ 202 BGB lautet:
Zitat
(1) Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.
(2) Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden.
Rz. 166
Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass andere Vereinbarungen (Vertragsfreiheit), auch solche, die eine Verjährung erschweren, bis zu 30 Jahre (formlos) zulässig sind.
Aber Achtung
Der Zusatz "… vorbehaltlich evtl. Dauerschäden …" in einer Abfindungserklärung führt nicht zu einer Fortdauer der Verjährungshemmung nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG (OLG Hamm NZV 1999, 245). Mit einem Abfindungsvergleich endet vielmehr die Hemmung der Verjährung auch hinsichtlich der vorbehaltenen Ansprüche; die dreijährige Verjährungsfrist beginnt insoweit neu zu laufen (OLG Koblenz r+s 2012, 148). Zur Absicherung ist in einem solchen Fall (hinsichtlich der vorbehaltenen Schäden) zusätzlich eine titelersetzende Feststellungserklärung oder ein ausdrücklicher Verjährungsverzicht erforderlich!
Rz. 167
Ein erklärter Verjährungsverzicht war früher wegen § 225 BGB a.F. unwirksam. Der Verzicht führte über § 242 BGB nur dazu, dass derjenige, der den Verzicht abgegeben hat, sich zu diesem Verzicht nicht in Widerspruch setzen durfte (BGH r+s 1998, 23; 1999, 382). Hat aber der Schuldner (der Haftpflichtversicherer des Schädigers) erklärt, dass er sich an den Verzicht nicht mehr gebunden fühle, musste der Gläubiger nach geltender Rechtsprechung nach nur kurzer Überlegungsfrist (ca. zwei Wochen) Klage erheben, weil sonst der Anspruch verjährte (BGH NJW 1991, 974, 975; OLG Köln VersR 1991, 197; OLG Düsseldorf NJW 2001, 2265: vier Wochen).
Rz. 168
Nach wie vor möglich ist die aus diesem Grunde von der Rechtspraxis entwickelte sog. feststellungsurteilersetzende Erklärung. Diese Vereinbarung sollte einen konkreten Stichtag enthalten, welcher der Rechtskraft eines Urteils gleichstehen soll, um die exakte Berechnung der nunmehr geltenden 30-jährigen Verjährungsfrist zu ermöglichen.
Rz. 169
Eine solche Vereinbarung könnte etwa wie folgt lauten:
Zitat
"Mit der Wirkung eines am … rechtskräftigen Feststellungsurteils wird im Rahmen der vereinbarten Deckungssumme die Ersatzpflicht aller materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom … anerkannt, soweit nicht ein Forderungsübergang auf Drittleistungsträger stattgefunden hat oder erfolgen wird (vgl. BGH NJW 1985, 731; Heß, MittBl 2000, 121)."
Rz. 170
Diese Schwierigkeiten bei der Formulierung einer solchen Vereinbarung gibt es allerdings nicht, wenn der Schädiger bzw. sein Versicherer sogar bereit ist, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. In der Vereinbarung eines Vorbehalts weiterer Ansprüche bei Eintritt einer Bedingung (z.B. Anstieg der MdE) liegt i.d.R. ein Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum Bedingungseintritt. Also sollte ggf. zusätzlich noch ein solcher Einredeverzicht mit in die Erklärung aufgenommen werden.
Rz. 171
Eine solche Erklärung hat ihre Berechtigung, da hierdurch nicht nur eine Absicherung gegen Verjährung erfolgt, sondern sie auch eine vertraglich bindende Regelung über den Haftungsgrund darstellt. Insoweit besteht ein Feststellungsinteresse.
Rz. 172
Die Parteien haben die Möglichkeit, umfassende Vereinbarungen zur Verjährung (Verlängerung der Verjährungsfrist, Verzicht auf die Einrede der Verjährung, pactum de non petendo, vertragliche Urteilsersetzungen) zu treffen. Für Verzichte, die in der Zeit bis zum 31.12.2002 ausgesprochen worden sind, verbleibt es bei der dargestellten bisherigen Rechtslage.
Rz. 173
Die Regulierungsvollmacht des Haftpflichtversicherers aus § 10 Abs. 5 AKB bzw. A.1.1.4 AKB 2008 ermächtigt diesen grundsätzlich – auch mit Wirkung für den Schädiger –, Vereinbarungen über die Verjährung zu treffen.