Rz. 35
Nach § 38 Abs. 1 S. 1 EStG ist grundsätzlich – eine Ausnahme besteht hinsichtlich der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung – nur ein inländischer Arbeitgeber zur Erhebung der Lohnsteuer verpflichtet. Arbeitgeber in diesem Sinne ist derjenige, zu dem eine Person in einem Arbeitnehmerverhältnis gem. § 1 LStDV steht. Inländischer Arbeitgeber ist der Arbeitgeber, der im Inland seinen Wohnsitz (§ 8 AO), seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO), seine Geschäftsleitung (§ 10 AO), seinen Sitz (§ 11 AO), eine Betriebsstätte (§ 12 AO) oder einen ständigen Vertreter (§ 13 AO) hat. Die Pflicht zur Einbehaltung von Lohnsteuer kann jedoch in Fällen mit Auslandsberührung zweifelhaft sein. Unterliegt der Telearbeiter nicht der deutschen Besteuerung, so ist der Arbeitgeber auch nicht zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet. Arbeitet ein Telearbeiter vom Ausland aus für den inländischen Arbeitgeber, so hängt die Besteuerung dieser Tätigkeit insbesondere von den zwischenstaatlichen Regelungen (Doppelbesteuerungsabkommen, DBA) ab.
1. Unbeschränkt steuerpflichtiger Telearbeiter
Rz. 36
Soweit ein Telearbeiter seinen Wohnsitz (§ 8 AO) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland hat und im Ausland arbeitet, unterliegen seine Einkünfte gleichwohl nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG der deutschen Besteuerung. Der inländische Arbeitgeber wäre danach zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtet.
Rz. 37
Besteht wegen der Tätigkeit des Telearbeiters im Ausland auch in diesem Land ein Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung, so richtet sich die Aufteilung der Besteuerung zwischen Wohnsitz- und Tätigkeitsstaat regelmäßig nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), falls ein solches zwischen beiden Staaten abgeschlossen wurde. Da die meisten DBA in Inhalt und Aufbau dem Musterabkommen der OECD (OECD-MA) folgen, werden nachfolgend exemplarisch nur die Regelungen des OECD-MA angesprochen.
Rz. 38
Die Aufteilung des Besteuerungsrechts bei nichtselbstständiger Arbeit ist in Art. 15 OECD-MA geregelt. Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA liegt bei der Erbringung nichtselbstständiger Arbeit das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat, es sei denn, die Tätigkeit wird in dem anderen Staat ausgeübt; in diesem Fall liegt das Besteuerungsrecht beim Tätigkeitsstaat. Als Ausnahme zu diesem Grundsatz fällt das Besteuerungsrecht gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA wiederum dem Wohnsitzstaat zu, wenn der Telearbeiter nur vorübergehend im Ausland tätig wird und nicht von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgeber entlohnt wird. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA stellt hierfür drei Voraussetzungen auf:
Rz. 39
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Der Arbeitnehmer hält sich insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, im Tätigkeitsstaat auf, |
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die Vergütung wird von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt, der nicht im Tätigkeitsstaat ansässig ist, |
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die Vergütung wird nicht von einer Betriebsstätte getragen, die der Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat hat. |
Liegen diese Voraussetzungen vor, so liegt das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat.
Rz. 40
Beispiel
Der Telearbeiter hat seinen Wohnsitz in Deutschland und hält sich für 180 Tage im Jahr in einem ausländischen Staat auf, um von dort seiner Tätigkeit nachzugehen. Seine Vergütung erhält er unmittelbar von seinem deutschen Arbeitgeber, der die Vergütung nicht von einer im Tätigkeitsstaat errichteten Betriebsstätte zahlen lässt. Besteht mit dem ausländischen Tätigkeitsstaat ein DBA mit einer dem Art. 15 OECD-MA entsprechenden Regelung, so unterliegt die Tätigkeit der deutschen Einkommensteuer. Der Arbeitgeber ist zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtet.
Rz. 41
Besteht zwischen Wohnsitz- und Tätigkeitsstaat kein DBA, ist der Arbeitgeber zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Einer möglichen Doppelbesteuerung kann der Telearbeiter durch die Ermäßigungsvorschrift des § 34c EStG begegnen.
2. Beschränkt steuerpflichtiger Telearbeiter
Rz. 42
Hat ein Telearbeiter weder seinen Wohnsitz (§ 8 AO) noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland, so ist er nach § 1 Abs. 4 EStG im Inland beschränkt steuerpflichtig, wenn er inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG hat. Besteht mit dem ausländischen Staat, in dem der Telearbeiter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, ein DBA, so liegt nach Art. 15 OECD-MA das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat, wenn sich der Telearbeiter nur vorübergehend im Inland aufhält bzw. die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 OECD-MA erfüllt sind; die Frage nach der beschränkten Steuerpflicht stellt sich nicht.
Rz. 43
Sind die Voraussetzungen des Art. 15 OECD-MA nicht erfüllt oder besteht kein DBA, so ist zu fragen, ob der Telearbeiter inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG hat. Dazu zählen gem. § 49 Abs. 1 Nr. 1 EStG Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist.
Rz. 44
Die Arbeit ...