Rz. 227
Endigt der Auftrag, bevor der Rechtsanwalt
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die Klage oder einen das Verfahren einleitenden Antrag |
oder
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einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrags enthält, eingereicht hat |
oder
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für seine Partei einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat, |
reduziert sich die Verfahrensgebühr auf 0,8 (Nr. 3101 Nr. 1 VV).
Rz. 228
Auch die 0,8-Gebühr kann sich wiederum bei mehreren Auftraggebern nach Nr. 1008 VV um jeweils 0,3 erhöhen.
Rz. 229
Im Falle einer teilweise vorzeitigen Beendigung, tritt die Ermäßigung nur hinsichtlich eines Teilwertes ein. Zu beachten ist dann § 15 Abs. 3 RVG.
Beispiel 143: Reduzierte Verfahrensgebühr, Kläger (I)
Der Anwalt erhält den Auftrag, eine Klage über 10.000,00 EUR einzureichen. Er entwirft die Klageschrift. Diese wird jedoch nicht mehr eingereicht, da sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt.
Jetzt erhält der Anwalt die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV nur in ermäßigter Höhe von 0,8.
1. |
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3101 Nr. 1 VV |
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491,20 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
511,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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97,13 EUR |
Gesamt |
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608,33 EUR |
Rz. 230
Ausreichend ist bereits der unbedingte Auftrag für ein Klageverfahren und die Entgegennahme der Information (Vorbem. 3 Abs. 2 VV). Es ist nicht erforderlich, dass der Anwalt bereits einen Klageentwurf verfasst hat.
Beispiel 144: Reduzierte Verfahrensgebühr, Kläger (II)
Der Anwalt erhält den Auftrag, eine Klage über 10.000,00 EUR einzureichen. Zum Entwurf der Klageschrift kommt er nicht mehr, da das Mandat zuvor gekündigt wird.
Auch jetzt erhält der Anwalt die Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV, allerdings wiederum in ermäßigter Höhe von 0,8.
Abzurechnen ist wie im vorherigen Beispiel 143.
Rz. 231
Ebenfalls lediglich eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV entsteht, wenn der Anwalt des Beklagten sich zunächst nur bestellt, ohne einen Antrag zu stellen. Das gilt auch dann, wenn er die Verteidigungsbereitschaft anzeigt und/oder einen Terminsverlegungsantrag stellt.
Beispiel 145: Reduzierte Verfahrensgebühr, bloße Bestellung und Anzeige der Verteidigungsbereitschaft
Der Anwalt bestellt sich für den Beklagten und zeigt dessen Verteidigungsbereitschaft an. Hiernach wird die Klage zurückgenommen.
Der Anwalt des Beklagten erhält jetzt ebenfalls nur eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV, da er bislang weder einen Schriftsatz mit Anträgen oder Sachvortrag eingereicht hatte. Die bloße Bestellung und Anzeige der Verteidigungsbereitschaft reicht noch nicht für die volle 1,3-Verfahrensgebühr.
Abzurechnen ist wie im Beispiel 143.
Rz. 232
Für das Entstehen der vollen Verfahrensgebühr ist es dagegen ausreichend, wenn gegen einen Vollstreckungsbescheid oder ein Versäumnisurteil Einspruch eingelegt wird.
Beispiel 146: Einspruch gegen Vollstreckungsbescheid oder Versäumnisurteil
Gegen den Mandanten ist
a) ein Vollstreckungsbescheid
b) ein Versäumnisurteil
in Höhe von 10.000,00 EUR ergangen. Der Anwalt legt auftragsgemäß Einspruch ein. Da der Mandant den geforderten Vorschuss nicht bezahlt, legt er das Mandat wieder nieder.
In beiden Fällen ist die volle 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV entstanden. Dass der Anwalt keinen Sachantrag gestellt und auch keinen Sachvortrag unterbreitet hat, ist unerheblich.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100 VV |
798,20 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
818,20 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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155,46 EUR |
Gesamt |
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973,66 EUR |
Rz. 233
Wird der Anwalt von mehreren Auftraggebern wegen desselben Gegenstands beauftragt, erhöht sich auch die ermäßigte Verfahrensgebühr um 0,3 je weiteren Aufraggeber. Sie beträgt z.B. bei zwei Auftraggebern 1,1 (siehe dazu auch die Tabelle unter Rdn 10).
Beispiel 147: Reduzierte Verfahrensgebühr, mehrere Auftraggeber
Der Anwalt wird von zwei Gesamtschuldnern beauftragt, eine Klage in Höhe von 10.000,00 EUR abzuwehren. Er zeigt die Verteidigungsbereitschaft an, ohne bereits einen Sachantrag zu stellen. Hiernach wird die Klage ohne Termin zurückgenommen.
Die bloße Bestellung beinhaltet noch keinen Sachantrag und löst daher nur eine reduzierte 0,8-Verfahrensgebühr aus. Auch diese Gebühr erhöht sich bei mehreren Auftraggebern nach Nr. 1008 VV um jeweils 0,3, sofern der Gegenstand derselbe ist. Sie beträgt bei zwei Auftraggebern folglich 1,1
1. |
1,1-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1, 1008 VV |
675,40 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
695,40 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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132,13 EUR |
Gesamt |
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827,53 EUR |
Rz. 234
Möglich ist auch, dass der Auftrag nur teilweise endigt. Dann tritt die Ermäßigung nur hinsichtlich des Teilwertes ein. Zu beachten ist allerdings § 15 Abs. 3 RVG. Insgesamt darf der Anwalt nicht mehr berechnen als eine volle Verfahrensgebühr.
Beispiel 148: Volle und reduzierte Verfahrens...