A. Einführung
Rz. 1
Die Beschäftigung mit dem "Rechtsinstitut" der Betriebsaufspaltung ist für den wirtschaftsrechtlich und steuerlich beratenden Anwalt unerlässlich. Bei vielen Sachverhaltsgestaltungen kommt die Berührung mit diesem Rechtsinstitut in Betracht. Dies kann in Fällen der "echten Betriebsaufspaltung" geschehen, wenn es ausdrücklich darum geht, eine Betriebsaufspaltung aus einem bestehenden einheitlichen Unternehmen heraus zu gestalten. Noch wichtiger ist allerdings, ein Problembewusstsein für die Fälle der sog. "unechten Betriebsaufspaltung" zu entwickeln, die oft aus Unkenntnis gebildet wird und entweder zur Haftungsfalle für den Berater oder zumindest zur Beeinträchtigung des Mandatsverhältnisses führen kann, wenn aufgrund der Gestaltung die z.T. erheblichen negativen steuerlichen Folgen der Betriebsaufspaltung eintreten. Wachsamkeit ist bei jeder Gestaltung von Pacht- oder Mietverträgen für Wirtschaftsgüter geboten, die vom Gesellschafter einer operativ tätigen Kapitalgesellschaft mit dieser Gesellschaft (z.B. aus Haftungsgründen) geschlossen werden, sowie bei Nachfolgegestaltungen und Gestaltungen der vorweggenommenen Erbfolge.
Dieser Beitrag will den vielschichtigen Gestaltungen gerecht werden, in denen Betriebsaufspaltungen auftreten. Denkbar sind diese bei landwirtschaftlicher, freiberuflicher und gewerblicher Betätigung, aber auch im öffentlich-rechtlichen Bereich zwischen Betrieben gewerblicher Art und juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Das Schwergewicht der Darstellung liegt bei den steuerlichen Folgen.
B. Voraussetzungen und Erscheinungsformen der Betriebsaufspaltung
I. Tatbestandliche Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung im Überblick
1. Typologie der Betriebsaufspaltung
Rz. 2
Bei Betriebsaufspaltungen werden Teile des Betriebsvermögens und der Funktionen eines eigentlich einheitlichen Unternehmens auf zwei oder mehrere Unternehmen aufgeteilt. Es bestehen zwei Rechtsträger: eine die wesentlichen Betriebsgrundlagen oder den gesamten Betrieb besitzende und diese zur Nutzung überlassende Besitzgesellschaft und die nutzende operative Betriebsgesellschaft. Wirtschaftlicher Effekt dieser Funktionsaufteilung ist eine Verlagerung von Einkünften aus der operativ tätigen Betriebsgesellschaft in das verpachtende Besitzunternehmen.
Rz. 3
Die steuerrechtliche Definition der Betriebsaufspaltung beruht auf der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 8.11.1971. Entscheidend ist nach dem Großen Senat für das Entstehen der Betriebsaufspaltung, ob die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen "einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen" haben. Ist dieser vorhanden, sind Besitz- und Betriebsunternehmen gleichwohl steuerlich getrennte selbstständige Unternehmen und nicht ein für steuerliche Zwecke fingiertes einheitliches Unternehmen.
Rz. 4
Wesensmerkmal der Betriebsaufspaltung ist damit der einheitliche geschäftliche Betätigungswille der hinter den Unternehmen stehenden Gesellschafter. Dieser kommt zum Ausdruck, indem kumulativ eine sog. personelle Verflechtung zwischen den Trägern der Besitzgesellschaft und denjenigen der Betriebsgesellschaft besteht und die (entgeltliche oder unentgeltliche) Überlassung von Wirtschaftsgütern durch die Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft erfolgt, welche wesentliche Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft bilden (sachliche Verflechtung).
Rz. 5
Checkliste: Wesensmerkmale der Betriebsaufspaltung
Betriebsaufspaltungen sind gekennzeichnet durch
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die Existenz sowohl eines Besitz- und als auch eines Betriebsunternehmens, |
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die zivilrechtlich und steuerlich selbstständige Rechtsträger sind, |
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die durch einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen verbunden sind, |
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der durch die personelle Verflechtung der oder des Trägers/Gesellschafter(s) beider Unternehmen in beiden Unternehmen durchgesetzt werden kann und |
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durch die gleichzeitige entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung mindestens einer wesentlichen Betriebsgrundlage zwischen beiden Unternehmen (sachliche Verflechtung) zur Nutzung zum Ausdruck kommt. |
2. Rechtsgrundlagen und Geltungsgrund
a) Zivilrecht/Öffentliches Recht
Rz. 6
Zivilrechtlich sind der Träger des Besitz- und der Träger des Betriebsunternehmens sowie deren Gesellschafter selbstständige Rechtssubjekte, die durch die Nutzungsüberlassung des Betriebs oder der wesentlichen Betriebsgrundlagen in schuldrechtliche Rechtsbeziehungen zueinander treten. Bei diesen Rechtsbeziehungen kommen die Regelungen des im Einzelfall abgeschlossenen Vertrages oder gesetzlichen Vorschriften des Zivilrechts zur Anwendung. Darüber hinaus finden bei Betriebsaufspaltungen auf der Ebene des jeweils Besitz- und Betriebsunternehmens jeweils die allgemeinen Vorschriften des Handelsrechts, des Konzernrechts und des Insolvenzrechts Anwendung. Dasselbe gilt für das Arbeitsrecht, dem Bedeutung bei der Überleitung eines einheitlichen Betriebs auf ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen und bei der Frage des Vorliegens eines Gemeinschaftsbetriebs i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG zukommt. Kurzum: Es existiert weder eine zivilrechtliche Rechtsgrundlage der Betriebsaufspaltung noch ein "zivilrechtliches Sonderrecht" noch gibt es eine auf Betriebsaufspaltungen zugeschnittene s...